DiabetesDiabetes mellitus: Zink unterstützt Therapie

Zink beeinflusst die Insulinbildung, Insulinwirkung und Insulinresistenz. Studien zeigen: Die prophylaktische Zinksupplementation hat positive Effekte bei Prodiabetes und Gestationsdiabetes.

Abkürzung für Zink "Zn" in Grafik mit blauem Hintergrund.
alfaolga/stock.adobe.com

von Hans-Georg Claßen , Anna Reich

Im Jahr 1934 entwickelte A. Scott das erste Zinkinsulin, nachdem er gezeigt hatte, dass Insulin Zink enthält und es dadurch in seiner Wirkung gebremst wird [1] [2]. Die Insulinmoleküle werden in den Vesikeln des Golgi-Apparats, der an der Zellmembran der pankreatischen β-Zelle liegt, durch Zinkionen zu Hexameren gebunden und so stabilisiert gespeichert (Zink-Insulin-Komplex). Die β-Zellen benötigen Zink, um richtig zu funktionieren. Tatsächlich haben sie ihren eigenen speziellen Zinktransporter, der es den Zellen ermöglicht, Zink aufzunehmen. Es ist bekannt, dass Genveränderungen in diesem Zinktransporter Typ-2-Diabetes verursachen können, während Typ-1-Diabetes mit Antikörpern gegen diesen Zinktransporter assoziiert ist [3]. Die hohe Bindungsfreudigkeit von Insulinmolekülen an Zink hat mehrere wichtige Auswirkungen. Insulin ist in der Form von Hexameren und nach dem Zerfall in Dimere noch nicht wirksam, sondern nur als Einzelmolekül. Diese Eigenschaft wurde bei der Entwicklung von Insulinpräparaten genutzt: Bei schnell wirkenden Präparaten ist der zu langsame Zerfall der Molekülverbände unerwünscht und es wird nach Möglichkeiten gesucht, den Zerfall zu beschleunigen. Bei lang wirkenden Insulinpräparaten wird die Zinkbindung durch hohe Zinkkonzentrationen zur Verlängerung der Wirkung verstärkt.

Nachdem Alan Walsh in den 1950er-Jahren die AAS-Technik entwickelt hatte – wenig später folgte die Neutronenaktivierungsanalyse – und 3 für Humanstudien geeignete Radioisotope zur Verfügung standen 65Zn – 69mZn – 63Zn, HWZ 38,1 Minuten [4], waren die Werkzeuge für quantitative Studien über einen möglichen Zusammenhang zwischen Zinkinsulin- und Glukosestoffwechsel unter physiologischen und pathophysiologischen Bedingungen gegeben.

Diagnose des Zinkmangels

Trotz geeigneter analytischer Verfahren ist die laborchemische Diagnose leichterer Formen des Zinkmangels problematisch. Der Gesamtgehalt eines 70 kg schweren Menschen beträgt ca. 2–4 g Zink [5]. Etwa 95 % des Gesamtkörperbestands an Zink finden sich intrazellulär. Gewebe mit hohem Zinkgehalt sind Leber, Pankreas, Muskeln, Hoden, Prostata, Iris und Retina sowie Haut, Anhangsorgane und Knochen. Im Plasma sind nur etwa 0,1 % des Gesamtbestands enthalten; die Referenzwerte betragen 70–μg/dl (11–17 μmol/l) und liegen um durchschnittlich 15 % niedriger als im Serum mit 85–130 μg/dl (13–20 μmol/l). Die höhere Konzentration im Serum ist durch die hohe Zinkkonzentration in den Thrombozyten zu erklären, das bei der Blutgerinnung freigesetzt wird. Bei Bedarf kann Zink aus den Speichern mobilisiert werden: Bei moderater Zinkrestriktion (3,4–5,5 mg/d anstatt 7–10 mg/d) fiel das Serumzink nur in 2 von 5 Studien nach 7 – 90 Tagen auf 82–86 % des Ausgangswerts; in den 3 anderen Studien fand sich kein Abfall [6] [7].

Eine Alternative zu den Blutuntersuchungen sind Schätzungen der Tageszufuhr in Relation zu den Zufuhrempfehlungen; die computerunterstützt errechneten Werte (EBIS, Uni Hohenheim) stimmten weitgehend mit denen nach der Duplikatmethode gewonnenen und gemessenen Konzentrationen überein [8]. Allerdings ist bei hoher Phytatzufuhr (insb. in Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten) die Bioverfügbarkeit von Zink um bis zu 45 % reduziert. Bei einem hohen Phytatgehalt der Kost muss laut den aktuellen DGE-Empfehlungen daher auch die Zinkzufuhr entsprechend (um 14–40 %) erhöht werden [9]. Die enterale Resorption von Zink kann auch bei gleichzeitiger Gabe von Eisen-, Kupfer- und Kalziumsalzen vermindert sein; die Einnahme sollte deshalb zeitlich getrennt erfolgen [6].

Diabetes und Zinkmangel?

Frühere Studien aus den 1970er-Jahren ergaben keinen gesicherten Zusammenhang zwischen Serumzink und Blutzuckerwerten, jedoch streuten die Ergebnisse der Diabetikerwerte deutlich stärker als die der Normalwerte [5]. Fernandez-Cao et al. [10] werteten 11 150 Publikationen aus und analysierten hiervon 11 Arbeiten: Die Zinkaufnahme war bei Diabetiker*innen mit Komplikationen signifikant niedriger als bei Kontrollen. Die Blut-Zinkkonzentrationen nahmen in Abhängigkeit von der Dauer der Erkrankung kontinuierlich ab, was nicht allein durch diätetische Einflüsse erklärbar war. Eine im Vergleich zu den Zufuhrempfehlungen höhere Zinkzufuhr reduzierte das Risiko für Typ-2-Diabetes um 13 % und um bis zu 41 % in ländlichen Gegenden. Große prospektive epidemiologische Studien wie die Nurses’ Health Study (NHS) in den USA, die australische Study on Women’s Health Cohort Study, die Malmö Diet and Cancer Study und die japanische Collaborative Cohort Study haben den Zusammenhang zwischen der Zinkzufuhr aus verschiedenen Quellen und dem Diabetes-Typ-2-Risiko untersucht mit z. T. widersprüchlichen Ergebnissen. Die NHS ergab als erste einen Zusammenhang zwischen der Höhe der Zinkzufuhr und dem Risiko eines Typ-2-Diabetes über die Folgejahre [10] [11].

Zinksupplementation bei (Pro-)Diabetes

Capdor et al. [12] untersuchten in einer Metaanalyse (13 Studien mit 3978 Individuen) die Wirkung einer Zinksupplementation (3–240 mg/d; Median 30 mg/d [3]): Es fand sich eine schwache, aber signifikante Abnahme des Nüchternblutzuckers, HbA1C zeigte eine abnehmende Tendenz, das Plasmazink stieg signifikant an (+4,03 μmol/l). Ranasinghe et al. [4] [13] untersuchten in einer randomisierten, doppelblind placebokontrollierten Studie den Einfluss von Zink (als Sulfat) auf Patient*innen mit Prädiabetes: 200 durchschnittlich 52 Jahre alte Personen (43 % Männer) erhielten während 12 Monaten 25 mg Zink/d oder Placebo und wurden zu den Zeitpunkten 0, 1, 3, 6 und 12 Monaten kontrolliert. In beiden Gruppen war das Serumzink zu Beginn erniedrigt (15.29-21.41 μmol/l). Während der Beobachtungszeit entwickelten die Patient*innen der Verumgruppe signifikant seltener einen Typ-2-Diabetes (11 % gegenüber 25 %; P = 0.016) und Nüchternblutzucker, HOMA-IR-Test, Gesamt- und LDL-Cholesterin waren signifikant niedriger.

Karamali et al. [15] führten eine randomisierte, doppelblind placebokontrollierte Studie an 58 Primapara (18–40 Jahre alt) mit Gestationsdiabetes durch. Die Schwangeren der Verumgruppe (n = 29) erhielten 30 mg Zink/d (als Gluconat), die Kontrollen (n = 29) ein Placebo während 6 Wochen. In der Verumgruppe stieg das Se-rumzink signifikant an, der Nüchternblutzucker war signifikant erniedrigt, ebenso das Seruminsulin, das HOMA-IR und der quantitative Insulincheck-Index (QUICKI) war erhöht. Die Serumtriglyceride waren niedriger und das VLDL-Cholesterin erhöht.

Die Ergebnisse v. a. der beiden letztgenannten Studien sollten zu Folgestudien anregen, wobei zusätzlich geprüft werden müsste, ob die Verfügbarkeit von Kupfer beeinflusst und die Aufnahme und Speicherung von Eisen vermindert wird [6].

Schlussfolgerung

Zink wird von über 3000 Enzymsystemen benötigt. Einige davon sind in den Blutzuckerstoffwechsel involviert und sind so wichtig, dass ein Mangel an Zink an sich Diabetes Typ I oder Typ II verursachen könnte. Zink ist an der Insulinsynthese, -speicherung, -kristallisation und -sekretion in der Pankreas-β-Zelle sowie an der Wirkung und Translokation von Insulin in die Zellen beteiligt. Darüber hinaus scheint Zink durch die Aktivierung der Phosphoinositol-3-Kinase/Protein-Kinase-B-Kaskade eine Rolle bei der Insulinsensitivität zu spielen. Aufgrund einer insulinmimetischen Wirkung stimuliert Zink die Glukoseaufnahme in insulinabhängige Gewebe. Ferner ist Zink an der Hemmung proinflammatorischer Zytokine wie Interleukin-1β und Faktor κB beteiligt. Infolge erhöhter Verluste durch den Urin sind Diabetiker*innen gefährdet, einen latenten Zinkmangel zu entwickeln [6]. Hinzu kommen mögliche diätetische Fehler:

  • zinkarm (<5 mg/kg Frischgewicht) sind Fette, Weißbrot, Hülsenfrüchte, grüne Gemüse und Obst;

  • mäßig zinkhaltig (5–20 mg/kg Frischgewicht) Eier, Milch, Käse, Fisch, Karotten, Kartoffeln, Vollkornbrot und

  • zinkreich (20–50 mg/kg Frischgewicht) Muskelfleisch, Innereien und

  • sehr zinkreich (>50 mg/kg Frischgewicht) Austern, Weizenkeime [6].

Auf die Phytatproblematik wurde bereits oben hingewiesen [9]. Neben geeigneter diätetischer Beratung ist im Zweifelsfall eine zusätzliche Supplementierung mit Zink indiziert, auch zur Prophylaxe [13]. Die EFSA hat einen Upper Safe Level (UL) von 25 mg Zink/d für Erwachsene vorgeschlagen, der auch für schwangere und stillende Frauen gilt [16].

Prof. Dr. med. Hans-Georg Classen
Facharzt für Pharmakologie
 

Dr. med. Anna Reich
Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten

[1] Rutty CJ. Connaught Laboratories & The Making of Insulin. Connaught Fundhttps://connaught.research.utoronto.ca/history/article3/; Stand: 02.08.2021

[2] Best CH, Scott DA. The preparation of insulin. J Biol Chem 1923; 57: 709-723

[3] Solomons NW, Cousins RJ. Zinc.. In: Solomons NW. Rosenberg ICH. , eds. Absorption and malabsorption of mineral nutrients. New York: Alan R. Riss, Inc.; 1984: 125-197

[4] Yi B, Huang G, Zhou Z. Different role of zinc transprter 8 between type 1 diabetes mellitus and type 2 diabetes mellitus. J Diabetes Invest 2016; 7: 459-465

[5] Holtmeier H-J, Kuhn M, Rummel K. Zink, ein lebenswichtiges Mineral. Stuttgart: Wiss Verlagsgesellschaft mbH; 1976: 40-43

[6] Claßen HG, Gröber U, Löw D. et al. Zink-Mangel. Symptome, Ursachen, Diagnose und Therapie. Med Monatsschr für Pharmazeuten 2011; 34: 87-95

[7] Claßen HG, Gröber U, Kisters K. Zink – das unterschätzte Element. Med Monatsschr für Pharmazeuten 2020; 43: 149-157

[8] Wörwag M, Claßen HG. Magnesium and zinc deficiency of nursing home residents caused by malnutrition?. Magnesium-Bull 1998; 20: 83-91

[9] Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Zinkwww.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/zink/; Stand: 02.08.2021

[10] Fernandez-Cao JC, Warthon-Medina M, Moran VH. Dietary zinc intake and whole blood zinc concentration in subjects with type 2 diabetes versus healthy subjects: A systematic review, meta-analysis and meta-regression. J Trace Elem Med 2018; 49: 241-251

[11] Fernandez-Cao JC, Warthon-Medina M, Moran VH. et al. Zinc intake and status and risk of type 2 diabetes mellitus: A systemic review and meta-analysis. Nutrients 2019; 11: 1027. https://doi.org/10.3390/nu11051027

[12] Capdor J, Foster M, Petocz P, Samman S. Zinc and glycemic control: a meta‐analysis of randomised placebo controlled supplementation trials in humans. J Trace Elem Med Biol 2013; 27: 137-142. DOI: 10.1016/j.jtemb.2012.08.001.

[13] Ranasinghe P, Wathurapatha WS, Galappatthy P. et al. Zinc supplementation in prediabetes: A randomized double-blind placebo-controled clinical trial. J Diabetes. 2018; 10: 386-397. DOI: 10.1111/1753-0407.12621.

[14] Ranasinghe P. et al: Zinc supplementation in pre-diabetes: study protocol for a randomized controlled trial. Randomized ControlledTrials 2013; 19: 14-52. DOI: 10.1186/1745-6215-14-52.

[15] Karamali M, Bahramimoghadam S, Sharifzadeh F. Asemi. Zinc supplementation and the effects on metabolic status in gestational diabetes: A randomized, double-blind, placebo-controlled trial. Appl Physiol Nutr Metab 2018; 43: 565-570. DOI: 10.1139/apnm-2017-0521.

[16] Scientific Committee on Food (SCF) on the upper levels of vitamins and minerals: Opinion of the Scientific Committee on Food on the tolerable upper intake level of zink. (expressed on 5 March 2002).. 201.