AutoimmunerkrankungenNaturheilkundliche Behandlung der rheumatoiden Arthritis

Eine naturheilkundliche Behandlung kann die schulmedizinische Therapie der rheumatoiden Arthritis sinnvoll unterstützen, z.B. mit Phytotherapie oder lokalen Wärme- und Kälteanwendungen.

Heublumensack auf einem Holztisch.
Heike Rau/stock.adobe.com

Für die feuchte Wärmeanwendung eignen sich Heublumensäckchen als lokale Auflage.

von Hartmut Dorstewitz

Vor einiger Zeit konsultierte mich ein Patient mit der Bemerkung: „Ich habe Rheuma.“ Seine Schmerzsymptomatik entsprach in der Tat dem Beschwerdebild einer rheumatoiden Arthritis: variierend starke Schmerzen mit wechselnder Lokalisation, mal in der Schulter, mal in den Hüft- oder Kniegelenken, mal im Kreuzbein. Laboruntersuchungen und bildgebende Diagnostik (Röntgen, MRT, Ultraschall) gaben keine Hinweise auf eine seropositive rheumatoide Arthritis, wohl aber auf eine Polyarthrose, die sich ebenfalls durch wandernde, ziehende, reißende Schmerzen und Funktionseinbußen in wechselnden Bereichen des Körpers auszeichnet.

Hinter dem von Laien gerne verwendeten Begriff „Rheuma“ verbergen sich mehr als 100 verschiedene Krankheitsbilder. Dazu gehören u. a. sowohl Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, zu der die rheumatoide Arthritis zählt, als auch degenerative Gelenkerkrankungen (Arthrose) wie Polyarthrose. In ihrer Ursache und ihrem Verlauf sind beide Erkrankungen selbstverständlich klar voneinander zu unterscheiden. Auf Basis ähnlicher Symptome allerdings – Schmerzen und starke Einschränkung der Gelenkfunktion – sind bestimmte naturheilkundliche Maßnahmen sowohl bei rheumatoider Arthritis als auch bei Arthrose angezeigt. Dieser Beitrag beschreibt die Behandlung der rheumatoiden Arthritis. Für eine Arthrosebehandlung können die vorgestellten Therapiemaßnahmen entsprechend modifiziert werden.

Grundsätzliches zur Behandlung

Die rheumatoide Arthritis ist behandelbar, aber i. d. R. nicht heilbar. Bestehende Gelenkzerstörungen lassen sich weder schulmedizinisch noch naturheilkundlich rückgängig machen. Frühzeitig mit der Therapie begonnen, kann man pathologische Gelenkveränderungen jedoch um eine geraume Zeit hinauszögern. Die rheumatoide Arthritis ist in den ersten 2 Jahren nach Ausbruch unbedingt schulmedizinisch mit Basistherapeutika, z. B. Immunsuppressiva oder Glukokortikoiden oder TNF-α-Blockern, zu behandeln. Nur auf diese Weise sind ein Fortschreiten der Gelenkdegeneration und eine letztendliche Zerstörung des Gelenks aufzuhalten. In diesem Zeitraum ist die naturheilkundliche Therapie ergänzend anzuwenden.

Bei entsprechendem Therapieerfolg kann man eine langsame Reduzierung der Basismedikation ins Auge fassen. Hierbei darf das Ausschleichen weder die Symptome noch die Laborparameter (Entzündungszeichen) verschlechtern. Ist dies der Fall, ist die Basismedikation vorerst in der gewohnten Dosis weiterzuführen. Immunsuppressiva sind langsam zu reduzieren. Hohe Glukokortikoiddosen sind über längere Zeit (ca. 6 Monate) in kleinen Schritten auszuschleichen, geringere Dosen (10–20 mg) in Stufen von 1–2,5 mg zu reduzieren. Allerdings ist davon auszugehen, dass bei rheumatoider Arthritis fast immer eine dauerhafte Kombinationstherapie mit immunsuppressiven Medikamenten und komplementärmedizinischen Behandlungskonzepten notwendig sein wird.

Bei den naturheilkundlichen Maßnahmen unterscheidet man zwischen systemischen und lokalen Behandlungen. Die systemische Therapie ist wichtig, um Entzündungen und Schmerzen nachhaltig zu lindern, Schadstoffe auszuleiten (eine rheumatoide Arthritis wird häufig durch Toxinbelastungen mitverursacht), den Organismus grundlegend umzustimmen sowie Knorpelgewebe aufzubauen. Die lokale Therapie wiederum setzt sich aus Maßnahmen zusammen, die sich sowohl bei entzündlichen als auch degenerativen Gelenkerkrankungen gut bewährt haben. Sie dienen der akuten lokalen Schmerzlinderung, Entzündungshemmung sowie Durchblutung (in schubfreien Intervallen) und können vom Patienten selbst oder von Angehörigen zu Hause durchgeführt werden.

Systemische Behandlungen

Für die phytotherapeutische Behandlung der rheumatoiden Arthritis hat sich die Trias folgender Heilpflanzen bewährt: Brennnessel, Weidenrinde und Afrikanische Teufelskralle. Sie wirken in der Verbindung ausleitend, schmerzstillend, entzündungshemmend, abschwellend und aufbauend auf die entzündeten Gelenke.

Hilfreiche Heilpflanzen

Brennnessel (Urtica dioica)

Kaum eine Pflanze enthält so viele Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente wie die Brennnessel, z. B. Vitamin A, E und C, Magnesium, Kalzium, Eisen und Silizium. Ihre pflanzlichen Wirkstoffe, u. a. brennnesselspezifische Inhaltsstoffe, wirken als sog. Radikalfänger und Zytokinhemmer analgetisch, antiphlogistisch und entgiftend.

Rheumatoide Arthritis

Die Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises zählen zu den Autoimmunerkrankungen. Die rheumatoide Arthritis, auch Polyarthritis genannt, ist die häufigste chronische Gelenkentzündung. Sie kann schon im Kindesalter auftreten, manifestiert sich aber meist in der 2. Lebenshälfte. Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer.

Die Ursachen der rheumatoiden Arthritis sind noch nicht vollständig geklärt. Allerdings gibt es Hinweise u. a. auf Zusammenhänge mit Darmflorastörungen. Amerikanische Wissenschaftler fanden das Bakterium Prevotella copri im Darm von Patienten mit rheumatoider Arthritis sehr viel häufiger als bei gesunden Probanden. Ob Prevotella copri die Erkrankung (mit)verursacht oder nur ein Indikator für eine bakterielle Fehlbesiedelung ist, konnte noch nicht geklärt werden. Fehlernährung, Genussgifte (v. a. Rauchen), Infektanfälligkeit und Antibiotikatherapien scheinen die Symptomatik der rheumatoiden Arthritis signifikant zu verschlechtern.

Die Diagnose „rheumatoide Arthritis“ wird gestützt, wenn mind. 3 Gelenke mehr als 6 Wochen lang entzündet sind und der Patient auf Entzündungsparameter im Serum positiv getestet wird (z. B. CRP, BKS, rheumatypische Antikörper). Differenzialdiagnostisch ist die Erkrankung von der seltenen seronegativen rheumatoiden Arthritis und von entzündlich-reaktiven Arthrosen abzugrenzen.

Bei seronegativer rheumatoider Arthritis besteht zwar die gleiche Symptomatik, es sind jedoch keine Rheumafaktoren im Blut nachweisbar. Entzündlich-reaktive Arthrosen dagegen sind ähnlich im Erscheinungsbild – gerötete, überwärmte und geschwollene Gelenke –, stellen aber einen akuten Reizzustand bei nachgewiesenen degenerativen Veränderungen dar. Auch hier sind die Entzündungsparameter im Blut nicht erhöht. 

Als Anwendungsform hat sich eine Teekur bewährt: ca. 2 TL Brennnesselkraut mit 200 ml kochendem Wasser übergießen und etwa 5–10 min ziehen lassen, tgl. 1–2 Tassen lauwarm und schluckweise trinken. Die Kur ist über einen Zeitraum von 6 Wochen anzuwenden.

Sofern dies dem Patienten nicht widerstrebt, hat sich bei rheumatoider Arthritis die sog. Urtikation bestens bewährt. Hierfür schlägt man mit frischem Brennnesselkraut 1 × tgl. an 2–3 aufeinanderfolgenden Tagen kräftig auf die erkrankten Partien und pausiert dann für 2–3 Tage. Die Behandlung wirkt durchblutungsfördernd und angenehm wärmend und infolgedessen mittelfristig schmerzlindernd. Während den Tagen der Urtikation sollten die betroffenen Stellen nicht gewaschen werden, da sonst das Wärmegefühl eher in ein Brennen übergeht.

Weidenrinde (Salix cortex)

Schon unsere Altvorderen kannten und schätzten den wässrigen Auszug aus der Weidenrinde (Salix alba) zur Linderung von Schmerzen und Entzündungen. Die analgetische Wirkung ist hauptsächlich auf das darin enthaltene Salicin, das im Darm durch die Darmflora hydrolytisch zu Salicylalkohol und in der Leber zu Salicylsäure umgewandelt wird, zurückzuführen. Diese greift auf mehreren Ebenen der Entzündungskaskade ein: Sie hemmt die Enzyme Lipoxygenase und Cyclooxigenase und das Hormon Prostaglandin E. Dies wiederum resultiert in einer verminderten Freisetzung endogener Pyrogene (antiinflammatorischer Effekt) und in einer herabgesetzten Nozizeption. Der Extrakt enthält darüber hinaus Polyphenole, die als Radikalfänger wirken. Leider sind mittlerweile nur noch wenige Fertigpräparate mit Weidenrindenextrakt im Handel erhältlich, z. B. Weidenrinde Schmerzdragees (Fa. Abo & Painex).

Afrikanische Teufelskralle (Harpagophytum procumbens)

Die Pflanze kommt natürlicherweise in der namibischen Wüste vor und ist nicht mit der heimischen, giftigen Teufelskralle (Phyteuma) zu verwechseln. Studien haben gezeigt, dass die Afrikanische Teufelskralle u. a. antirheumatisch (ähnlich wie chemische Schmerzmittel und leichte Gaben von Kortison), entzündungshemmend, abschwellend, schmerzlindernd und knorpelaufbauend wirkt. Bei langfristiger Anwendung (mind. 6 Wochen) verbessert sich die Beweglichkeit der Gelenke, die Wirkung setzt jedoch erst nach 2–4 Wochen ein. Man kann die Afrikanische Teufelskralle in Form von Fertigpräparaten einnehmen wie Cefatec® 480 (Fa. Cefak), 2 × tgl. 1 Tbl., oder Doloteffin® (Fa. Ardeypharm), 3 × tgl. 2 Tbl.

Weihrauch, nicht nur gut in der „Heiligen Messe“

Schon die alten Ägypter, Griechen und Römer kannten und schätzten die Heilwirkung des wertvollen Harzes. Im 19. Jahrhundert wurde Weihrauch äußerlich und innerlich zur Linderung rheumatischer Beschwerden eingesetzt. Danach geriet er in Vergessenheit. Erst seit den 1990er-Jahren wird Boswellia serrata wieder erforscht mit durchaus ermutigenden Ergebnissen. So beschreibt der Tübinger Pharmakologe Ammon eine konzentrationsabhängige Hemmwirkung auf die Bildung von Leukotrienen und anderen 5-Lipoxygenaseprodukten [1].

2012 zeigt Oliver Werz an der Universität Jena, dass Boswelliasäuren die Entzündungsreaktion bei der rheumatoiden Arthritis und Morbus Crohn verringern, indem sie die Synthese von Prostaglandin E2 unterbinden. In Studien konnte die Nichtunterlegenheit der Boswelliasäuren gegen Mesalizin bei deutlich besserer Verträglichkeit gezeigt werden. Weltweit kommen mehr als 10 verschiedene Weihraucharten vor. Dabei zeigten sich der äthiopische (Boswellia papyrifera) und arabische Weihrauch (Boswellia carterii) dem indischen Weihrauch (Boswellia serrata) als deutlich überlegen (Prof. Oliver Werz, Universität Jena).

Fertigpräparate sind in Deutschland leider immer noch nicht offiziell zugelassen. Zahlreiche Hersteller bieten Nahrungsergänzungsmittel verschiedener Boswelliaarten an. Am besten sollte sich der Patient von der Apotheke beraten lassen, um an ein seriöses Präparat zu gelangen.

Recht sinnvoll scheint mir eine Kombination von Weihrauch und Myrrhe (ein naher Verwandter des Weihrauchs) zu sein. Beide Pflanzenwirkstoffe ergänzen sich gegenseitig in ihrer antiphlogistischen Wirkung [2]. 

Auch eine Kombination von Boswellia mit Gelbwurz (Curcuma longa) aus der Familie der Ingwergewächse wird v. a. in der ayurvedischen Medizin gerühmt. Kurkuma enthält u. a. die Wirkstoffe Campher und Sesquiterpene, die die antiphlogistische und analgetische Wirkung des Weihrauchs unterstützen können.

Einige Hersteller bieten Dreierkombinationen mit Weihrauch, Myrrhe und Gelbwurz als Nahrungsergänzungsmittel an.

Weitere systemische Behandlungsmöglichkeiten

Injektionen

Eine bewährte Methode mit breitem Wirkspektrum zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis sind Injektionen. Die Wahl des injizierten Mittels bestimmt dabei die Wirkung der Therapie wesentlich mit. Als Injektabilia eignet sich z. B.:

  • Procain, das die Selbstheilungskräfte des Körpers aktiviert und umstimmende sowie antiphlogistische Wirkungen aufweist. Eine Quaddelung an und um das betroffene Gelenk herum kann v. a. bei mehrmaliger Anwendung hilfreich sein.
  • entzündungshemmende und knorpelaufbauende Arzneimittel mit Afrikanischer Teufelskralle.

Die Injektionen sind 1- bis 2-mal wöchentlich durchzuführen. In der Regel setzt man die Injektionen an die Schmerz- bzw. entsprechenden Akupunkturpunkte oder – das setzt einige Erfahrung und steriles Vorgehen voraus – direkt in das Gelenk. Die Dauer der Behandlung richtet sich nach dem Verlauf der Besserung und kann auf unbestimmte Zeit verlängert werden.

Eigenbluttherapie

Als Umstimmungstherapie ist eine Eigenbluttherapie (nicht direkt in die betroffenen Stellen, sondern i. m. in den Glutealmuskel) in ansteigender Dosierung (0,5–3 ml) zu empfehlen. 

Ozontherapie

Eine weitere wertvolle Option bei allen Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises stellt die Ozontherapie dar. Sie wirkt u. a. entzündungshemmend, immunstimulierend und umstimmend. Sie kann durchgeführt werden als sog. Ozon-Sauerstoff-Eigenblutinfusion mit ca. 1000 μg 1- bis 2-mal wöchentlich über 10 Behandlungen oder als Injektionen mit 10 μg / ml wie bei der Neuraltherapie üblich.

Enzympräparate

Gegen die Schwellungen und Entzündungen wirken Enzympräparate. Enzympräparate müssen ausreichend hoch dosiert und lange genug (als Dauertherapie) angewandt werden, um ihre Wirkung zu entfalten.

Mikrobiologische Therapie

Bei Darmflorastörungen bietet sich eine konsequente und geduldige Mikrobiologische Therapie an. Zum Einsatz kommen sog. Immunbakterien.

Schröpfen und Blutegelbehandlungen

Im schubfreien Intervall haben sich Reiztherapien wie Schröpfen oder Blutegelbehandlungen bewährt. Sie fördern die Durchblutung und die Beweglichkeit des Gelenks und wirken darüber hinaus ausleitend.

Lokalbehandlungen: Warm oder kalt?

Häufig wird man als Behandelnder von Patienten mit rheumatoider Arthritis gefragt, ob Kälte- oder Wärmeanwendungen das Mittel der Wahl seien. Diese Frage ist nicht generell zu beantworten. Kneipps Empfehlung diesbezüglich lautete: „warm auf kalt und kalt auf heiß“. Will heißen: ein entzündliches Gelenk reagiert meist positiv auf Kälte, bei degenerativen Beschwerden helfen dagegen wärmende, den Stoffwechsel und die Durchblutung anregende Maßnahmen. Des Weiteren wird in der Fachliteratur empfohlen, im akuten Stadium der rheumatoiden Arthritis auf kühlende Anwendungen zu setzen (keine kalten Anwendungen, da zu stark durchblutungsfördernd), in Phasen geringer entzündlicher Aktivität wärmende Maßnahmen vorzuziehen. In der täglichen Praxis haben sich diese Pauschalregeln durchaus nicht immer bewährt. Vielmehr empfiehlt es sich, bei jedem Patienten individuell zu beobachten, wie der Organismus auf welche Heilimpulse in welcher Phase der Erkrankung reagiert.

Bewährte Kälteanwendung

Eine einfach umsetzbare Methode, um Schmerzen und Entzündungen in Gelenken symptomatisch zu lindern, sind feuchte Wickel mit Essig. Hierfür wird ein Tuch in Essig (wirkt kühlend und wahrscheinlich durch die Mineralstoffe ausleitend) getränkt und auf schmerzhafte Körperstellen gelegt. Als Alternative eignet sich ein Wickel mit schmerzlindernder Arnikatinktur. Die Tinktur ist vor der Anwendung für den feuchten Wickel 1:9 mit Wasser zu verdünnen (1 Teil Arnika auf 9 Teile Wasser).

Bewährte Wärmeanwendungen

Bei Wärmeanwendungen sind feuchte und trockene Wärme zu differenzieren. Die Wahl der Anwendung richtet sich nach den Präferenzen des Patienten. Therapeutisch zu bedenken ist evtl., dass trockene Wärmeanwendungen Wärme konstanter und langsamer zuführen als feuchte.

Feuchte Wärme

Eine Möglichkeit der feuchten Wärmeanwendung sind Auflagen mit Heublumensäckchen. Die Heublumensäckchen kann man in der Apotheke beziehen. Die Auflagen wirken entspannend auf die Muskulatur und fördern die lokale Durchblutung. Zudem verfügen Heublumen über schmerzlindernde Wirkstoffe. Durchführung nach Dr. med. Herbert Renz-Polster: Das Heublumensäckchen in einen Topf legen und mit kochendem Wasser übergießen. Den Topf zudecken und das Heublumensäckchen 15 min im heißen Wasser ziehen lassen, anschließend gut auspressen (z. B. zwischen 2 Küchenbrettern), in ein Baumwoll- oder Leintuch einschlagen und heiß (etwa bei 45 ℃) auf die betroffene Stelle auflegen. Alternativ kann das Heublumensäckchen über einem Dampfbad erhitzt werden: Einen Topf Wasser zum Kochen bringen, 2 Kochlöffel über Kreuz auf den Rand des Topfes legen und darauf das Heublumensäckchen. Sobald es heiß genug geworden ist, vom Topf nehmen, einschlagen und auflegen. Eine Anwendung dauert i. d. R. 40–45 min.

Eine weitere bewährte feuchte Wärmeanwendung sind Kartoffelwickel: Man trägt heiße Stampfkartoffeln auf ein Lein- oder Geschirrtuch auf und legt dieses so heiß wie vertragen auf die schmerzende Stelle auf. Die in der Kartoffel enthaltenen Solanine wirken u. a. beruhigend und schmerzlindernd. Der heiße Wickel speichert die Wärme und gibt sie kontinuierlich ab. Unterstützen kann man diese Behandlung durch das vorherige Auftragen einer wärmenden Salbe.

Trockene Wärme

Kerne von Kirschen, Trauben, Äpfeln, Kürbis und Sonnenblumen, aber auch Weizen-, Roggen-, Hafer-, Dinkel- und Sesamkörner eignen sich für trockene Wärmeanwendungen. Bei entsprechenden Allergien sind die jeweiligen Anwendungen kontraindiziert.

Durchführung: Man füllt die Kerne oder Körner in ein Leinensäckchen und erhitzt dieses im Ofen oder in der Mikrowelle (im vorgeheizten Elektro-Backofen ca. 10–15 min bei 100 ℃ auf der unteren Schiene in einem Teller oder einer Schale, in der Mikrowelle 90 sec bei max. 800 Watt). Die Kerne bzw. Körner müssen gut gereinigt sein, da sie sonst beim Erhitzen Feuer fangen können. Es empfiehlt sich deshalb, auf Körnersäckchen oder -kissen aus der Apotheke oder dem Reformhaus auszuweichen.

Der Vorteil trockener Wärmeanwendungen ist, dass die Wärme lange und konstant gespeichert wird. Kleinkörnige Kissen lassen sich gut verformen und damit besser an jeweilige Körperregion anpassen, grobkörnige Kissen halten die Wärme länger. Auch diese Anwendung lässt sich durch das vorherige Auftragen einer wärmenden Salbe unterstützen.

Cave

Ältere Menschen haben häufig nur noch ein eingeschränktes Hitzeempfinden. Um Verbrennungen zu vermeiden, empfiehlt es sich, vor der Anwendung die Temperatur der Auflage durch eine Person mit intaktem Hitzeempfinden zu prüfen.

 Weitere lokale Verfahren

Hyperämisierend und schmerzlindernd wirken Kohlwickel. Man nimmt das Blatt eines Weiß- oder Wirsingkohls, erwärmt es mit einem Bügeleisen oder walkt es mit einem Nudelholz, bis die Flüssigkeit austritt. Dabei wird die Zellstruktur des Blattes zerstört, und die für die Wirkung der Anwendung verantwortlichen Senföle werden freigesetzt. Das Blatt wird anschließend auf das betroffene Gelenk gelegt und mit einem Tuch oder einer elastischen Binde fixiert. Man belässt den Kohlwickel i. d. R. einige Stunden auf dem erkrankten Gelenk.

Ebenfalls schmerzlindernd wirken Retterspitz®-Umschläge. Hierfür trägt man Retterspitz® äußerlich (Fa. Retterspitz) unverdünnt auf eine Kompresse auf und fixiert diese auf der schmerzenden Stelle. Neben analgetisch wirkender Arnika enthält die Lösung eine Reihe antientzündlicher und abschwellender Pflanzenextrakte und ist besonders bei akuten Schüben der Erkrankung zu empfehlen.

Dr. med. Hartmut Dorstewitz
Facharzt für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren sowie Dozent für Biologische Medizin

Interessenkonflikt: Der Autor erklärt, dass keine wirtschaftlichen oder persönlichen Verbindungen bestehen.

[1] Dt Ärztebl 1998; 95: A30-31

[2] Mayer J. Gold, Weihrauch und Myrrhe. DMW 2008; 133 51/52 2665-2668