SchröpfenSchröpfen: Therapieoption bei Schmerzen

Kopfschmerzen, Rückenbeschwerden, Magen-Darm-Erkrankungen: Die Schröpftherapie kann bei einer Vielzahl an Indikationen Linderung bringen. Ein Fallbeispiel zeigt die Anwendung des Schröpfens in der Praxis.

Inhalt
Trockenes Schröpfen: Frau liegt auf dem Bauch mit 6 Schröpfköpfen auf dem Rücken
K. Oborny/Thieme; Symbolfoto - Posed by a Model

Trockenes Schröpfen ist die gebräuchlichste Form der Schröpftherapie.

Das Schröpfen wird zur lokalen Behandlung von Schmerzen des Bewegungsapparats mit muskulären Verspannungen, Myogelosen (Muskelverhärtungen) und schmerzhaften Bindegewebszonen sowie zur reflektorischen Behandlung von Beschwerden tiefer gelegener Muskel- und Skelettschichten und innerer Organe eingesetzt.

Geschichte des Schröpfens

Das Schröpfen zählt zu den ältesten Therapiemethoden der Welt. Schon die alten und einfachen Kulturvölker wendeten im Rahmen der medizinischen Behandlung das Schröpfen an [19]. Hippokrates (460–370 v. Chr.), einer der ersten Vertreter der Humoralmedizin, riet dazu, das Schröpfen zur lokalen Ausleitung von Krankheitsstoffen oder zur Ableitung dieser Stoffe von entfernten Organen anzuwenden [4]. So entwickelte sich das Schröpfen immer mehr zu einem wichtigen ab- und ausleitendem Therapieverfahren innerhalb der Humoraltherapie, welche bis ins frühe 19. Jahrhundert Grundlage der klassischen Medizin war [19].

Mit der Begründung der Zellularpathologie durch Virchow (1821–1902) und der stetigen Verdrängung des humoraltherapeutischen Gedankens war das Schröpfen im 20. Jahrhundert im europäischen Raum so gut wie ausgestorben. Ascher (1883–1960) begann, mithilfe der Konstitutionstherapie das Schröpfen wiederzubeleben. Ziel dieses Verfahrens ist vor allem die Änderung des Lebensstils im Sinne einer Diät, bei der ausleitende Verfahren zum Einsatz kommen, z.B. Stoffwechselkuren, Schröpfen oder Aderlässe.

Das Schröpfen und andere ausleitende Verfahren erleben seit einigen Jahren nun eine wahre Wiedergeburt [19]. Auch die Wissenschaft verzeichnet in den letzten Jahren ein steigendes Forschungsinteresse. Dies zeigt sich auch in den aktuellen Studien und Reviews zum Schröpfen.

Die Wirksamkeit des Schröpfens wurde beim Karpaltunnelsyndrom [17], bei Gonarthrose [21], bei chronischen Rückenschmerzen [20], bei Migräne [3] und bei Herpes Zoster [5] untersucht und ist als effektiv bewertet worden. Zudem wurde die Evidenz zu Schröpfen bei Nackenschmerzen aufgearbeitet [14].

Einsatzgebiete der Schröpftechnik

Verhärtungen im Unterhaut- und Muskelgewebe (Gelosen) sind in der heutigen Zeit bei den meisten Menschen nicht mehr wegzudenken.

Gelosen entwickeln sich in einem länger andauernden Prozess. Stressfaktoren, wie psychische Belastungen und Bewegungsmangel, aber auch z.B. Funktionsstörungen eines inneren Organs (viszerokutane Reflexe), Durchblutungsstörungen in einem blockierten Gelenk (Gelenkirritationszone) oder „Krampfzustände“ durch einen gestiegenen Muskeltonus (Herdreflexzone), beeinflussen den Sauerstoffpartikeldruck im Gewebe ungünstig. Durch die daraus resultierende Störung der Mikrozirkulation kommt es zu Spannungsänderung in der betroffenen Muskulatur, wodurch der Sauerstoffmangel im Gewebe weiter gefördert wird [22].

Die Gelose wird zu einem Störherd, der permanent als Irritationszone auf die zugehörigen Viszeraläste der Spinalnerven wirkt [1]. Störherde können durch die äußerliche Aktivierung der Reflexzonen beeinflusst werden, da diese wiederum auf die inneren Organe wirken. Die Schröpfkopftherapie ist daher als ausleitendes Verfahren bei vielen verschiedenen Krankheitsbildern einsetzbar. 

Mögliche Einsatzgebiete der Schröpfkopftherapie

  • Erkrankungen des Bewegungsapparats/Schmerzen: Arthrose, rheumatische Arthritis, Osteoporose, Lumbalsyndrom, Ischialgie, Karpaltunnelsyndrom, Verspannungen/Rückenschmerzen
  • Erkrankungen des Verdauungstrakts: funktionelle Darmerkrankungen, Erkrankungen der Leber und der Gallenblase, Hämorrhoiden
  • Erkrankungen der Atemwege: Erkältungen/grippale Infekte, akute oder chronische Bronchitis, Asthma bronchiale
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Hypertonie, Hypotonie, Varizen, Herzinsuffizienz
  • Erkrankungen der Haut: Narben, Cellulitis
  • Hals-Nasen-Ohren-Erkrankungen: Tinnitus
  • Stoffwechselerkrankungen: Gicht, Diabetes mellitus, Adipositas
  • Erkrankungen der Harnwege: Harninkontinenz, Harnwegsinfekt
  • Erkrankungen der Geschlechtsorgane: Störungen der Menstruation, Fluor vaginalis, entzündliche Prozesse im Bereich der Geschlechtsorgane
  • Nerven/Psyche: Kopfschmerz, Migräne, Neuralgien, Depression, Schlafstörungen [8] 

Kontraindikationen der Schröpftherapie

  • lokale Hauterkrankungen: akut entzündlich, allergisch oder chronisch
  • Gerinnungs- bzw. Wundheilungsstörungen
  • stärker gerinnungshemmende Medikamente, z. B. Marcumar
  • Hautareale während oder nach einer Strahlentherapie (Radiatio)
  • bei generalisierten Ödemen und schweren Herzerkrankungen
  • nach langer Behandlung der Haut mit Kortison mit entsprechenden Hautveränderungen im betroffenen Hautareal
  • blutige Schröpfbehandlungen über Knochen
  • bei Schwangeren, Kindern und älteren Menschen [8] 

Ob das Schröpfen als Behandlungsoption infrage kommt, ist eine individuelle Entscheidung und hängt nicht zuletzt von der Intensität der Beschwerden ab. Die genaue Vorgehensweise sollte in Ruhe mit dem Patienten besprochen werden.

Lokalisation der Schröpfzonen – Orientierungshilfen

Nachfolgend sollen 2 Orientierungshilfen vorgestellt werden, die es dem Behandler leichter machen, die Stellen zu finden, an denen geschröpft werden kann bzw. soll.

Neben den hier vorgestellten Triggerpunkten und Dermatomen dienen auch Head’sche Zonen, Reflexzonen, Meridianverläufe, Akupunkturpunkte und die Topologie der Schröpforte nach Abele als Orientierungshilfen.

Triggerpunkte

Triggerpunkte sind druckdolente Stellen im Gewebe und liegen auf oder neben Meridianen. Ihre Konsistenz und ihr Hautwiderstand sind gegenüber dem umliegenden Gewebe verändert.

Der zu behandelnde Patient bestimmt demnach durch sein Schmerzempfinden die jeweiligen Schröpfstellen. Beim Schröpfen ist es unbedingt erforderlich, den maximalen Schmerzpunkt zu stimulieren, da nur auf diesen Punkten eine effektive Behandlung erfolgen kann.

Lässt man den Schröpfkopf im Bereich des Schmerzpunktes gleiten, wird bei Blockaden und Irritationen ein Widerstand zu spüren sein. Häufig wird ein vermehrtes Schmerzempfinden gespürt, aber auch eine sofortige Verfärbung des Gewebes zeigt den zentralen Punkt der Behandlung an [19].

Dermatome

Ein Dermatom ist ein Hautareal, das hauptsächlich von einer einzelnen spinalen sensorischen Nervenwurzel versorgt wird. Spinalnerven leiten Signale von den entsprechenden Körperteilen an das Rückenmark weiter. Auch viszerosensible Empfindungen werden über die Spinalnerven übertragen. Dadurch können sich die Schmerzen, die bei Erkrankungen innerer Organe entstehen, in dem entsprechenden Hautareal manifestieren [15].

Der Schröpfkopf

Die ursprünglichen Schröpfköpfe wurden aus Tierhörnern gefertigt. Später wurden die Gefäße aus Metall oder Glas hergestellt, die sich im Laufe der Jahrhunderte kaum noch in ihrer Form verändert haben. Die Köpfe sind aus glockenförmigem Glas gefertigt, sind mit oder ohne Öffnung ausgestattet und haben einen runden, wulstigen Rand.

Bei den Schröpfgläsern ohne Öffnung wird der Unterdruck durch Hitze erzeugt. Hierfür wird ein Watteträger in Alkohol getränkt, entzündet und kurz in das Gefäß gedrückt. Danach wird das Glas auf die Haut gebracht. Durch das Abkühlen zieht sich die Luft zusammen und das erwünschte Vakuum entsteht. Das Glas saugt sich so am Körper fest. Da bei dieser Methode ein gewisses Verbrennungsrisiko besteht, wird sie heute nur noch vereinzelt angewendet.

Vielmehr wird die Glasmethode mit Vakuumpumpe oder Saugball angewendet. Hierzu ist der Schröpfkopf mit einer kleinen Öffnung ausgestattet. So wird nach dem Aufbringen des Schröpfglases auf die Haut mithilfe einer Pumpe bzw. eines Saugballs die Luft innerhalb des Glases entzogen, sodass ein Vakuum entsteht.

Für die verschiedenen Einsatzzwecke und -orte gibt es eine Vielzahl von Größen und Formen. Bei empfindlichen oder stark gewölbten Hautpartien sowie bei Kindern empfehlen sich Gefäße mit kleinem Durchmesser. Größere Schröpfköpfe kommen überwiegend an größeren und stärker belastbaren Körperpartien sowie bei Erwachsenen zum Einsatz [9].

Schröpftechniken

Das Schröpfen beinhaltet viele Varianten. Die bekanntesten sind:

  • das traditionelle blutige Schröpfen,
  • das trockene Schröpfen sowie
  • die Schröpfmassage.

Diese werden je nach Indikation unterschiedlich angewendet. Alle 3 Arten des Schröpfens haben eine schmerzlindernde Wirkung. Durch die Freisetzung von Endorphinen und den verstärkten Abbau von Prostaglandinen kommt es in der Schröpfzone zu einer Schmerzlinderung.

Nach eingehender Inspektion und Palpation des betroffenen Gewebes unterscheidet man sog. Reizzonen – die Gelosen [8]:

Kalte Gelosen, werden unblutig geschröpft [16]

  • aufgrund reduzierter Blutzufuhr ischämisch, kühl, blass und klein
  • bei festem Druck wenig schmerzhaft
  • verminderter Gewebetonus (laxes und schlaffes Gewebe)
  • Reibung führt kaum zu einer Hautrötung
  • Wärme wird als angenehm empfunden

Heiße Gelosen, werden blutig geschröpft [8]

  • blutgefüllte Zone in Haut, Binde- oder Muskelgewebe
  • druckschmerzhaft
  • überwärmte, gut tastbare Verhärtungen
  • schnelle Rötung bei Reibung
  • Verschlimmerung bei Wärme

Trockenes Schröpfen – die gebräuchlichste Form

Beim trockenen Schröpfen soll – anders als beim blutigen Schröpfen – keine Ausleitung über die Haut, sondern eine Ableitung von der erkrankten Stelle weg erfolgen [6]. Hierbei steht der nervale Stimulus (Reiz) im Vordergrund. Das trockene Schröpfen wird bei sog. kalten Gelosen angewendet.

Es eignet sich für Patienten mit einer eher schwachen Statur (schmaler Körperbau, eher niedriger Blutdruck), bei Kindern und älteren Menschen [16].

Durchführung

Die Schröpfgläser werden auf die intakte Haut der zu behandelnden Region aufgesetzt. Das notwendige Vakuum in den Schröpfgläsern wird mithilfe eines Gummiballs, einer Vakuumpumpe oder eines brennenden, alkoholgetränkten Zellstoffballens erzeugt. In allen Fällen übt das erzeugte Vakuum eine Sogwirkung auf die Haut aus, sodass diese in das Glas gezogen wird.

Der durch den Unterdruck hervorgerufene Dehnreiz führt zu einer verstärkten Mikrozirkulation und Durchblutung im Gewebe. Blutbestandteile und Lymphflüssigkeit treten aus dem Gefäßsystem in das Zwischenzellgewebe über, wodurch es zu einer lokalen Entzündungsreaktion mit Rötung, Schwellung und Überwärmung kommt. Es bildet sich ein Hämatom, welches wesentlich für den Therapieeffekt ist. Diese „Schröpfmale“ verschwinden nach wenigen Tagen wieder [19].

Neben der lokalen Verbesserung der Durchblutung kommt es über die Head’schen Zonen zu einer Beeinflussung der inneren Organe [12].

Die Behandlung dauert ca. 10–15 Minuten, danach werden die Gläser wieder entfernt. Pro Sitzung können mehrere (im Allgemeinen 4–6) Gläser angesetzt werden. Geschröpft wird zumeist 2- bis 3-mal pro Woche [8].

Für das trockene Schröpfen können verschiedene Schröpfköpfe verwendet werden:

  • Köpfe aus Kunststoff oder Glas mit Gummiball (vor allem für energiearme, schmerzempfindliche Patienten; eher schwache Saugwirkung)
  • Köpfe mit einer Pumpe zum Luft ein- und ablassen (starke Saugwirkung, lässt sich individuell regulieren)
  • klassische Schröpfköpfe (in Alkohol getränkte Watte wird im Glasgefäß angezündet)

Blutiges Schröpfen – die traditionelle Form

Blutiges Schröpfen kommt vor allem bei Abflussstörungen zum Einsatz. Es dient der lokalen Ausleitung von Gift- oder Schadstoffen.

Blutiges Schröpfen wird bei heißen Gelosen angewendet, also eher bei akuten, gestauten Zuständen (Verquellung des Bindegewebes; klopfender, pulsierender Schmerz im Gewebe). Diese Art des Schröpfens wird oft als „kleiner Aderlass“ bezeichnet und v.a. dann angewendet, wenn es sich um eine lokale Entzündung oder Blutstauung handelt oder ein Aderlass die zu behandelnde Person zu stark schwächen würde.

Durchführung

Bei der Behandlung wird die Haut zuerst mit einer kleinen Lanzette leicht aufgeritzt. Mithilfe des Unterdrucks tritt durch das Aufsetzen der Schröpfgefäße angestautes Blut mit Gewebsflüssigkeit aus, das in den Gefäßen aufgefangen wird. Neben der Entlastung des Gewebes kommt es zusätzlich zu einer Verbesserung der Fließeigenschaften von Blut und Lymphe [1].

Das blutige Schröpfen hat eine blutentziehende, ausleitende und entlastende Wirkung sowohl auf das Gewebe als auch auf die Muskulatur und die durch Reflexzonen zugeordneten Organe. Blutiges Schröpfen erzielt gute und schnelle Erfolge, allerdings benötigen die Wunden einige Tage zum Abheilen [16].

Die Schröpfgläser werden abgenommen, sobald kein Blut mehr austritt, i.d.R. nach ca. 10–15 Minuten. Pro Behandlung werden 1 bis maximal 3 Gläser aufgesetzt. Zwischen den Sitzungen sollten 4–8 Wochen liegen, je nachdem, wie gut der Patient die Therapie verträgt [9]. Die ausgeleitete Blutmenge sollte insgesamt etwa zwischen 10 und 100 ml liegen [1].

Schröpfkopfmassage – die sanfte Behandlung

Die Schröpfmassage ist eine abgeleitete Form des trockenen Schröpfens. Hierbei wird der Körper des Patienten vor der Behandlung mit Salbe oder Öl eingerieben. Der Therapeut massiert den Körper des Patienten mit 1 oder 2 Schröpfgläsern, indem das festgesogene Glas langsam paravertebral entlang der Spinalreflexzonen über den Rücken oder seitlich zu den Rippenbögen gezogen wird, bis sich die Haut rötet bzw. bläulich verfärbt.

Es erfolgt eine durchblutungsfördernde, krampflösende und tonisierende Reaktion, die vom Patienten als sehr intensiv und durchwärmend empfunden wird. Durch diese Massage können Verspannungen gelöst und Verkrampfungen der Muskulatur gelockert werden [8].

Das hierfür benötigte Schröpfglas unterscheidet sich von den üblichen Gefäßen. Das Glas hat einen verbreiterten Rand, sodass es sich nicht so tief in das Gewebe drücken kann, wodurch das Gleiten über den Rücken überhaupt erst möglich wird. Die Massage kann ggf. auch durch ein pulsierendes Gerät unterstützt werden, das einen permanenten Unterdruck auf den Schröpfkopf erzeugt.

Die Schröpfmassage eignet sich besonders für größere Hautbereiche, bei Muskelverhärtungen, Wirbelsäulensyndromen, Kopfschmerzen und generell als Aktivierungstherapie.

Je nach Größe des zu behandelnden Areals dauert die Schröpfmassage zwischen 20–40 Minuten. Nach der Behandlung können für 1–2 Tage muskelkaterähnliche Beschwerden auftreten [7].

Nebenwirkungen und Risiken des Schröpfens

Die Schröpfkopfbehandlung gilt als nebenwirkungsarmes Verfahren. Bislang sind keine ernsthaften Probleme als Folge der Behandlung unter fachkundiger Durchführung aufgetreten. Die Hämatome bzw. Rötungen und Verfärbungen, die durch das Schröpfen entstehen, können unterschiedlich stark in Erscheinung treten. Da sie grundsätzlich erwünscht sind, werden sie nicht unbedingt als Nebenwirkung angesehen.

Des Weiteren kann es zu Juckreiz, zu kleinen petechialen Einblutungen und einer Bläschenbildung mit Austritt von Blut und Lymphe im behandelten Gebiet kommen. Auch wurden sehr selten Schmerzen beobachtet, die durch den starken Unterdruck auf die Haut auftreten können. Insbesondere bei der Schröpfmassage können muskelkaterähnliche Beschwerden auftreten. Alle aufgeführten Nebenwirkungen sind von kurzer Dauer und verschwinden nach wenigen Stunden bzw. Tagen wieder.

Narbenbildung und Infektionen als mögliche Nebenwirkungen des blutigen Schröpfens sind so gut wie ausgeschlossen. Selbstverständlich sind die allgemeinen Hygieneanforderungen bei Wunden einzuhalten [7].

Wer trägt die Kosten fürs Schröpfen?

Schröpfen wird von speziell ausgebildeten Heilpraktiker*innen, Ärzt*innen, Physiotherapeut*innen und medizinischen Bademeister*innen angeboten. Eine Sitzung dauert etwa 10–20 Minuten, für eine Schröpfkopfmassage muss man ca. 30–45 min einplanen.

Leider ist die Abrechnung für Ärzte extrem unattraktiv: Laut der Gebührenordnung für Ärzte (GoÄ) können pro Sitzung 5,90–10,19 Euro abgerechnet werden. Nach dem Gebührenverzeichnis für Heilpraktiker (GebüH) können pro Sitzung bis zu 20,50 Euro abgerechnet werden [11].

Ein Fall aus der Praxis

Eine 38-jährige Patientin sucht die Praxis mit rezidivierenden Kopfschmerzen und Schmerzen im Schulter-Nacken-Bereich auf. In der Anamnese kommt heraus, dass sie vor ca. 1,5 Jahren in einen Autounfall verwickelt war und seitdem wiederholt beim Orthopäden vorstellig geworden ist. Er stellte jeweils eine Blockade fest und behandelte sie chiropraktisch, was jedoch nicht zu einer länger anhaltenden Besserung führte und somit die Abstände zwischen den Arztbesuchen immer kürzer wurden. Die Patientin nimmt seit dem Unfall oft Schmerzmittel ein.

Diagnostik

Bei der Untersuchung und dem anschließenden Tastbefund an der Wirbelsäule finden sich Auffälligkeiten im muskulären und knöchernen Bereich.

aktive Bewegungsüberprüfung:

  • Hypomobilität bei aktiver Extension und Flexion in der HWS; keine Bewegung in C2/3 und C5–C7 erkennbar
  • Rotation des Kopfes nach rechts eingeschränkt

passive Beurteilung:

  • C2–C4 + C6 stark druckdolent und blockiert
  • M. trapezius descendens, M. supraspinatus + M. sternocleidomastoideus links druckdolent und verhärtet
  • 1. Rippe links blockiert

Therapie

An 2 Terminen werden neben einer manualtherapeutischen Intervention 4 Schröpfköpfe paravertebral auf dem M. trapezius descendens angebracht. Bei 2 weiteren Behandlungen werden wieder 4 Schröpfköpfe aufgesetzt, aber diesmal paravertebral zwischen den Schulterblättern.

Nach den 4 Behandlungen gibt die Patientin an, eine zunehmende Verbesserung der Beschwerden zu spüren. Die Schmerzen in der Muskulatur haben deutlich nachgelassen und die aktive Beweglichkeit der HWS hat zugenommen. Die Patientin benötigt keine Schmerzmedikamente mehr.

Die Therapie ist noch nicht abgeschlossen. Die Patientin wird ein weiteres Rezept zur Manuellen Therapie mit zusätzlicher Schröpfbehandlung benötigen, um wieder zu einem vollen Bewegungsausmaß zu kommen.

[1] Abele J. Das Schröpfen: Eine bewährte alternative Heilmethode. 5. Aufl. München: Urban & Fischer; 2003
[2] Abele U, Stiefvater E. Aschner-Fibel. 13. Aufl. Stuttgart: Haug; 1996
[3] Ahmadi A, Schwebel D, Rezaei M. The efficacy of wet-cupping in the treatment of tension and migraine headache. Am J Chin Med 2008; 36: 37-44
[4] Aschner B, Müller I. Technik der Konstitutionstherapie: Mit 150 Fallbeispielen aus der Praxis. 7. Aufl. Heidelberg: Haug; 1995
[5] Cao H, Zhu C, Liu J. Wet cupping therapy for treatment of herpes zoster: A systematic review of randomized controlled trials. Altern Ther Health Med 2010; 16: 48–54
[6] Chirali I. Traditional Chinese Medicine cupping therapy. 2. Aufl. Philadelphia: Elsevier Churchill Livingston; 2007
[7] Dreismickenbecker G. Lösen, umstimmen, aktivieren: Grundlagen der Schröpftherapie. Dt Heilpr Z 2013; 8 (03): 35–39
[8] Fey S. Die Schröpftherapie. Z Komplmed 2014; 6 (01): 17–19
[9] Frenkel W, Molnar U, Bamberger G. Gesund durch Schröpfen: Grundlagen und Anwendung. Stuttgart: Schattauer; 2010
[10] Freytag S. Darstellung einer evidenzbasierten Karte der Head‘schen Zonen [Dissertation]. Hannover: Bibliothek der Medizinischen Hochschule Hannover; 2019
[11] Gundacker S. Dysbiose: Von der Therapie zur Abrechnung. Dt Heilpr Z 2018; 13 (02): 26–30
[12] Head H. Die Sensibilitätsstörungen der Haut bei Viszeralerkrankungen. Berlin: Hirschwald; 1898
[13] Heisel J. Physikalische Medizin. Stuttgart: Thieme; 2005
[14] Leutzow B, Feig M. Ist Schröpfen bei Nackenschmerzen wirksam? Ein systematisches Review und Metaanalyse. Akupunktur Pr 2021; 2 (03) 192–194
[15] McGee S. Evidence-based physical diagnosis e-book. Göttingen: Elsevier Health Sciences; 2021
[16] Melchart D, Brenke R, Dobos G, Gaisbauer M, Saller R, Classen M, Rothenfusser G. Naturheilverfahren – Leitfaden für die ärztliche Aus-, Fort- und Weiterbildung. Stuttgart: Schattauer; 2002
[17] Michalsen A, Bock S, Ludtke R et al. Effects of traditional cupping therapy in patients with carpal tunnel syndrome: A randomized controlled trial. J Pain 2009; 10: 601–608
[18] Müller I. Humoralmedizin: Physiologische, pathologische und therapeutische Heilkunst. Heidelberg: Haug; 1993
[19] Otto B, Hrsg. Schröpfen. Göttingen: Elsevier Health Sciences; 2019
[20] Teut M, Ullmann A, Kaiser S et al. Pulsierende Schröpftherapie bei Kniegelenkarthrose und Rückenschmerzen. Z Komplmed 2018; 10 (04): 44–49
[21] Teut M, Kaiser S, Ortiz M et al. Pulsatile dry cupping in patients with osteoarthritis of the knee – a randomized controlled exploratory trial. BMC Compl Altern Med 2012; 12 (01): 1–9
[22] Wagner R, Wander R. Taschenatlas Naturheilkundliche Untersuchungstechniken. Stuttgart: Thieme; 2000

Nadine Brands-Gündling ist Physiotherapeutin und hat an der Hochschule Fresenius in Idstein Naturheilkunde und komplementäre Medizin (MSc) studiert. Sie arbeitet in einer physiotherapeutischen Praxis und ist zusätzlich seit 2021 als Dozentin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule Fresenius in Idstein tätig.

Die Autorin gibt an, dass keine wirtschaftlichen oder persönlichen Verbindungen bestehen.

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Nadine Brands-Gündling

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