Muskelfunktion im AlterTraining und gezielte Ernährung effektiv bei Muskelfunktionsverlust im Alter

Vibrationstraining, Kraftübungen, protein- und Omega-3-reiche Ernährung: Diese 4 Bausteine verbesserten in einer Studie effektiv die Muskelleistung im Alter, insbesondere bei Männern.

Proteinreiche Lebensmittel: Lachs, Quark, Hühnerfilet, Eier
K. Oborny/Thieme

Lebensmittel reich an Proteinen und Omega-3-Fettsäuren tragen zum Erhalt der Muskelkraft im Alter bei.

Es ist bekannt, dass die Muskelfunktion mit zunehmendem Alter abnimmt. Das sog. Inflammaging - das Entzündungsaltern - trägt dazu bei. Frühere Studien haben gezeigt, dass chronisch entzündliche Prozesse den Abbau von Proteinen fördern und Wachstumsfaktoren hemmen. Zudem gehen sie mit einer verringerten Muskelkraft und Muskelleistung bei älteren Erwachsenen einher. Der Rückgang der Muskelleistung sorgt wiederum für eine erhöhte Sturzanfälligkeit und schließlich für eine gesteigerte Morbidität und Mortalität.

Inflammaging

Inflammaging bezeichnet die altersbedingte vermehrte Ausschüttung von entzündungsfördernden Zytokinen. Inflammaging wird als Ursache für altersassoziierte Erkrankungen gesehen. Zu den Faktoren, die zum Inflammaging beitragen, gehören oxidativer Stress, Veränderungen in der Signalübertragung zwischen Zellen und der Verlust der Teilungsfähigkeit von Zellen (Seneszenz) mit zunehmendem Alter.

Inflammaging ist ein Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Nierenerkrankungen, Typ-2-Diabetes, Krebs, Depressionen und Demenz.

Acht aktive Wochen

Um diesem Prozess entgegenzuwirken, haben Ulrike Haß und ihr Team untersucht, welchen Einfluss eine protein- und omega-3-reiche Ernährung in Kombination mit regelmäßiger körperlicher Aktivität auf die Muskelleistung und das Inflammaging bei älteren Erwachsenen hat. Vor diesem Hintergrund führten die Wissenschaftler*innen eine 8-wöchige, randomisiert-kontrollierte Interventionsstudie mit gesunden 65- bis 85-Jährigen aus dem Potsdamer Umland durch.

Alle Teilnehmenden erhielten ein aufbauendes Trainingsprogramm, das aus einem angeleiteten Vibrationstraining und selbständigen Kraftübungen für zuhause bestand. Zusätzlich wurden die Teilnehmenden nach dem Zufallsprinzip einer von drei Ernährungsinterventionen zugeordnet.

  • Gruppe 1 erhöhte ihre tägliche Proteinzufuhr (1,2-1,5 g Protein pro kg Körpergewicht) mithilfe eines Molkenproteinpräparates und nahm zusätzlich täglich ein omega-3-reiches Algenöl (2195 mg Omega-3-Fettsäuren) zu sich.
  • Gruppe 2 bekam ebenfalls das Molkenproteinpräparat, aber kein Algenöl.
  • Gruppe 3 diente als Kontrolle und setzte die gewohnte Ernährung ohne zusätzliche Präparate fort.

Alle Proband*innen führten während des Interventionszeitraums Ernährungsprotokolle und Trainingstagebücher.

Um das Vibrationstraining zu absolvieren, kamen die Teilnehmenden einmal pro Woche ins Studienzentrum. Zusätzlich machten sie zuhause drei Mal pro Woche je 45-minütige Übungen wie Kniebeugen, wiederholtes Aufstehen von einem Stuhl und Bauchmuskeltraining. Dabei gab es leichte wöchentliche Steigerungen. Zu Beginn und am Ende der Studie wurden die Muskelfunktionalität und Muskelkraft der Teilnehmenden mithilfe von Tests wie dem traditionellen und sehr alltagsnahen Stuhl-Aufsteh-Test bewertet. Insgesamt schlossen 32 Frauen und 29 Männer die Studie ab und wurden in die finale Analyse einbezogen.

Männer profitierten stärker

„Wir stellten fest, dass Vibrationstraining und Heimtraining in Kombination mit einer proteinreichen und omega-3-angereicherten Ernährung in unserer Studiengruppe vor allem bei den Männern die Muskelleistung verbesserte und die Inflammationswerte reduzierte“, erklärt Ulrike Haß.

Insgesamt sorgte eine proteinreiche Ernährung für eine höhere Beinkraft und verbesserte Zeiten beim Stuhl-Aufsteh-Test. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass Sport und Ernährungsstrategien auch im höheren Lebensalter noch relevant, umsetzbar und effektiv sind“, sagt Kristina Norman vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung.

In zukünftigen Studien wollen die Wissenschaftler*innen die molekularen Veränderungen der Skelettmuskulatur eingehender betrachten. Darüber hinaus wollen sie untersuchen, ob pflanzliche Proteine eine vergleichbare Wirkung erzielen wie das in dieser Studie verwendete Molkenprotein. Langfristig sollen auch ältere Menschen mit Typ-2-Diabetes anhand des vorliegenden Studienprotokolls untersucht werden.

Ernährungsbeispiele

Proteinreiche Lebensmittel
  • tierisch: Fettarme Milchprodukte (z. B. Magerquark, Harzer Käse), mageres Rindfleisch, Hähnchenbrust, Forelle, Lachs, Eier
  • pflanzlich: Sojaprodukte (z. B. Tofu), Mais, Hülsenfrüchte (z. B. Bohnen, Linsen, Kichererbsen), Kürbiskerne, Mandeln, Haferflocken
Lebensmittel reich an Omega-3-Fettsäuren
  • Lachs, Hering/Matjes, Leinöl, Rapsöl, Weizenkeimöl, Walnüsse, Erdnüsse, Chiasamen

Quelle: Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke

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