Immuncheckpoint-InhibitorenLangzeitfolgen von Krebsimmuntherapien: Erste Übersicht erschienen

Obwohl sie bereits breit eingesetzt werden, existieren noch kaum Untersuchungen zu den Langzeitfolgen von Immuntherapien. Ein Review gibt nun erste Einblicke zu unerwünschten Wirkungen.

Therapeutische Antikörper
Alpha Tauri 3D/stock.adobe.com

Immuncheckpoint-Inhibitoren werden u.a. bei Melanomen und Lungenkrebs eingesetzt.

Krebstherapien mit Immuncheckpoint-Inhibitoren (ICI) sind inzwischen weit verbreitet. Ihre Langzeitwirkungen sind noch kaum erfasst. Wissenschaftler*innen des Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) haben nun systematisch Studien zu den Langzeitfolgen dieser Therapien zusammengefasst.

  • Ein signifikanter Anteil der Cancer Survivors berichtet über eingeschränkte Lebensqualität und unerwünschte Nebenwirkungen der Therapie.
  • Allerdings sei noch wesentlich detaillierteres Wissen über die Langzeiteffekte der ICI erforderlich, betonen die Forschenden.

Immuntherapie: 4. Säule der Krebsmedizin

Im Jahr 2011 wurde erstmals ein Immuncheckpoint-Inhibitor (ICI) für die Behandlung von fortgeschrittenem schwarzen Hautkrebs zugelassen. Heute ist diese Form der Immuntherapie neben Chirurgie, Chemo- und Strahlentherapie zu einer vierten Säule der Krebsmedizin geworden.

ICIs aktivieren die Tumorabwehr, indem sie hemmende Kontakte zwischen Krebszellen und Immunzellen verhindern. Bildlich gesprochen lösen sie die Bremsen des Immunsystems.

Die Behandlungen bedeuten in vielen Fällen für die Betroffenen einen Gewinn an Lebenszeit von mehreren Jahren.

Doch wenig bekannt sind bisher die Langzeitfolgen dieser Therapieform, die im Gegensatz zu den Spätfolgen von Strahlen- oder Chemotherapien noch kaum erforscht sind.

„Durch verbesserte Behandlungen überleben immer mehr Betroffene ihre Krebsdiagnose immer länger. In Deutschland leben heute etwa fünf Millionen Menschen mit oder nach einer Krebserkrankung. Sie werden auch als „Cancer Survivor“ bezeichnet. Langzeitfolgen von Krebs-Immuntherapien betreffen daher eine erhebliche Anzahl von Menschen“, sagt Volker Arndt vom DKFZ.

Scoping Review zur Krebsimmuntherapie

Volker Arndt und Kolleg*innen vom DKFZ starteten erstmals eine systematische Literaturrecherche zu dieser Frage.

Das Team wertete 39 publizierte Untersuchungen aus, die die Lebensqualität von Patienten erfassten, die eine ICI-Behandlung bekommen hatten. Es wurden nur solche Untersuchungen in die Analyse einbezogen, bei denen die Immuntherapie in der klinischen Routineversorgung (und nicht im Rahmen einer klinischen Studie) eingesetzt wurde.

Die Studien erfassten toxizitätsbedingte gesundheitliche Belastungen sowie psychosoziale und finanzielle Aspekte der Erkrankung. Ein deutlicher Anteil der Survivor hatte langanhaltende unerwünschte Nebenwirkungen, die auf die immunstimulierende Wirkung der Medikamente zurückzuführen sind.

Immuntherapie: Berichtete unerwünschte Nebenwirkungen

  • Zu den langanhaltenden unerwünschten Nebenwirkungen zählen etwa entzündliche Reaktionen des Magen-Darm-Trakts oder der Lunge, die teilweise erst nach Ende der Therapie auftreten.
  • Ein Drittel der ICI-Behandelten klagte über psychosoziale Probleme wie Depressionen oder Angstzustände.
  • Deutlich über ein Drittel berichtete von neurokognitiven Einschränkungen.

Über entsprechende Beschwerden berichten aber auch Patienten, die keine ICI-Therapie erhalten haben.

Die Analyse zeigt, dass bei einem erheblichen Anteil der mit Immuntherapie Behandelten die Lebensqualität langfristig beeinträchtigt ist. Für eine bestmögliche Nachsorge sei jedoch detaillierteres Wissen über die Langzeiteffekte der Immuntherapie wichtig.

Einschränkend berichten die Forschenden, dass die meisten der einbezogenen Studien nur eine geringe Teilnehmerzahl haben, eine Kontrollgruppe fehle oder nicht mit anderen Therapiearten verglichen wurde. Eine weitere Schwäche sei, dass die Teilnehmer*innen nur zu einem bestimmten Zeitpunkt befragt, anstatt deren Lebensqualität über einen längeren Zeitraum zu dokumentieren.

Es seien dringend umfassendere Studien erforderlich, auch um weitere, bislang unzureichend untersuchte Fragen zu beantworten. Dazu zählen insbesondere Fragen nach Einschränkungen der Fruchtbarkeit und nach einer möglichen Rückkehr in den Beruf. Beides gewinnt zunehmend an Bedeutung, da mit früherem Beginn der Immuntherapien immer mehr Krebserkrankungen langfristig kontrolliert werden können. 

Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum

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