4 Fachleute – 4 Behandlungsmethoden4 wichtige Aspekte zur Vorbereitung auf einen Marathon

Bei der Vorbereitung auf einen Marathon gibt es vieles zu beachten. 4 Autoren aus 4 Fachbereichen geben Ihnen Tipps für die Aspekte Ernährung, körperliches und geistiges Training sowie Medizinchecks.

runner training outdoors
carballo/stock.adobe.com

Von Dr. med. Simeon Geronikolakis, Dr. med. Hedwig Gupta, Hans-Josef Haas und Dr. Claudia Osterkamp-Baerens


Inhalt

Medizincheck: körperliche Voraussetzungen prüfen
Mentale Vorbereitung auf körperliche Höchstleistungen
Training: frühzeitig und gut dosiert
Ernährung während des Marathon-Trainings

 

Um vor Beginn der Trainingsvorbereitung auf eine große sportliche Herausforderung wie einem Marathonlauf zu prüfen, inwieweit und wie schnell man seinen Körper ans Limit bringen kann, sollte sich jeder, insbesondere jedoch Laufanfänger und über 35-Jährige, einer sportärztlichen Vorsorgeuntersuchung unterziehen. Dieser sog. Medizincheck beinhaltet einen internistischen sowie einen orthopädischen Teil und dient in erster Linie dazu, mögliche, klinisch evtl. inapparente Vorerkrankungen zu erkennen und die damit verbundenen Risiken bei sportlicher Belastung zu limitieren.

Durch die internistische Untersuchung sollen speziell das Herz-Kreislauf-System, die Lunge und der Stoffwechsel überprüft werden. Dabei können vorhandene, vielleicht sogar angeborene (und somit möglicherweise auch Jugendliche betreffende) krankhafte Veränderungen detektiert werden, die erst recht bei körperlicher Aktivität die Gesundheit des Sportlers gefährden könnten. Wesentliche Inhalte des internistischen Check-ups sind, neben der Anamnese und der klinischen Untersuchung, das Ruhe-EKG und das Blutbild. Fakultativ können teilweise, auch aus leistungsdiagnostischen Gesichtspunkten, eine Herzechokardiografie, ein Belastungs-EKG, eine Lactatuntersuchung und eine Spiroergometrie ergänzt werden.

Beim orthopädischen Teil des Medizinchecks findet zunächst eine ausführliche Befragung des Sportlers statt, und es wird eine Verletzungshistorie erstellt. In der nachfolgenden körperlichen Untersuchung werden Gelenke, Bänder, Knochen, Sehnen sowie Muskeln getestet, und es wird Ausschau nach Haltungsschwächen, muskulären Ungleichgewichten, Defiziten und Asymmetrien gehalten.

Bei Notwendigkeit kann durch entsprechende bildgebende Verfahren eine weitere Abklärung stattfinden. Die Auffälligkeiten können daraufhin angesprochen und direkt sowie vor allem im Rahmen einer individuell abgestimmten Verletzungsprophylaxe angegangen werden, um das Risiko für Folgeschäden und Überlastungsbeschwerden zu reduzieren.


Autor

Dr. med. Simeon Geronikolakis, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Sportmedizin, Manuelle Medizin/Chirotherapie, M-Arzt der VBG, Nationalmannschaftsarzt DFB Junioren U18–U20

www.dr-geronikolakis.de

„Die Kraft des Geistes ist größer als die Kraft der Substanz.“ Diesen Satz kann man als Leitsatz des ayurvedischen Ansatzes sehen. Die Fähigkeit, in einem bestimmten Moment die Höchstleistung erbringen zu können, ist nicht nur vom körperlichen Training abhängig, sondern auch vom mentalen. Dies umfasst mehrere Aspekte: die ruhige Konzentration, die schnelle Reagibilität, die perfekte Koordination und das volle Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. 

Als Basis wird täglich die ayurvedische Gesunderhaltung eingesetzt:

Die Morgenhygiene besteht nicht nur aus Körperpflege, sondern integriert täglich Meditation und achtsame Übungen. Dies fördert die neuromotorische Koordination, verkürzt die Reaktionszeit und stabilisiert vegetativ bei geistiger Klarheit. Die Tagesroutine sorgt für einen bewussten Einsatz der Sinne, rhythmisiert und stabilisiert. Den Alltag in ruhiger Achtsamkeit zu leben trainiert diese Qualität so, dass sie in Wettkampfsituationen leichter abrufbar ist. Auch Trainings- und Erholungsphasen des Sportlers werden rhythmisiert. 

Die konkrete mentale Vorbereitung beinhaltet das geistige Vorwegnehmen der Wettkampfsituation durch mentales Training. Jede kleinste Bewegung, die in der Situation notwendig ist, wird im Geist mehrfach visualisiert und so lange in der Vorstellung geübt, bis der Sportler aus allen denkbaren Schwierigkeiten unbeeindruckt und leicht herauskommt. Die psychische Belastung der Prüfungssituation wird durch das in der Meditation erübte Zeugenbewusstsein gelindert, das bewirkt, dass der Sportler sich nicht emotional in der Situation verliert, sondern sich nur beobachtet. Der Sportler ermutigt sich im inneren Dialog und richtet den Fokus immer wieder auf den nächsten Abschnitt des Wettkampfs. Dafür können auch mantras, Affirmationen und samkalpas (Losungen) eingesetzt werden, die kontinuierlich in der täglichen Routine wiederholt werden. Sinne und Geisteskräfte werden dabei auf das Überwinden der eigenen Grenzen ausgerichtet.


Autorin

Dr. med. Hedwig Gupta, Fachärztin für Orthopädie und Rheumatologie, Ayurveda, therapeutischer Yoga, Akupunktur, manuelle Medizin Vorsitzende der Deutschen Ärztegesellschaft für Ayurveda Medizin (DÄGAM e.V.) Leiterin der vidya sagar Akademie für Ayurveda und Yogatherapie

Für eine große sportliche Leistung wie einen Marathonlauf sollte eine sorgfältige, etwa einjährige Vorbereitung stehen. Das folgende Training sollte dosiert begonnen werden. Oft ist die Muskulatur nicht auf das Lauftraining vorbereitet. Hier hilft vorab ein 4- bis 8-wöchiges Kraft- und Beweglichkeitstraining. Dabei sollte das Augenmerk neben den Extremitäten auch auf der Rumpfstabilität liegen. Ebenso kann die Laufökonomie schon früh trainiert werden. Unter Anleitung eines erfahrenen Lauftrainers werden mit Übungen aus dem sog. Lauf-ABC Schrittlänge, -frequenz, Oberkörper- und Armhaltung sowie die Führung der Beinachsen verbessert. Die Folge: gezielter Energieaufwand für nützliche Bewegungen und Ausschluss von überflüssigen und energiezehrenden Mitbewegungen. Auch das Risiko an sog. Laufbeschwerden (Achillessehnenschmerzen, Schienbeinkantensyndrom, Patellarsehnenproblematiken etc.) zu erkranken, lässt sich mithilfe erfahrener Lauftrainer reduzieren. 

Das eigentliche Lauftraining kann mit 2-mal wöchentlich 20–40 Min. gestartet werden, die in den folgenden Wochen auf 40–90 Min. ausgedehnt werden. Erst nach mehreren Wochen kann man die Häufigkeit auf 3- oder 4-mal die Woche erhöhen. Das genügt i.d.R. in den letzten 3 Monaten vor dem Marathonlauf. Wichtig wird in diesen letzten Monaten, einmal pro Woche längere Läufe über 1,5–2,5 Stunden zu absolvieren. Und noch wichtiger wird in dieser Zeit, langsame und länger dauernde Trainingsläufe (gefühlt eher unangenehm langsames Laufen) von kurzen und schnellen Trainingseinheiten zu unterscheiden. Langsame und längere Trainingseinheiten sind wichtig für das Training des Fettstoffwechsels, der für den Marathon einen entscheidenden Beitrag zur Energiegewinnung leistet. Kurze und schnellere Trainingsläufe verbessern demgegenüber in kurzer Zeit die maximale Sauerstoffaufnahme (und wahrscheinlich noch andere wichtige Parameter der Ausdauer), die als wichtigstes Bruttokriterium für die aeroben Energiegewinnungsprozesse gilt.

Fazit: Wichtig ist, sich Zeit zu nehmen, aber auch konsequent zu sein.

 


Autor:

Hans-Josef Haas, Dipl. Sportwissenschaftler spt-education

In der Vorbereitung auf den Marathon findet der größte Teil des Ausdauertrainings im Bereich der aeroben Glykolyse statt. Um diese Art der Energiebereitstellung im Muskel trainieren zu können, ist eine ausreichende Kohlenhydratverfügbarkeit im Training Voraussetzung. Für „Beginner“ mit 3–5 Laufeinheiten pro Woche ist die beste Strategie, die Kohlenhydratzufuhr an diese Einheiten zu koppeln: Steht eine Laufeinheit von mehr als 60 min Dauer an, ist eine Aufnahme von 4 g Kohlenhydraten (KH) pro Kilogramm Körpergewicht in den letzten 4 h vorher eine gute Orientierung. Die Mahlzeiten sollten leicht verdaulich sein (niedriger Fett-, Eiweiß- und Ballaststoffgehalt; eher warme Zubereitung). Liegen bis zur nächsten Trainingseinheit mehr als 20 h Pause, ist ausreichend Zeit für die Wiederauffüllung der KH-Speicher vorhanden. Eine KH-Aufnahme direkt nach dem Training ist dann nicht notwendig, aber natürlich erlaubt. Das gleiche gilt für die KH-Zufuhr vor regenerativen, sehr lockeren Einheiten oder Stretching.

Vorausgesetzt das Training wird euhydriert begonnen, ist eine Flüssigkeitsaufnahme während Laufeinheiten erst ab einer Dauer von 60 min und großer Hitze notwendig, dann am besten über ein natriumhaltiges Elektrolytgetränk. KH sollten ab einer Laufdauer von 2 h enthalten sein (Ausnahme gezielte Fettstoffwechseleinheiten). Die Trinkmengen sollten grundsätzlich nie den schweißbedingten Flüssigkeitsverlust überschreiten, um eine belastungsbedingte Hyponatriämie zu vermeiden. Für „Beginner“ ist eine gute Strategie, die Flüssigkeitszufuhr an ihrem Durstgefühl zu orientieren.

Bei Eiweiß, Vitaminen und Mineralstoffen ist der Bedarf bei den o. g. Trainingsumfängen nur wenig erhöht. Ihre Zufuhr steigt mit den üblichen Empfehlungen für Obst, Gemüse, Vollkornprodukte und Eiweißträger durch den insgesamt größeren Lebensmittelverzehr i.d.R. automatisch ausreichend an. In der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung ist das Planen und Üben der Marathonverpflegung („Train the gut“) und ein Carboloading (7–10 g KH/kg KG an den letzten 1–2 Tagen vor dem Start) wichtig.


Autorin:

Dr. Claudia Osterkamp-Baerens, Diplom-Oecotrophologin

www.topathleat.de

www.claudia-osterkamp.de


Dieser Text erschien in der ZKM 1/2020.

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