PräventionErhöhtes Darmkrebsrisiko bei Typ-2-Diabetes: Vorsorge zu selten wahrgenommen

Menschen mit Typ-2-Diabetes haben im Vergleich zu Stoffwechselgesunden ein doppelt so hohes Darmkrebsrisiko. Vorsorgeangebote werden zu selten wahrgenommen.

Diabetes mellitus; Insulinspritze und Stethoskop
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Ursache für das erhöhte Krebsrisiko bei Diabetiker*innen sind Stoffwechsel- und Entzündungsprozesse.

Krebs ist die häufigste Todesursache bei Menschen mit Diabetes Typ 2. Krebsprävention und -früherkennung ist für Betroffene daher besonders wichtig. Doch wird sie gerade von dieser Patientengruppe – insbesondere bei Darmkrebs – zu selten in Anspruch genommen, kritisieren die Arbeitsgemeinschaft „Diabetes und Krebs“ der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) sowie die Stiftung „LebensBlicke“. Die Darmkrebsfrüherkennung per Stuhltest (IFOBT) ist unkompliziert und schnell zu Hause durchführbar.

Zusätzlich erstatten einige Krankenkassen seit etwa einem Jahr auch jüngeren Hochrisikopatient*innen unter 50 Jahren Vorsorgekoloskopien, die Darmkrebs und seine Vorstufen noch zuverlässiger als IFOBTs aufspüren und verhindern. Die DDG und die Stiftung „Lebensblicke“ fordern Ärzt*innen dazu auf, ihre Patient*innen vermehrt über diese niederschwelligen Vorsorgemöglichkeiten aufzuklären und raten Betroffenen zur Wahrnehmung dieser Angebote.

Bei Menschen mit einem Diabetes Typ 2 bilden sich – im Vergleich zu ihren gesunden Mitmenschen – häufiger bösartige Zellveränderungen im Dickdarm und anderen Geweben.

"Das Darmkrebsrisiko ist etwa doppelt so hoch wie bei Stoffwechselgesunden. Besteht darüber hinaus noch eine familiäre Vorbelastung, erkranken Diabetespatient*innen im Schnitt sogar bis zu 18 Jahre früher an dieser Krebsart“, erklärt Prof. Hans Scherübl von der AG „Diabetes und Krebs“ der DDG.

Ursache für das erhöhte Erkrankungsrisiko bei Typ-2-Diabetes sind bestimmte Stoffwechsel- und Entzündungsprozesse durch das mit der Stoffwechselerkrankung häufig assoziierte Übergewicht, sowie die Wirkung des zugesetzten Insulins, oder ein dauerhaft erhöhter Blutzuckerspiegel.

„Besonders darmkrebsgefährdet sind übergewichtige Menschen mit einem insulintherapierten Diabetes Typ 2“, führt Prof. Jürgen F. Riemann von der Stiftung „LebensBlicke“ aus. „Gravierend ist, dass sich Adipositas und Diabetes weltweit zu regelrechten Epidemien entwickelt haben, sie in einer Wechselwirkung miteinander stehen und dadurch Krebserkrankungen begünstigen.“ So erkranken immer mehr jüngere Erwachsene unter 50 Jahren an Darmkrebs.

„Umso problematischer ist es, wenn Betroffene die niederschwelligen Angebote der Darmkrebsvorsorge nicht wahrnehmen oder darüber zu wenig aufgeklärt werden“, mahnt Scherübl, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am Vivantes-Klinikum Am Urban in Berlin.

In den Niederlanden und England betrage die Teilnahmerate bei der Darmkrebsvorsorge mit Stuhlbluttests rund 70 Prozent. In Deutschland nehmen lediglich 10 bis 20 Prozent diese Angebote wahr. Dabei seien die Maßnahmen zur Darmkrebsfrüherkennung sehr niederschwellig: „Stuhltests erfordern keine Vorbereitung, sind nichtinvasiv und können von Patient*innen selbst zu Hause angewendet werden“, ergänzt Riemann.

Liegen neben einem Diabetes mellitus weitere Risikofaktoren wie Tabak- oder Alkoholkonsum, Übergewicht oder eine familiäre Belastung vor, übernehmen einige Krankenkassen inzwischen auch die Kosten für eine frühere Vorsorgekoloskopie – bei Männern ab dem 40. und bei Frauen ab dem 45. Lebensjahr. „Dieses Angebot sollten diese Hochrisikopatient*innen unbedingt nutzen“, empfiehlt Gastroenterologe Riemann. „Darmkrebs ist gut heilbar – aber nur, wenn er früh erkannt wird.“

Die Experten weisen darauf hin, dass in Zukunft die Darmkrebsvorsorge noch effektiver sein wird. Derzeit werde sehr erfolgreich an innovativen Bluttests, die mit Biomarkern arbeiten und die mikrobielle Erbsubstanz detektieren, sowie neuen Stuhltests, wie Multitarget-Stuhl-DNA-Tests, gearbeitet.

Literatur

Scherübl H. Typ-2-Diabetes-mellitus und Krebsrisiko. Dtsch Med Wochenschr 2021; DOI: 10.1055/a-1529-4521DOI:10.1055/a-1529-4521

Quelle: Deutsche Diabetes Gesellschaft