ImmunsystemWadenwickel, Wassertreten und Co.: So wirkt Hydrotherapie bei Kindern

Physikalische Anwendungen eignen sich auch für Kinder. Lesen Sie, welche Maßnahmen der Hydrotherapie wann zum Einsatz kommen und wie sie richtig durchgeführt werden.

Zwei Kinder beim Wassertreten
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Die meisten Kinder lieben Wasser, z.B. beim Wassertreten.

von Peter W. Gündling

Inhalt

Vorbemerkung zu Hydrotherapie bei Kindern

Grundregeln der Hydrotherapie

Allgemeine Wirkungen

Prävention: gesunde Kinder gesund erhalten

Wassertreten

Güsse

Bäder

Inhalationen

Auflagen und Wickel

Waschungen

Finnische Sauna

Kinder bieten das beste Beispiel dafür, über welche Selbstheilungskräfte der menschliche Organismus verfügt. Zur Behandlung unkomplizierter Infekte genügen oft Ausruhen, eine vitaminreiche Kost und vermehrte Flüssigkeitszufuhr sowie Wasseranwendungen an den gereizten Schleimhäuten, z. B. Inhalationen, Hals- oder Brustwickel. Sebastian Kneipp hat selbst ein Buch speziell zur Kinderheilkunde geschrieben. Hierin geht es schwerpunktmäßig auch um die Anwendungsmöglichkeiten der Hydrotherapie.

Vorbemerkung zu Hydrotherapie bei Kindern

Kindern machen Wasseranwendungen Spaß – sofern man sie vorsichtig und geduldig an sie heranführt. Anfangs mit temperiertem Wasser (nicht zu kalt, ggf. lauwarm, ca. 22–32° C) und kleinen Körpebereichen. Die Anwendungen sind leicht erlernbar und können nach entsprechender Anleitung von jedem selbst ausgeführt werden.

Hydro-Thermo-Therapie ist eine Reiztherapie, die nahezu ebenso fein dosiert werden kann wie ein Medikament. Dabei hängt die jeweilige Reizstärke einer Anwendung von der Höhe der Haut- und Wassertemperatur, der Größe des zu behandelnden Körperareals, der Dauer der Anwendung, der gewählten Tageszeit und auch der Konstitution des Patienten ab.

Hier gelten folgende Regeln:

  • Der zu verarbeitende Reiz ist für den Organismus umso stärker je weiter die Wasser- und Körpertemperatur voneinander entfernt sind, je größer die behandelte Körperoberfläche ist und je länger die Anwendung dauert.
  • Die Reizstärke ist abhängig von der gewählten Tageszeit. Aufgrund der zirkadian verlaufenden Körpertemperatur wirken morgens Kaltreize, abends Warmreize stärker.
  • Schlanke schmalwüchsige Kinder sind in der Regel wärmebedürftiger und sollten daher eher Teilbäder und kürzere, kleinere und temperierte bzw. warme Anwendungen erhalten.
  • Vollblütige, eher untersetzte Kinder vertragen dagegen meist auch kräftigere und größere Kaltanwendungen und verlangen sogar häufig danach.

Grundregeln der Hydrotherapie

Obgleich die Durchführung hydrotherapeutischer Maßnahmen recht einfach ist, müssen doch einige Grundsätze beachtet werden. Bei deren Verletzung wirkt die Therapie nicht nur nicht, sondern kann sogar schaden.

Warm halten

Ganz wichtig ist es, vor jeder Kaltanwendung dafür zu sorgen, dass das Kind und besonders der zu behandelnde Körperteil warm sind. Im Zweifelsfall sollte mittels Bewegung, einer Decke oder eben mit warmem Wasser vorgewärmt werden. Und auch nach der Anwendung müssen die Kinder durch entsprechende Maßnahmen – aktiv durch Bewegung oder passiv durch warme Getränke, Kleidung oder Bettwärme – wieder aufgewärmt werden. Anschließendes Wohlbefinden ist der wichtigste Parameter einer korrekt gewählten und durchgeführten hydrotherapeutischen Maßnahme.

Reaktionsfähigkeit nicht überfordern

Auch sollten verschiedene Anwendungen in der Regel nicht direkt aufeinanderfolgen, da sie die Reaktionsfähigkeit des Körpers ggf. überfordern. Unmittelbar vor oder nach den Mahlzeiten sollten – mit Ausnahme von verdauungsfördernden Maßnahmen wie einer feuchtwarmen Abdominalpackung – keine Wasseranwendungen durchgeführt werden. Der Zeitabstand sollte mindestens 30–60 Minuten betragen. Es gilt das von Kneipp formulierte Prinzip: Der mildeste Reiz, der eben noch wirkt, ist der beste.

Allgemeine Wirkungen

Kaltes wie auch warmes Wasser aktiviert das vegetative Nervensystem und stimuliert immunologische und hormonell-humorale Reaktionen, insbesondere des Hypophysen-Nebennierenrinden-Systems. Es kommt zur Freisetzung von Mediatoren, Aktivierung von Lysozymen und anderen Enzymen, Anregung der lokalen und allgemeinen Abwehrmechanismen sowie zu einer Erhöhung der Dehnbarkeit des Bindegewebes und einer Verminderung des Muskeltonus.

Prävention: gesunde Kinder gesund erhalten

Eines der wichtigsten Anliegen Sebastian Kneipps war es, den zunehmenden Zivilisationskrankheiten durch „abhärtende“ Maßnahmen bzw. einer Steigerung der Abwehrkräfte entgegenzuwirken. Dazu gehörte und gehört noch immer ausreichend Bewegung an frischer Luft und der Einsatz von Wasser. Kalte Füße als Infektursache sind hinlänglich bekannt. Die Neigung dazu, ebenso wie die Neigung zu Infekten überhaupt, hat mit einer Fehlregulation des vegetativen Nervensystems zu tun. Das lässt sich durch ein solches Immuntraining positiv beeinflussen.

Wassertreten

Die wohl bekannteste Kneipp‘sche Anwendung ist das Wassertreten. Es fördert den venösen Rückstrom, wirkt reaktiv hyperämisierend und erwärmend. Bei regelmäßiger Anwendung beugt es zudem Infekten vor, regt den Stoffwechsel an und wirkt beruhigend und schlaffördernd am Abend. Für Kinder kontraindiziert ist es lediglich bei Blasen- und Nierenkrankheiten sowie Kältegefühl und kalten Füßen.

Wichtig ist, dass die Höhe des Wasserspiegels zur Größe der Kinder passt. Idealerweise sollte dieser bis zur Mitte der Wade, maximal bis knapp unters Knie gehen. Die Wasserhöhe ist deshalb wichtig, da bei jedem Schritt ein Bein ganz aus dem Wasser gehoben werden soll. Erst dadurch kommt es zu dem gewünschten Reizeffekt. Je nach Wassertemperatur reichen bereits 1–2 Minuten. Danach das Wasser abstreifen, ggf. Zehenzwischenräume abtrocknen und sofort Strümpfe und Schuhe anziehen. Wiedererwärmung durch Laufen oder Liegen im Bett.

Güsse

Diese früher von Kneipp mit einer Gießkanne durchgeführten Wasseranwendungen sind das Herzstück der Hydrotherapie. Sie gehen schnell und einfach und haben enorm positive – präventive wie therapeutische – Wirkungen. Sie können mit einem Schlauch oder einer weichgestellten Duschbrause durchgeführt werden.

Was gibt es bei Kneipp’schen Güssen zu beachten?

Die Stärke des Wasserstrahls wird so eingestellt, dass bei schräg nach oben gehaltener Schlauchöffnung das Wasser etwa eine Handbreit heraussprudelt. Bei Kindern werden vorwiegend sog. Flachgüsse ohne Druck angewendet, sodass das Wasser den jeweiligen Körperteil „ummantelt“. Dabei unterscheidet man kalte (bis 15° C), temperierte (18–22° C), ansteigende (von ca. 32° C bis ca. 42° C) und Wechselgüsse, die zuerst warm (36–38° C), dann kalt und dann nochmals warm und abschließend kalt ausgeführt werden.

Begonnen werden Wassergüsse immer herzfern, d. h. rechts, unten, außen. Bei der Verabreichung kalter Güsse sollte man das Kind anweisen, vorher tief ein- und mit Beginn des Gusses auszuatmen. Damit wird ein schreckhaftes Einatmen vermieden. Während des Gusses ist dann auf ruhige Atmung und eine entspannte Körperhaltung zu achten.

Kalter Armguss

Der kalte Armguss ist vor allem am Morgen eine wunderbare Möglichkeit, Herz und Kreislauf zu aktivieren und damit schneller wach zu werden. Gleichzeitig stimuliert und trainiert er auch das Immunsystem und führt so zu einer geringeren Infektanfälligkeit. Zur Durchführung genügt fließendes, möglichst kaltes Wasser aus einem Wasserhahn, unter das man zunächst den rechten, dann den linken Arm führt.

Wie oben angegeben, sollte man stets herzfern (also am rechten Handrücken) beginnen und dann den Arm an der Außenseite möglichst bis zur Schulter unter dem Wasserstrahl hindurchführen, auf die Innenseite drehen und dann wieder langsam zurück bis zur Hand. Dann das Gleiche mit dem linken Arm und ggf. anschließend beide Seiten noch einmal wiederholen. Danach das Wasser abstreifen und trocknen lassen.

Kalter Gesichtsguss

Gut kombinierbar mit dem Armguss ist der kalte Gesichtsguss. Er wirkt belebend und macht Kopf, Nase und Augen frei. Gerade bei Kindern, die an (Schul-)Kopfschmerzen, Erschöpfung oder verringerter Sehkraft leiden, ist er besonders indiziert. Er wird durchgeführt, indem man den Wasserstrahl am nach vorne gebeugten Kopf zunächst von der rechten Schläfe über die Stirn zur linken Schläfe und zurückführt.

Anschließend wird erst die rechte, dann die linke Gesichtshälfte in Auf- und Abwärtsbewegungen und zum Schluss das Gesicht kreisförmig umrundend begossen. Das funktioniert am besten mit einem (Dusch-)Schlauch über der Badewanne. Ist das Kind schon etwas größer und will es sich einfach machen, kann es auch zunächst die Stirn, dann die Augen und schließlich das ganze Gesicht unter die laufende Wasserleitung halten. Danach soll das Wasser vom Gesicht nur leicht abgetupft werden.

Nasenguss bei Schnupfen

Neben dieser vorwiegend prophylaktischen Anwendung kann der kalte Guss ggf. auch nur als Nasenguss bei Schnupfen mit oder ohne Nebenhöhlenbeteiligung durchgeführt werden. Hierzu lässt man dem Kind einfach kaltes Leitungswasser über die Nase laufen. Dies führt sofort zur Abschwellung und besseren Durchblutung der Schleimhäute.

Kalter Schenkelguss

Praktisch in gleicher Weise wie der Armguss wird auch der Schenkelguss ausgeführt. Je nach Wärmebedarf kann er kalt oder als Wechselguss ausgeführt werden. Er regt die Durchblutung an, erweitert die Arterien, tonisiert die Venen, verbessert das Immunsystem und wirkt vegetativ ausgleichend.

Durchgeführt wird der kalte Schenkelguss mit kaltem Wasser bis 15° C und dauert nur etwa 2 Minuten. Dabei beginnt man am rechten lateralen Zehenrand und führt den Wasserstrahl über den Fußrücken außen am Bein nach oben bis zur Hüfte bzw. zum Gesäß, verweilt hier einen Moment und führt den Wasserstrahl dann entlang der Leiste, des medialen Ober- und Unterschenkels wieder abwärts bis zum Fuß. Anschließend folgt das linke Bein in gleicher Weise. Ganz zum Schluss folgen die Fußsohlen, erst rechts, dann links.

Bäder

Während Güsse bei Kindern vor allem prophylaktisch angezeigt sind, sind Bäder auch ein wertvolles Therapeutikum bei Erkrankungen. Warme Bäder haben eine vagotonisierende Wirkung. Sie wirken entspannend, dilatieren die Hautgefäße, steigern die Schweißsekretion und führen über eine Sogwirkung zur Entschlackung der Körperzellen und des Zwischenzellraums. Zudem aktivieren sie den Stoffwechsel und die Darmperistaltik.

Kalte Bäder aktivieren den Sympathikus. Sie wirken blutverdünnend, pH-Wert-senkend, blutzuckersteigernd und hemmen die Darmperistaltik. Damit wirken sie unmittelbar erfrischend und konzentrationssteigernd, reaktiv, aber auch beruhigend und immunsteigernd.

Die physikalischen Wirkungen der Bäder können durch den Zusatz von Pflanzenextrakten verstärkt werden. Da die Haut insbesondere lipophile Substanzen wie ätherische Öle aus Thymian, Rosmarin, Lavendel oder Fichtennadeln resorbieren kann, können durch Badezusätze im Blut ähnlich hohe Wirkspiegel erreicht werden wie bei oraler Aufnahme. Andererseits können hautreizende Zusätze wie Ingwer oder Senfmehl die Wirkung warmer Bäder verstärken.

Kaltes Armbad

Das kalte Armbad ist der „morgendliche Kaffee der Naturheilkunde“. Es aktiviert es nicht nur Herz und Kreislauf und erleichtert damit das Wachwerden, es stimuliert und trainiert auch das Immunsystem.

Es ist einfach durchzuführen, da schon eine Wanne oder ein tieferes Waschbecken mit möglichst kaltem Wasser reicht. Hier werden beide Arme etwa 30 Sekunden lang möglichst weit hineingetaucht, abgestreift und für Wiedererwärmung gesorgt.

Kontraindikationen für das kalte Armbad sind bei Kindern allenfalls Gefäßkrämpfe wie beim Morbus Raynaud.

Wechselarmbad

Kinder mit ewig kalten Händen nutzen besser das Wechselarmbad. Dafür werden 2 Gefäße (eines mit etwa 38° C warmem und eines mit kaltem Wasser) und etwa 10 Minuten Zeit benötigt. Begonnen wird mit dem Warmbad, in das beide Arme etwa 5 Minuten lang möglichst weit hineingelegt werden. Anschließend folgt etwa 15 Sekunden lang das Kaltbad. Danach wiederholt man beide Teile, 5 Minuten lang warm und 15 Sekunden lang kalt und streift das Wasser ab.

Gegenanzeigen für warme Armbäder sind Hyperthyreose, Lymphödeme und Entzündungen im Armbereich.

Wechselfußbad, temperaturansteigendes Fußbad

Ähnlich wie das Wechselarmbad funktioniert auch das Wechselfußbad, das auch im täglichen Wechsel mit einem Armbad durchgeführt werden kann. Allerdings werden bei den Fußbädern tiefere Wannen benötigt, da das Wasser bis knapp unter das Knie reichen sollte. Durchführung wie beim Armbad: 2 Gefäße, 5 Minuten warm, 15 Sekunden kalt, einmal wiederholen, Wasser abstreifen und für Wiedererwärmung sorgen.

Während das Wechselfußbad eher prophylaktisch eingesetzt wird, ist das temperaturansteigende Fußbad vor allem therapeutisch, z.B. bei einer akuten Atemwegsinfektion, indiziert. Benötigt werden dafür nur ein Gefäß, jedoch etwas mehr Zeit und eine Wasserablaufmöglichkeit.

Zuhause stellt man hierzu die Fußbadewanne oder den Eimer in die Bade- oder Duschwanne, setzt das Kind (warm eingepackt, nur die Füße und Unterschenkel frei) auf den Wannenrand oder einen Hocker und beginnt mit einer indifferenten Temperatur von ca. 32° C. Nun lässt man über den Duschschlauch ganz langsam heißes Wasser zulaufen, sodass sich die Temperatur innerhalb von 15–20 Minuten auf etwa 42° C erhöht.

Durch den langsamen Temperaturanstieg kommt es zu einer intensiven Vasodilatation und Wärmekonvektion. Dies führt zu einem fieberähnlichen Anstieg der Körpertemperatur und damit zu einer intensiven Aktivierung des Immunsystems. Die Mobilitätsgeschwindigkeit der Leukozyten vervielfacht sich, das Erregerwachstum wird gebremst und über den Schweiß werden Krankheitsstoffe ausgeschieden. Anschließend ist eine mindestens 20- bis 30-minütige Nachruhe zu empfehlen.

Warmes Voll- oder Dreiviertelbad

Größere warme Bäder wie das Voll- oder Dreiviertelbad sind im Rahmen der Hydrotherapie bei Kindern vor allem bei Hauterkrankungen wie bei Akne oder Neurodermitis und zur vegetativen Stabilisierung (z.B. bei Hyperaktivität) angezeigt. Über die Auswahl des Badezusatzes und der Badedauer kann die beruhigende, entschlackende oder hautregenerierende Wirkung verstärkt werden.

Empfehlenswerte Badezusätze

  • wärmend, durchblutungsanregend: Ingwer, Senfmehl
  • entspannend, vegetativ stabilisierend: Melisse, Lavendel, Baldrian
  • infektbekämpfend: Thymian, Kamille, Rosmarin
  • hautpflegend und regenerierend: Kamille, Zinnkraut, Molke

Inhalationen

Eine gute Methode zur Prophylaxe und Therapie von Erkrankungen der Nase, Nasennebenhöhlen und auch Bronchien sind Inhalationen. Dabei sollte jedoch bedacht werden, dass mittels der üblichen Wasserdampfmethode nur ätherische Öle wie Kamille oder Thymian inhaliert werden können. Salzlösungen dagegen verdampfen nicht. Will man diese inhalieren, benötigt man dafür ein elektrisches Inhalationsgerät.

Auflagen und Wickel

Eines der wirksamsten Therapieverfahren, die die Naturheilkunde für Kinder zu bieten hat, sind Auflagen und Wickel. So können kalte Wickel bei akuten Erkrankungen sowohl zum Wärmeentzug bei Fieber als auch zur Stimulation der aktiven Wärmeproduktion bei zu geringer Abwehrleistung eingesetzt werden. Warme oder heiße Auflagen hingegen dienen der passiven Wärmezufuhr.

Kalte Wadenwickel bei Fieber

Die wohl bekanntesten und schon als Hausmittel eingesetzten kalten Wickel sind Wadenwickel. Sie sind ganz einfach mit in kaltes Wasser eingetauchten und ausgewrungenen Leinen- oder Baumwolltüchern durchzuführen. Bei Kindern mit hohem Fieber werden diese Tücher einfach um beide Waden gewickelt und so lange liegen gelassen, bis sie warm sind und keinen Kühleffekt mehr haben. Dann werden sie erneuert, und dies wird so lange fortgesetzt, bis die gewünschte Fiebersenkung erreicht ist.

Ganz wichtig ist es, darauf zu achten, dass das Kind auch wirklich warme bzw. heiße Beine und Füße hat, sich also bereits in der 2. Fieberphase befindet. Für ein Kind, das friert und ggf. Schüttelfrost hat, sind diese Wickel dagegen streng kontraindiziert, da sie das Fieber noch nach oben treiben!

Kalter Brustwickel bei Bronchitis

Fast schon eine Wunderwaffe bei akuter Bronchitis ist der kalte Brustwickel. Im Gegensatz zum Wadenwickel dient er jedoch nicht dem Wärmeentzug, sondern der Stimulation der Wärmeproduktion.

Für die Applikation dieses Wickels benötigt man mindestens 3 unterschiedliche Tücher: ein Innentuch aus Leinen, das ins Wasser getaucht, ausgewrungen und fest und überlappend um den jeweiligen Körperteil gewickelt wird. Zur leichteren Wärmeentwicklung kann dem Wasser etwas Essig oder Kräuterspiritus zugesetzt werden. Darüber kommen 1 oder 2 Zwischentücher aus Baumwolle, die fest über das Leinentuch gewickelt werden. Danach folgt ein Wolltuch, das die Außenschicht des Wickels bildet.

Zur besseren Wärmeproduktion sollte das Kind zum Schluss dann noch mit 1–2 Decken ganz eingepackt werden. In dieser „Verpackung“ lässt man nun das Kind, das meist nach wenigen Minuten einschläft, etwa 1 Stunde lang liegen. Anschließend wird es ausgepackt und ggf. nochmals etwa 30 Minuten in das zweite noch trockene Baumwolltuch in gleicher Weise eingewickelt. Das dient dem Nachschwitzen und verstärkt die heilungsfördernde Wirkung.

Obgleich auch dieser kalte Wickel in den ersten Minuten dem Körper Wärme entzieht, den Sympathikotonus steigert und so zu einer Gefäßverengung führt, kommt es nach etwa 5 Minuten zu einer Gegenreaktion: Mit zunehmendem Vagotonus beginnt der Körper nun mit der Produktion von Wärme, die zu einer generalisierten Muskelentspannung und Vasodilatation führt.

Warme Auflage bei Bauchschmerzen

Einfacher durchzuführen und insbesondere bei Kindern angezeigt, die Wärmezufuhr benötigen, sind heiße Auflagen. Diese können z.B. bei Bauchschmerzen mit einem in warmem Wasser getränkten Baumwolltuch, auf das eine (nicht zu) heiße Wärmflasche aufgebracht wird, einfach auf den Bauch des Kindes aufgelegt werden. Zum besseren Halt und Schutz vor der Feuchtigkeit empfiehlt es sich, darüber noch ein weiteres Handtuch zu wickeln.

Heiße Auflage bei Husten und Bronchitis

Bei Kindern mit Husten und Bronchitis haben sich Auflagen bewährt, die mit (nicht zu) heißem Öl getränkt sind. Die Wirkung dieser Auflagen lässt sich noch verstärken, indem man zuvor die Brust des Kindes mit einem ätherischen Öl, z.B. Thymian oder Eukalyptus, einreibt oder der ölgetränkten Auflage zusetzt. Wichtig bei diesen warmen Auflagen ist es, sie zu entfernen, sobald sie kalt werden. Sonst beginnen sie dem Kind Wärme zu entziehen, werden unangenehm und schaden mehr, als sie nutzen.

Waschungen

Mit „waschen“ haben diese Anwendungen strenggenommen nichts zu tun. Es sind lediglich Anwendungen, bei denen mit einem feuchten Leinentuch ein bestimmter Körperteil abgerieben wird. Dabei verbleibt ein feiner Wasserfilm auf dem jeweiligen Hautareal. Möglich sind Ober-, Unter- und Ganzkörperwaschungen sowie Leib- und Serienwaschungen.

Mit Serienwaschungen kann z.B. einem Kind mit hohem Fieber und kalten Extremitäten anstelle von Wadenwickeln geholfen werden.

Am besten bewährt haben sich jedoch kalte Unterkörperwaschungen bei Kindern mit Einschlafstörungen. Hierzu sollte sich das Kind zunächst ins Bett legen und gut zudecken, damit Bett und Körper gut warm sind. Schläft es nach 10–15 Minuten noch nicht, lässt man es kurz aufstehen, reibt den Unterkörper (Beine, Gesäß und Bauch bis zum Nabel) rechts außen unten beginnend, mit einem in kaltes Wasser getauchten und ausgewrungenen Leinentuch zügig ab. Danach soll sich das Kind schnell wieder anziehen und sofort ins Bett gehen. Da wird es wieder gut zugedeckt und durch den intensiven parasympathischen Reiz sehr wahrscheinlich schnell und tief einschlafen.

Finnische Sauna

Wenn auch keine Hydrotherapie im Sinne Kneipps, dafür aber wissenschaftlich besonders gut untersucht ist die Wirkung von Saunagängen. Diese wirken nicht nur ausleitend und entspannend, sondern in besonderem Maße auch abwehrsteigernd. Darüber hinaus führen regelmäßige Saunabesuche zu einer deutlichen Umstimmung des vegetativen Nervensystems und Senkung des Sympathikotonus. Das gilt nicht nur für Erwachsene, sondern eben auch für Kinder, wenn sie behutsam an die Saunagänge herangeführt werden.

Da insbesondere kleinere Kinder aufgrund der relativ großen Körperoberfläche temperaturempfindlicher sind, sollten sie anfangs nur auf der unteren Sitzstufe und auch nur so lange in der Wärmekammer bleiben, wie sie sich darin wohl fühlen.

Prof. Dr. med. Peter W. Gündling

Arzt für Allgemeinmedizin, Naturheilverfahren, Akupunktur, Homöopathie, Chirotherapie, Sportmedizin, Ernährungsmediziner, Badearzt. Seit 1988 in eigener Praxis in Bad Camberg niedergelassen. Seit 2006 Professor für Naturheilkunde und komplementäre Medizin an der Hochschule Fresenius in Idstein, wo er als Studiendekan ein neues Masterstudium zur Naturheilkunde und komplementären Medizin für Ärzte entwickelt hat und leitet.

Studiendekan für Naturheilkunde und komplementäre Medizin, Carl Remigius Medical School. Lehrbeauftragter der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt a. Main.

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