Künstliche IntelligenzKI in der Krebstherapie - Menschen treffen bessere Entscheidungen

Die individuelle und personalisierte Krebstherapie ist wichtig, aber aufwändig. Künstliche Intelligenz zeigte sich in einer Studie bei der Entscheidungsfindung vielversprechend, an die Fähigkeit menschlicher Expert*innen reichte sie aber nicht heran.

Symbolbild Künstliche Intelligenz, Vernetzung auf blauem Grund
RS-Studios/stock.adobe.com

Eine aufwändige Analyse und Interpretation verschiedener Daten ist nötig, um Patient*innen eine auf ihre Erkrankung individuell zugeschnittene und personalisierte Therapie anzubieten. Welche Unterstützung generative KI wie ChatGPT haben kann, untersucht die Charité- Universitätsmedizin Berlin und die Humboldt- Universität zu Berlin.

Bei der Entstehung von Tumoren aufgrund bestimmter Gen-Mutationen ist ein Ungleichgewicht wachstumsfördernder und wachstumshemmender Faktoren entscheidend. Das können beispielsweise Veränderungen in Onkogenen sein. Bei der Präzisionsonkologie geht es genau um dieses Wissen. Mithilfe bestimmter Arzneimittel wie niedermolekularen Inhibitoren oder Antikörpern werden überaktive Onkogene gezielt abgeschaltet. 

Zunächst wird das Tumorgewebe genetisch analysiert, damit man weiß, bei welchen Gen-Mutationen die Behandlung wirken kann. Damit eine genaue Diagnose und Therapie gewehrleistet werden können, werden die molekularen Varianten der Tumor-DNA ermittelt. Mit dieser Grundlage leiten Ärzt*innen anschließend individuelle Therapieempfehlungen ab. In komplizierteren Fällen ist das Wissen aus anderen medizinischen Bereichen nötig. Dann kommt an der Charité das molekulare Tumorboard zusammen. Dabei analysieren Expert*innen der Molekularpathologie, der Onkologie, der Pathologie, der Bioinformatik und der Humangenetik anhand aktueller Studienergebnisse die bestmöglichen Therapien für den größten Erfolg. An dem Ende dieses aufwändigen Verfahrens steht dann eine personalisierte Therapieempfehlung. 

KI bei der Therapieentscheidung

Das Forscher*innen-Team fragte sich, wie KI bei der Therapieentscheidung unterstützen könnte. In Ihrer Studie „Leveraging Large Language Models for Decision Support in Personalized Oncology” untersuchten sie die Möglichkeiten von Large Language Models wie ChatGPT. Ein besonderer Fokus lag dabei auf der automatisierten Sichtung wissenschaftlicher Literatur für die Auswahl einer personalisierten Therapie.

„Wir haben diese Modelle vor die Aufgabe gestellt, personalisierte Therapieoptionen für fiktive Krebspatient*innen aufzuzeigen und dies mit den Empfehlungen von Expert*innen verglichen“, erklärt Damian Rieke. Er kam zu der Schlussfolgerung:

„Künstliche Intelligenzen waren prinzipiell in der Lage personalisierte Therapieoptionen zu identifizieren – kamen aber an die Fähigkeit menschlicher Expert*innen nicht heran.“

Bei dem Experiment wurden 10 fiktive Patient*innen mit molekularen Tumorprofilen erstellt. Für diese wurden von einem spezialisierten Arzt und 4 Large Language Models personalisierte Therapiemöglichkeiten ermittelt. Die Ergebnisse wurden dann von den Mitgliedern des molekularen Tumorboards bewertet, ohne dass sie wussten, woher die Empfehlungen kamen.

Hoffnung für verbesserte KI-Modelle

Manuela Benary berichtete dass es vereinzelt überraschend gute Therapieoptionen gab, die von KI identifiziert wurden. „Die Performance von Large Language Models ist allerdings deutlich schlechter als die menschlicher Expertinnen und Experten.“ kritisierte sie. Hinzukäme, dass Reproduzierbarkeit und Datenschutz eine besondere Herausforderung bei der Verwendung von KI an realen Patient*innen darstellen könne. 

Trotzdem betrachtet Damian Rieke die Potenziale der Künstlichen Intelligenz im medizinischen Bereich grundsätzlich positiv: „Wir konnten in der Studie auch zeigen, dass sich die Leistung der KI-Modelle mit neueren Modellen weiter verbessert. Das könnte bedeuten, dass KI künftig auch bei komplexen Diagnose- und Therapieprozessen stärker unterstützen kann – so lange Menschen die Ergebnisse der KI kontrollieren und letztlich über Therapien entscheiden.“

Bessere Patient*innenversorgung durch KI-Projekte an der Charité 

Prof. Felix Balzer vom Geschäftsbereich IT der Charité ist sich sicher, dass die Medizin von KI profitiert. „Ein besonderer Fokus liegt im Hinblick auf eine effizientere Patientenversorgung auf der Digitalisierung und somit auch auf dem Einsatz von Automation und Künstlicher Intelligenz“, sagt Balzer.

An der Charité gibt es mittlerweile mehrere Projekte, die sich mit der KI und Robotik in der medizinischen Versorgung beschäftigen. 

Quelle: Charité Universitätsmedizin Berlin

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