HydrotherapieKneipp bei Veneninsuffizienz, Wechseljahresbeschwerden und Fieber effektiv

Die Kneipp'sche Hydrotherapie zeigte in einer systematischen Übersichtsarbeit deutliche Hinweise auf die Wirksamkeit bei chronischer Veneninsuffizienz, Wechseljahresbeschwerden und Fieber bei Kindern. 

Kneipp-Tretbecken im Wald
K. Oborny/Thieme

Wassertretbecken sind vielerorts zu finden und beliebt.

Die Hydrotherapie nach Sebastian Kneipp ist im Alltag vieler Menschen präsent: Vom kurzen kalten Abduschen nach der morgendlichen Dusche bis hin zum Wadenwickel bei Fieber. Die Kneipp'sche Hydrotherapie nutzt das Reiz-Reaktions-Prinzip von Temperaturunterschieden durch Wasser auf den Körper. Insgesamt gibt es etwa 120 Wasseranwendungen nach Sebastian Kneipp. Kaltes Wasser bildet das maßgebliche Heilmittel, warmes Wasser kommt meist nur im Wechsel mit kaltem zum Einsatz.

Ein Forscher*innenteam ging nun der Frage nach, ob sich die Wirksamkeit für die hydrotherapeutischen Anwendungen in klinischen Studien nachvollziehen lässt. Die Analyse ist die erste wissenschaftliche Untersuchung, die sich der Wirksamkeit der Hydrotherapie nach Sebastian Kneipp ausschließlich anhand von randomisierten kontrollierten Studien widmete.

Das Team wertete nach umfassender internationaler Literaturrecherche auch die sog. „graue Literatur“, also bisher unpublizierte Literatur, aus. In die systematische Übersichtsarbeit konnten 20 Studien mit 4247 Proband*innen einbezogen werden. Aufgrund der großen klinischen Heterogenität wurde auf die Durchführung einer Metaanalyse verzichtet und die Ergebnisse qualitativ zusammengefasst.

20 Studien zu 11 Indikationen

Die 20 einbezogenen Studien wurden fast alle in Deutschland durchgeführt, je eine in Spanien, den USA und der Türkei. Im Fokus standen 11 Indikationen:

  • infektanfällige Kinder
  • Krampfadern
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Brustkrebs
  • Wechseljahressymptome
  • Postpolio-Syndrom
  • Arthrose
  • Polyneuropathie
  • akute Schmerzen bei Hämorrhoiden
  • bei Analfissuren
  • nach Episiotomie

In mehreren Studien zeigten sich positive Effekte bei chronischer Veneninsuffizienz, Wechseljahresbeschwerden und Fieber bei Kindern.

Fazit

"Angesichts der hohen Inanspruchnahme von Naturheilverfahren sollten diese Hinweise auf die Wirksamkeit der Hydrotherapie unbedingt genauer untersucht werden“, fasst Dr. Miriam Ortiz zusammen. Nach wie vor fehlt es an qualitativ hochwertigen randomisiert-kontrollierten klinischen Studien (RCTs) bei Hydrotherapie. RCTs werden als Goldstandard zum Wirksamkeitsnachweis angeführt.

Eine Herausforderung bestehe im Bereich Hydrotherapie allerdings u.a. darin, dass Kontroll- oder Placebo-Bedingungen schwierig zu designen sind. Auch sei eine Verblindung bei Hydrotherapie nicht möglich – die Proband*innen spüren schließlich, ob sie eine Wasseranwendung bekommen oder nicht.

Zusammenfassend zeigt die aktuelle wissenschaftliche Evidenz zu Kneipp'scher Hydrotherapie, dass die Initiierung qualitativ hochwertiger Forschung in diesem Bereich absolut wichtig und notwendig ist, da dieses natürliche präventiv und therapeutisch eingesetzte Verfahren ein Ansatz ist, der gerne und häufig in Anspruch genommen wird und Verfahren der konventionellen Medizin in sinnvoller Weise ergänzt.

Die Studie wurde durchgeführt von einem Team der Charité – Universitätsmedizin Berlin in Kooperation mit dem Kneipp-Bund, der Universität Duisburg-Essen, TU München und der Eberhard Karls Universität Tübingen. Kofinanziert wurde das Projekt vom Bundesministerium für Gesundheit über den Kneipp-Bund e.V. im Rahmen der Förderung für das Jubiläumsjahr „Kneipp 2021“.

Quelle: Kneipp-Bund

Literatur 

Ortiz M, Koch AK, Cramer H et al. Clinical effects of Kneipp hydrotherapy: a systematic review of randomised controlled trials. https://bmjopen.bmj.com/content/13/7/e070951

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