RheumatologieKomplementärmedizin bei Rheuma: Wie ist die Evidenz?

Die DGRh-Kommission hat die Studienlage für komplementäre Heilverfahren und Ernährung geprüft: Mediterrane Kost und ayurvedische Medizin können als supportive Maßnahmen empfohlen werden.

Bohnensalat mit Walnüssen und Zitrone attraktiv komponiert auf türkisem Holzuntergrund
A. Rogge & J. Jankovic/Thieme

Pflanzenbasiert, frisch, mit gesunden Fetten: Mediterrane Ernährungsformen wirken antientzündlich und senken zudem das kardiovaskuläre Risiko.

Die Kommission Komplementäre Heilverfahren und Ernährung der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie hat die wissenschaftliche Datenlage für komplementäre Heilverfahren bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises geprüft. In einem aktuell veröffentlichten Artikel geben die Autor*innen "eine Momentaufnahme, die dem aktuellen Stand wissenschaftlicher Veröffentlichungen entspricht".

Die im Jahr 2021 gegründete Kommission hat zunächst 4 Themenbereiche bearbeitet:

  • Ernährungsmodifikationen
  • Mediterrane Ernährung
  • Ayurvedische Medizin
  • Homöopathie

Ernährungsmodifikationen

Es existieren Hinweise, dass die Ernährung bzw. einzelne Nährstoffe entzündlich rheumatische Erkrankungen beeinflusst. Das betrifft in erster Linie

  • entzündliche bzw. antientzündliche Effekte,
  • Effekte auf Darmmikrobiota und Darm-assoziiertes Immunsystem,
  • Auswirkungen auf Komorbiditäten wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen,
  • Gewichtsreduktion bei Adipositas.

Insgesamt habe sich Studienlage zu Ernährungsmodifikationen bei rheumatischen Erkrankungen überschaubar gezeigt. Die Kommission führt das u.a. auf die Schwierigkeiten beim Studiendesign und der Finanzierung zurück.

Studien liegen u.a vor zu Fasten, ketogener Ernährung, Nahrungsergänzungen, antiinflammatorische Diät, vegane Kost, Salzrestriktion, Kohlehydratrestriktion oder auch Diäten zur Modifikation des Mikrobioms.

Empfehlungen:

  • Die Kommission empfiehlt eine vollwertige, obst- und gemüsereiche, fleischarme Ernährung für Patient*innen mit entzündlich rheumatischen Erkrankungen. Für die mediterrane Kost liege die beste Evidenz vor.
  • Fastentherapien können ergänzend zur Ernährungstherapie eingesetzt werden.
  • Eine Mikrobiomanalyse als Basis für eine Ernährungstherapie wird nicht empfohlen, da sich daraus keine anderen Therapieempfehlungen als die derzeit geltenden ableiten lassen. 

Grundsätzlich sollten Patient*innen bestmöglich und qualifiziert über die Ernährung und deren entzündungsfördernde oder -hemmende Auswirkungen informiert werden. Der supportive Therapieansatz sei wichtig.

Mediterrane Ernährung

Die mediterrane Ernährung bezeichnet traditionelle Ernährungsgewohnheiten des Mittelmeerraums. Sie sind gekennzeichnet durch einen hohen Anteil pflanzenbasierter Nahrungsmittel, Olivenöl als wichtigste Fettquelle, Milchprodukte, Fisch und Geflügel in geringen Mengen, wenig Weißzucker und Glukose-Fruktose-Sirup sowie in geringen Mengen Wein zu den Mahlzeiten.

Die Kommission identifizierte Studien, in denen die mediterrane Ernährung und deren Einfluss bei

  • Rheumatoider Arthritis,
  • Psoriasisarthritis,
  • Spondyoarthritiden sowie
  • zum Systemischen Lupus erythematodes geprüft wurde.

Empfehlungen: Demnach kann eine mediterrane Ernährung bei den genannten Krankheitsbildern flankierend zur antirheumatischen Basistherapie empfohlen werden. Mögliche Benefits dieser Ernährungsform sind die antientzündliche Wirkung, aber auch positive Effekte auf das kardiovaskuläre Risikoprofil wie die Verbesserung des Fettstoffwechsels. Bei sachgemäßer Anwendung seien keine negativen Effekte zu erwarten.

Ayurvedische Medizin

Die Autor*innen berichten, dass die wissenschaftliche Evidenz für die Wirksamkeit einer ayurvedischen Behandlung schwach ist. Ein Grund dafür sei, dass sich die komplexe, individualisierte, multimodale Behandlung nur schwer in placebokontrollierte prospektive Studien pressen lässt.

Erste positive Evidenz habe sich für die ayurvedische multimodale Therapie sowie von Kurkuma bzw. Curcumin-Extrakten bei Arthrose gezeigt. 

Empfehlungen: Die Umsetzung der ayurvedischen Therapie bedarf einer qualifizierten Ausbildung. Ist dies gegeben, könne bei degenerativen Gelenkerkrankungen die ayurvedische Medizin als Komplexbehandlung zum Einsatz kommen.

Homöopathie

Die Wirkungen der Homöopathie werden im Wesentlichen durch Placeboeffekte erklärt. Generell sei die Evidenz für die Wirksamkeit schwach. Es wurden Studien zu folgenden Krankheitsbildern identifiziert:

  • Rheumatoide Arthritis
  • Spondyoarthropathien
  • Fibromyalgiesyndrom
  • gelenkbezogene Schmerzen nach Kniegelenkoperation
  • Gonarthrose

Auf Basis der Studien seien keine relevanten positiven Effekte bei entzündlichen Gelenkerkrankungen, autoimmunen Systemerkrankungen und Fibromyalgiesyndrom zu erwarten. Zwar gelten homöopathische Medikamente als gut verträglich. Die Autor*innen sehen jedoch das Problem, dass zugunsten der Homöopathie eine suffiziente rheumatologische Therapie verzögert werden könnte.

Empfehlungen: Die homöopathische Therapie wird bei entzündlichen und degenerativen Gelenkerkrankungen, autoimmunen Systemerkrankungen und Fibromyalgiesyndrom nicht empfohlen.

Ausblick

Generell weisen die Autor*innen darauf hin, dass die Einsatz komplementärer Medizin (CAM) supportiv erfolgen sollte:

"Ein Verzicht auf moderne Medikamente zugunsten einer einseitigen Anwendung von CAM kann im Einzelfall erhebliche Nachteile für Patienten nach sich ziehen." [1]

In den kommenden Jahren plant die Kommission die Datenlage für weitere komplementäre Therapieverfahren zu evaluieren: Traditionelle Chinesische Medizin, Phytotherapeutika, Mind-Body-Medizin, Übergewicht, Alkoholkonsum.

Ni

Literatur

[1] Keyßer G, Michalsen A, Reuß-Borst M et al. Empfehlungen der Kommission Komplementäre Heilverfahren und Ernährung zu ayurvedischer Medizin, Homöopathie, Ernährung und mediterraner Kost. Zeitschrift für Rheumatologie 2023; 82: 517-531

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