HypertonieSchlafstörungen: Risikofaktor für Bluthochdruck

Dauerhafte Schlafstörungen begünstigen Bluthochdruck. Sie wurden deshalb als relevanter Risikofaktor in die europäischen Leitlinien für Bluthochdruck aufgenommen.

Frau misst Blutdruck am Handgelenk
K. Oborny/Thieme. Stockphoto - Posed by a Model

Menschen mit Schlafstörungen sollten regelmäßig Blutdruck messen.

Dauerhafte Schlafstörungen begünstigen organische und psychische Erkrankungen. Sie sind zudem ein deutlicher Risikofaktor für die Entwicklung von Bluthochdruck. Daher wurden Schlafstörungen nun als neuer Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in die Hypertonie-Leitlinie der europäischen Gesellschaft für Bluthochdruck aufgenommen.

Menschen mit gestörtem Schlaf haben Studien zufolge ein 1,5 bis 3-fach höheres Risiko für eine Bluthochdruckerkrankung [2,3]. Sichere Auskunft darüber, ob die Schlafstörungen eine organische Ursache haben, oder ob der Blutdruck bereits krankhaft erhöht ist, geben die ambulante 24-Stunden-Blutdruckmessung und die Schlafdiagnostik. Deshalb sei die regelmäßige Blutdruckmessung zu Hause bei Schlafstörungen ratsam, so der Kardiologe Prof. Bernd Sanner von der Deutschen Hochdruckliga.

Blutdruckregulation im Schlaf

Schlaf ist lebensnotwendig. Der Körper regeneriert sich im Schlaf, Wachstumshormone werden dazu ausgeschüttet, die Energiespeicheraufgefüllt, das Immunsystem bildet Abwehrstoffe und das Gehirn verarbeitet und speichert Informationen. Im Zuge dieser Aktivitäten sinken Herzschlag und Blutdruck in der Nacht. „Ein gestörter Schlaf verhindert diese wichtige Absenkung, das sogenannte Dipping. Liegt ein sogenanntes Non-Dipping vor, ist die Rate von zukünftigen Herz- und Kreislaufproblemen bereits erhöht. Auf Dauer kann auch ein Bluthochdruck am Tage entstehen“, erklärt Sanner.

Schlechte Schlafqualität ist durch viele Faktoren bedingt, z.B.:

  • psychischer und emotionaler Stress
  • Schnarchen
  • Schlafapnoe
  • nächtliche periodische Beinbewegungen
  • exogene Faktoren wie Lärm, zu hohe Umgebungstemperaturen, Helligkeit während des Schlafs
  • soziale Faktoren wie selbst gewählter Schlafmangel

Schnarchen und Schlafapnoe

Bluthochdruck und schlafbezogene Atemstörungen bedingen sich gegenseitig. Die Hälfte aller Betroffenen mit einer Schlafapnoe leidet auch unter Bluthochdruck und umgekehrt 30-40 % aller Hypertonie-Patient*innen unter Schlafapnoe [4,5]. Liegt eine therapieresistente Hypertonie vor, ist besonders häufig parallel eine Schlafapnoe vorhanden.

Bei der häufigsten Form, der obstruktiven Schlafapnoe, erschlaffen die Halsmuskeln im Schlaf, Zunge und Gaumensegel entspannen sich, fallen nach hinten und blockieren die oberen Atemwege und damit die Sauerstoffversorgung. Die Atmung setzt dann wieder mit einem Schnarchen und einer damit verbundenen unbewussten Weckreaktion ein.

„Bei der Schlafapnoe kommt es durch die ständigen Kollapse des weichen Gaumens beim Einatmen zu Atemaussetzern und dadurch zu einem Dauerstress während der Nacht. Aus Sicht des Kreislaufs ist das ein rein passiver Stress, genau in der Zeit, in der unser Kreislauf eigentlich die nächtliche Erholung benötigt. Dies führt anfangs nachts, aber im Verlauf auch tagsüber zu einer dauerhaften Erhöhung des Blutdrucks“, erläutert der Internist Dr. Jan Börgel [6].

Insomnie und zu wenig Schlaf

Schlaflosigkeit (Insomnie) betrifft ca. 6 % der Bevölkerung, Frauen stärker als Männer. Betroffene liegen dauerhaft mindestens 3-mal pro Woche wach und finden keinen Schlaf. Der daraus resultierende Schlafmangel beeinträchtigt das Wohlbefinden, führt zu Gereiztheit, Unkonzentriertheit und Gedächtnisproblemen - und erhöht das Risiko für Bluthochdruck deutlich.

Wie eine Studie zeigte, hat eine Schlafdauer von unter 5 Stunden ein um 50 % erhöhtes Hypertonierisiko zur Folge [7]. Sanner empfiehlt: „Weniger als sieben Stunden Schlaf sollten es in der Regel für einen gesunden Blutdruck nicht sein." Nur die wenigsten Menschen seien echte "Kurzschläfer".

Wie lässt sich der Schlaf verbessern?

Besser Schlafen zu können, lässt sich in den allermeisten Fällen lernen, manchmal sind jedoch Hilfsmittel erforderlich [8]:

Gegen Stress und andere emotionale Faktoren helfen

  • konsequente Schlafhygiene mit zeitigem Zubettgehen, Entspannungsmaßnahmen (Atem-, Meditationsübungen, progressive Muskelentspannung, Yoga),
  • Vermeidung von Bildschirmaktivität,
  • Alkoholverzicht vor dem Einschlafen.

Gute Effekte zeigen auch entsprechende Apps und professionell entwickelte Achtsamkeitsprogramme wie das Mindfulness-Based Stress Reduction Programm.

Körperliche Ursachen müssen zunächst über Screening-Untersuchungen zu Hause oder im Schlaflabor ärztlich abgeklärt werden. Oft ist auch Übergewicht ein begünstigender Faktor für die Schlafapnoe. Aufgrund ihrer stammbetonten Fettverteilung im Körper neigen Männer stärker als Frauen dazu, eine Schlafapnoe zu entwickeln. Besonders in Rückenlage kommt es zu den gefährlichen Atemaussetzern. Eine Gewichtsabnahme und der Wechsel der Schlafposition schaffen häufig Abhilfe.

In schweren Fällen wird zur Behandlung eine CPAP (Continuous Positive Airway Pressure)-Maske eingesetzt. Die Nasenmaske wird während des Schlafs getragen und verhindert durch eine kontinuierliche Überdruck-Atmung den Kollaps des weichen Gaumens und damit die Atemaussetzer. Dadurch kommt der Kreislauf kommt zur Ruhe und die Blutdruckabsenkung wird wiederhergestellt.

Von Schlafmitteln raten die Experten aufgrund des Abhängigkeitspotenzials übereinstimmend ab.

Schlafmythen – was ist dran?

Gesunder Schlaf vor Mitternacht: Der Schlaf vor Mitternacht ist nicht notwendigerweise gesünder. Allerdings liegen bei vielen Menschen die als erholsamer empfundenen Tiefschlafphasen vor Mitternacht.

Abends kein Sport: Sport und körperliche Bewegung sind zur Blutdrucksenkung und für gesunden Schlaf sehr empfehlenswert, aber tatsächlich nicht unmittelbar vor dem Einschlafen. Dann ist der Körper noch zu angespannt und findet nicht in den notwendigen Ruhezustand.

Kein Alkohol: Selbst moderater Alkoholgenuss stört den Schlaf. Er erleichtert zwar oft das Einschlafen selbst, aber fördert zwischenzeitliches nächtliches Aufwachen.

Nicht nach 18 Uhr essen: Wer reichlich am Abend isst und das auch noch kohlenhydratreich, schläft tatsächlich schlechter. Empfehlenswert ist daher eiweißreiche und kohlenhydratarme Kost vor 20 Uhr.

Quelle: Hochdruckliga