MeditationMeditation: Ein kleiner Zeitaufwand, der sich lohnt

Eine kurze Meditation am Morgen kann bis in den Abend das Wohlbefinden positiv beeinflussen. Sie fördert die Selbstregulation am Tag und führt zu mehr Vitalität am Abend.

Junge Frau meditiert im Lotussitz im Morgenlicht mit Katze
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Morgendliches Meditieren unterstützt Beschäftigte im Tagesverlauf bei der bewussten Steuerung von Verhalten, Emotionen und Gedanken.

Eine kurze Meditation am Morgen kann den gesamten Arbeitstag von Beschäftigten prägen. Durch eine Stärkung der Selbstregulation kann sie noch am Abend das Wohlbefinden positiv beeinflussen. Das haben Forschende in einer Studie herausgefunden.

Sie möchten gleich loslegen? Hier finden Sie eine Atem-Meditations-Übung.

Wie wirkt sich eine Morgenroutine auf den Tag aus?

Die Wissenschaftler*innen gingen der Frage nach, ob sich eine Morgenroutine – wie die Durchführung von Achtsamkeitsübungen – positiv auf den gesamten Tag von Beschäftigten auswirken kann. Auch wenn sie zwischen privatem und beruflichem Umfeld wechseln.

Aus früheren Forschungen ist bekannt, dass längere Achtsamkeitsinterventionen das Potenzial haben, das Wohlbefinden über Wochen und Monate bei Mitarbeiter*innen zu fördern, erklärt Studienleiter Prof. Stefan Diestel. Auch für kürzere Übungseinheiten sind die unmittelbaren Folgen gut belegt. Dazu gehören sofortige positive Auswirkungen auf:

  • Gelassenheit,
  • Schlafqualität,
  • Abbau von Stress und Angst.

Unklar war bislang, was über die kurzfristigen Vorteile hinaus bleibt. 

Tagebuchstudie liefert Daten

Zur Durchführung der Untersuchung wurden Teilnehmende für eine Tagebuchstudie gesucht. In die Ergebnisauswertung flossen schließlich die Daten von 78 Personen ein. 72 Prozent der Teilnehmenden waren Frauen, das durchschnittliche Alter betrug 33,7 Jahre.

Die Befragten kamen aus unterschiedlichen beruflichen Kontexten, gehen in ihrem Arbeitsalltag also unterschiedlichen Aufgaben nach. Zehn Arbeitstage lang bekamen die Teilnehmenden dreimal täglich einen Fragebogen zugeschickt.

In der zweiten Hälfte der Studie, an Tag 6 bis 10, setzten zudem die Achtsamkeitsübungen ein: Jeden Morgen sollten die Teilnehmenden vor der Arbeit und zu Hause eine 10-minütige, audio-geführte Meditation durchführen. Sie wurden angewiesen, sich bequem hinzusetzen, sich auf den Atem zu fokussieren und Gedanken ohne jegliches Urteil zur Kenntnis zu nehmen. Außerdem wurden die Teilnehmenden motiviert, das Gefühl und ihre Einstellung am Morgen in den folgenden Arbeitstag zu integrieren.

Mit den täglichen 3 Online-Fragebögen erhielten die Forschenden Erkenntnisse über die für sie interessanten Themen und die Möglichkeit, Zusammenhänge zu untersuchen. So wurden die Teilnehmenden gebeten, Aussagen zu jedem Bereich auf einer Zustimmungsskala zu bewerten: Achtsamkeitszustand am Morgen (z.B. „Mir fiel es leicht, mich auf das Hier und Jetzt zu fokussieren“), Selbstregulation und Selbstkontrolle während der Arbeit (z.B. „Ich habe mich heute voll und ganz mit dem identifizieren können, was ich bei der Arbeit getan habe“), Flowerleben (z.B. „Heute bei der Arbeit war ich völlig in das vertieft, was ich gerade tat“) sowie Vitalität am Abend (z.B. „Gerade fühle ich mich energiegeladen“).

„Aus den Antworten unserer Teilnehmenden können wir schließen, dass es einen dominanten Prozess gibt: Eine kurze Meditation am Morgen fördert die Selbstregulation und reduziert die Selbstkontrolle bei der Arbeit. Dadurch können die Beschäftigten leichter in das Flowerleben kommen, was wiederum zu einer subjektiv wahrgenommenen Vitalität am Abend führen kann“, resümiert Studienautorin Charlotte Hohnemann.

Mühelose Konzentration durch Meditation?

Sie fanden heraus, dass sich der Zeitaufwand am Morgen lohnen kann: Ihre Ergebnisse bestätigten die meisten ihrer Annahmen und legen nahe:

  • Eine kurze Meditation am Morgen unterstützt Beschäftigte im Tagesverlauf bei der bewussten Steuerung von Verhalten, Emotionen und Gedanken.
  • Als Folge daraus bringen sie das Wahrnehmen ihrer Arbeitsaufgaben in Einklang mit ihren eigenen Werten und Interessen, sodass sie in ein tiefes Flowerleben geraten können.

Das Flowerleben steigere das Wohlbefinden und lasse sich sogar mit nach Hause nehmen, so Hohnemann. Bei den Studienteilnehmer*innen habe sich das in einer wahrgenommenen Vitalität am Abend geäußert. Dies sei Ausdruck psychologischen und physiologischen Wohlbefindens.

Mit ihren Studienergebnissen trägt die Arbeitsgruppe nicht nur zum Ausbau der Achtsamkeitsforschung und einem tieferen Verständnis von tagesspezifischen Tätigkeitsprozessen bei. Sie liefert Beschäftigen und Organisationen ebenfalls wertvolle Erkenntnisse darüber, wie eine wirksame Morgenroutine aussehen und so für mehr Wohlbefinden bei den Arbeitnehmenden sorgen könnte. Beispielsweise können Unternehmen durch das Bereitstellen von geführten Meditationen als Audiodateien, das Anbieten entsprechender Workshops oder der Einführung flexibler Arbeitszeiten einen wertvollen Beitrag leisten.

Hintergrund: Selbstregulation und Selbstkontrolle

Für die Achtsamkeitsforschung gelten die autonome Selbstregulation und die willentliche Selbstkontrolle als wichtige Erklärungsmechanismen: Sie können die positiven Auswirkungen von entsprechenden Übungen auf das Wohlbefinden bestimmen.

  • Die autonome Selbstregulation beschreibt, dass notwendige Handlungen zum Erreichen eines externen Ziels mit den inneren Werten einer Person übereinstimmen – das Handeln fällt leicht.
  • Die willentliche Selbstkontrolle hingegen meint einen psychologischen Kraftakt, der dann aktiviert wird, wenn eigene Werte zu Gunsten externer Ziele zurückgestellt werden müssen.

Beispiel

"Nehmen wir für den Arbeitsalltag das Beispiel, dass ich einer Kollegin bei der Bearbeitung einer Excel-Tabelle helfen soll. Ich kann diese Aufgabe als sehr monoton empfinden, weshalb ich mich eigentlich dagegen wehren würde, akzeptiere sie aber, da ich weiß, dass sie getan werden muss. Oder aber ich sehe darin den positiven Aspekt, zum Beispiel, dass ich meiner Kollegin helfe, oder konzentriere mich gänzlich auf die geforderte Sorgfalt. Meditation kann unterstützen, diese unterschiedlichen Aspekte zu erkennen und für sich zu nutzen“, so Hohnemann.

Die Forschenden berücksichtigten in ihrer Befragung Selbstregulation und Selbstkontrolle gleichzeitig. Und ob beide Prozesse gleichbedeutend für die positiven Folgen einer Meditation sind oder ein Prozess dominiert.

"Nur so konnten wir feststellen, ob die kurze Achtsamkeitsintervention die Übereinstimmung externer Ziele mit persönlichen Werten oder die Akzeptanz einer nicht vorhandenen Übereinstimmung fördert“, beschreibt Diestel.

Ausblick

Zukünftige Forschung sollte auf den vorliegenden Ergebnissen aufbauen und zusätzliche Messverfahren berücksichtigen. Zum Beispiel Fremdeinschätzungen oder die Messung körperlicher Merkmale.

Darüber hinaus sei es sinnvoll, weitere Mechanismen und Rahmenbedingungen einzubeziehen: u.a. die Rolle von Stressbewältigung und Ressourcenaufbau oder der organisatorischen Einflüsse im Unternehmen, um ein umfassenderes Verständnis der zugrunde liegenden Prozesse zu erlangen.

Quelle: Bergische Universität Wuppertal

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