Morbus ParkinsonParkinson: Biomarker zeigen, wer von welcher Therapie profitiert

Eine neue Methode weist fehlgefaltetes Alpha-Synuclein im Hirnwasser nach. Dies wiederum ist für Alpha-Synuclein-gerichtete Therapieansätze relevant, zu denen bereits erste Studien laufen.

Illustration einer DNA-Struktur, Gen
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Die Bestimmung genetischer Parkinson-Risikovarianten hilft, Therapien zielgerichtet einzusetzen.

Die Zukunft der Parkinson-Behandlung liegt in zielgerichteten Therapien, die an der Ursache ansetzen. Dabei wächst der Stellenwert von Genetik und Biomarkern in der Parkinson-Forschung. „Neue Biomarker zur Einordnung der vorherrschenden Pathologie und Stoffwechselwege sind z.B. für klinische Studien im Bereich neuer Wirkstoffe sehr wichtig“, sagt PD Dr. Kathrin Brockmann, Leiterin der Parkinson-Ambulanz am Universitätsklinikum Tübingen.

Fortschritte bei der Erforschung genetischer Risikovarianten

Die Entstehung der Parkinson-Krankheit hat vielfältige Ursachen, so Brockmann. Bestimmte genetische Veränderungen sowie auch nicht genetische Risikofaktoren können das Erkrankungsrisiko erhöhen. Zu Letzteren zählt insbesondere das Altern, aber auch der langjährige Gebrauch von Pestiziden oder wiederholte Hirntraumata.

Die technischen Fortschritte der letzten Jahre haben der Forschung nach den genetischen Ursachen einen Schub gegeben. „Es ist gelungen, neben klaren erblichen Formen auch wichtige genetische Risikovarianten zu identifizieren“, berichtet Brockmann. So kennen wir neben den seltenen Mutationen in den Genen LRRK2, Parkin und PINK1 vor allem Mutationen im GBA-Gen als derzeit wichtigsten genetischen Faktor für die Parkinson-Erkrankung. „Die Kenntnis über die im Rahmen von genetischen Mutationen beteiligten Stoffwechselwege wird zu vielversprechenden Entwicklungen im Bereich der krankheitsmodifizierenden und -spezifischen Therapieentwicklung beitragen“, so die Einschätzung von Brockmann. 

Biomarker für zielgerichtete Therapie

Die Parkinson-Erkrankung hat nicht nur eine genetische Komponente, sie wird auch durch externe Faktoren beeinflusst:

  • Pflanzenschutzmittel wie Herbizide und Pestizide begünstigen eine Parkinson-Erkrankung.
  • Ein gesunder Lebensstil mit z.B. regelmäßiger sportlicher Betätigung können das Erkrankungsrisiko senken.

Die äußeren Umstände modulieren in komplexer Weise das individuelle Krankheitsrisiko und auch den Verlauf, betont Brockmann. Die Heterogenität in der Krankheitsentstehung als Zusammenspiel genetischer und externer Faktoren unterstreicht den Bedarf an Biomarkern, die zwischen den jeweils beteiligten Stoffwechselwegen sowie den zugrunde liegenden Pathologien unterscheiden können.

Mit spezifischen Biomarkern könnte gezielt identifiziert werden, welche Parkinson-Patient*innen von einem bestimmten Therapieansatz höchstwahrscheinlich profitieren.

Neue Methode weist fehlgefaltetes Alpha-Synuclein im Hirnwasser nach

Viele unterschiedliche Stoffwechselwege führen zur Parkinson-Erkrankung und zu deren Voranschreiten. Bei der Mehrzahl der Menschen mit Parkinson haben sie eine gemeinsame Endstrecke: die Ausbreitung und Ablagerung des fehlgefalteten Eiweißes Alpha-Synuclein.

Alpha-Synuclein ist damit ein zentraler Angriffspunkt für modifizierende Therapien. Derzeit laufen erste Studien mit Impfungen gegen fehlgefaltete Formen des Alpha-Synuclein. Die Herausforderung sei vorherzusagen, bei welchen Patient*innen besonders viel von dem fehlgefalteten Alpha-Synuclein vorliegt, das das Fortschreiten der Erkrankung treibt“, erklärt Brockmann.

Seit Kurzem ist es mithilfe eines neuen seed amplification assay (SAA) erstmals möglich, das Vorhandensein von fehlgefaltetem Alpha-Synuclein individuell mit einer 95-%-Genauigkeit zu messen. Am besten gelingt dies aktuell im Hirnwasser, doch es werden auch Analysen in Blut, Haut und Schleimhaut versucht.

Interessanterweise zeigen sich im Hirnwasser bei Patient*innen mit genetischen Veränderungen je nach betroffenem Gen ganz unterschiedliche Profile [3]. So wiesen 93 % der Parkinson-Patient*innen mit Mutationen im GBA-Gen ein klares Alpha-Synuclein-Profil auf, während dies in nur 78 % der Patient*innen mit Mutation im LRRK2-Gen zu finden war und Patient*innen mit zwei Mutationen in den Genen Parkin oder PINK1 gar kein fehlgefaltetes Alpha-Synuclein im Nervenwasser aufwiesen [3].

Die (Nervenwasser-)Analyse mit diesem neuen SAA eigne sich damit zur Identifizierung von Patient*innen mit besonders viel fehlgefaltetem Alpha-Synuclein. Dies wiederum ist für Alpha-Synuclein-gerichtete Therapieansätze relevant, schlussfolgert die Expertin.

Kompetenz- und Studienzentren zu Parkinson in Deutschland

Übersicht spezialisierter Parkinson-Zentren in Deutschland:

 https://www.kompetenznetz-parkinson.de/index.php/zentren-a-z

Übersicht zu laufenden klinischen Studien für Patient*innen:

https://www.kompetenznetz-parkinson.de/index.php/neue-nachrichten

Quelle: www.kompetenznetz-parkinson.de

Quelle: Pressekonferenz/Kongress Parkinson und Bewegungsstörungen 2023/Ni

Literatur

[1] www.mdsgene.org/

[2] www.gp2.org

[3] Brockmann K, Quadalti C, Lerche S et al. Association between CSF alpha-synuclein seeding activity and genetic status in Parkinson’s disease and dementia with Lewy bodies. acta neuropathol commun 2021;  https://doi.org/10.1186/s40478-021-01276-6

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