Klima und GesundheitUmweltverschmutzung führt jährlich zu 9 Millionen Todesfällen weltweit

Neue Studienergebnisse zeigen, dass sich jeder sechste Todesfall auf Umweltverschmutzungen zurückführen lässt. Über 90 Prozent aller vorzeitigen Todesfälle durch die Umweltbelastung ereignen sich in einkommensschwachen Ländern.

Smog über Großstadt
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Als Hauptursachen für die vorzeitigen Todesfälle gelten v.a. Schwermetallbelastung und Luftverschmutzung.

Um 66 Prozent hat seit der Jahrtausendwende die Zahl der vorzeitigen Todesfälle zugenommen, die durch moderne Formen der Umweltverschmutzung aus Industrie, Verkehr und Landwirtschaft verursacht werden. Daran sterben immer noch Jahr für Jahr mehr als neun Millionen Menschen weltweit - jeder sechste Todesfall geht auf das Konto dieser Ursache. Das hat ein internationales Expert*innenteam nachgewiesen, dem auch Prof. Stephan Böse-O'Reilly vom Klinikum der Universität München (LMU) angehört.

Schon 2015 hatte die sogenannte „Lancet Commission on Pollution and Health“ eine Analyse der vorzeitigen Todesfälle durch Schadstoffe in Innenräumen sowie der Umwelt „draußen“ in Luft und Wasser vorgenommen. Damals waren vor allem Schadstoffquellen wie Luftverschmutzung in Haushalten, Wasserverschmutzung und unzureichende sanitäre Einrichtungen Treiber der Todesstatistik. „Jetzt sind es besonders die Luftverschmutzung in der Umwelt und die Belastung mit Schwermetallen“, sagt Prof. Stephan Böse-O'Reilly. Allein an Blei sterben weltweit mehr Menschen als an Malaria.

Bilanz der Umweltbelastung in Industrie- und Entwicklungsländern

Über 90 Prozent dieser Todesfälle passieren in Ländern mit niedrigen oder mittleren Einkommen wie z.B. in Indien. Dort leben viele Menschen eng zusammen, die Belastung des Wassers ist hoch und die verkehrsbedingte Luftbelastung groß. Im Innenraum wird oft mit Holzkohle gekocht, im Außenraum ist die industrielle Belastung durch Schadstoffe weder hinreichend reguliert noch überwacht.

In der EU hingegen ist die Umweltverschmutzung ein vergleichsweise geringes Problem. „Die Umweltbelastung in der Europäischen Union hat sich deutlich verbessert“, sagt Böse-O’Reilly. „Gerade die Luftbelastung ist einerseits durch Regulierungsmaßnahmen besser geworden. Deshalb haben wir vergleichsweise weniger Todesfälle durch Umweltbelastung, schon gar nicht durch Quecksilber oder Blei, und wenn, dann durch Feinstaub in der Außenluft.“ Andererseits steht Europa auch deshalb so gut da, weil sich die industrielle Produktion in Länder mit niedrigen bis mittleren Einkommen verlagert hat.

Umweltverschmutzung ist mithin ein globales Problem, mit einer weitreichenden Verantwortung auch für die reichen Industriestaaten. „Wenn wir den Menschen mehr gesunde Lebensjahre schenken wollen, muss die Politik das globale Problem der Umweltverschmutzung anpacken“, so Umweltmediziner Böse-O’Reilly. Die Umweltverschmutzung ist eng verbunden mit dem Klimawandel, weil die Luftschadstoff-Emissionen sehr viel mit dem Ausstoß von Kohlendioxid zu tun haben. „Wenn wir die CO2-Situation verbessern würden, würde sich automatisch auch die Umweltverschmutzung verringern.“

Projektförderung: Krankheitsrisikobewertung verschiedener Substanzen

Die EU will die Exposition von Schadstoffen weiter reduzieren und die Krankheitsrisikobewertung verschiedener Substanzen optimieren, indem die vorliegenden Daten aus ganz Europa harmonisiert und neue Erkenntnisse durch Studien geschaffen werden sollen. Dafür hat die EU unter anderem das Projekt PARC („Partnership for the Assessment of Risk from Chemicals“) ins Leben gerufen, an dem auch die LMU-Umweltmediziner*innen um Stephan Böse-O‘Reilly beteiligt sind. Sie sind Expert*innen für Nachweisverfahren giftiger Metalle wie Blei oder Quecksilber und in der Entwicklung neuer Methoden im Mikrosampling. Das ist etwa wichtig, wenn man eine Schadstoffbelastung bei Säuglingen testen will.

Quelle: Pressemitteilung/Klinikum der Universität München

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