OnkologieLängeres Überleben bei Krebstherapie in zertifizierten Zentren

Die Behandlung von Krebserkrankungen in zertifizierten Krebszentren ist mit einer niedrigeren Mortalität assoziiert. Eine Studie hat Daten von 12 Krebsentitäten evaluiert.

Illustration: weiblicher Oberkörper mit Brustkrebs
Axel Kock/stock.adobe.com

Mammakarzinompatient*innen werden am häufigsten in zertifizierten Krebszentren behandelt.

Krebspatient*innen, die sich in zertifizierten Krebszentren erstbehandeln lassen, haben Vorteile beim Gesamtüberleben. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie.

Versorgungswissenschaftler*innen haben dafür Daten von Krebspatient*innen aus ganz Deutschland ausgewertet. Die Grundlage bildeten Daten von rund 22 Millionen volljährigen AOK-Versicherten sowie von 4 großen klinischen Krebsregistern aus Bayern, Berlin, Brandenburg, Sachsen und Thüringen. Auf Basis kontrollierter Kohortenstudien wurde ermittelt, ob die Erstbehandlung in Krankenhäusern mit und ohne Zertifikat der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) ein unterschiedliches Gesamtüberleben zur Folge hat.

In der Studie „Wirksamkeit der Versorgung in onkologischen Zentren“ (WiZen) wurden 11 Krebsdiagnosen betrachtet:

  • Kolonkarzinom,
  • Rektumkarzinom,
  • Lungenkarzinom,
  • Pankreaskarzinom,
  • Mammakarzinom,
  • Zervixkarzinom,
  • Prostatakarzinom,
  • Endometriumkarzinom,
  • Ovarialkarzinom,
  • Kopf-Hals-Malignome und
  • neuroonkologische Tumore.

Ausgehend von einer Gesamtpopulation von rund 22 Millionen volljährigen AOK-Versicherten im Jahr 2017 konnten nach Anwendung der Ein- und Ausschlusskriterien Kohorten mit Patient*innen mit inzidenter Krebserkrankung für die untersuchten Entitäten in die Untersuchung eingeschlossen werden. Die Kohorten sind in einer Größe zwischen 10.596 Betroffenen (Zervixkarzinom) und 172.901 Patient*innen (Lungenkarzinom).

Entitätsübergreifend bestand hinsichtlich der Merkmale der Erkrankten kein deutlicher Unterschied zwischen zertifizierten und nichtzertifizierten Krankenhäusern, jedoch waren größere Krankenhäuser häufiger und kleinere Krankenhäuser seltener DKG-zertifiziert. Trotz eines meist im Zeitverlauf moderaten Anstiegs des Anteils, der in DKG-zertifizierten Kliniken Behandelten, wurde mit Ausnahme des Mammakarzinoms bei allen Tumorentitäten die Mehrzahl der Patient*innen im Untersuchungszeitraum in nicht-DKG-zertifizierten Krankenhäusern behandelt.

Geringere Mortalität bei Behandlung in zertifizierten Zentren

Für alle 11 untersuchten Krebsarten zeigten sich Vorteile im Gesamtüberleben bei der Erstbehandlung in einer zertifizierten Klinik.

Das längere Gesamtüberleben von Patient*innen in DKG-zertifizierten Krankenhäusern betrug in den vollständig adjustierten Regressionsanalysen zwischen 3 Prozent (Lungenkarzinom) und 23 Prozent (Mammakarzinom), beziehungsweise zwischen 0,62 Monaten (Lungenkarzinom) und 4,61 Monaten (Zervixkarzinom).

Überlebensvorteile waren auch zu konkreten Nachbeobachtungszeitpunkten (30 Tage, 1,5 Jahre) konsistent für alle Tumorentitäten nachweisbar.

"Die WiZen-Studie zeigt für die untersuchten Entitäten, dass eine Behandlung in einem zertifizierten Zentrum mit einer niedrigeren Mortalität assoziiert ist", sagt Prof. Jochen Schmitt von der TU Dresden. „Das ist umso bemerkenswerter, da trotz der Empfehlungen des Nationalen Krebsplans noch immer rund 40 Prozent aller an Krebs-Erkrankten in nichtzertifizierten Krankenhäusern erstbehandelt werden.“

Die vorrangige Versorgung von Krebspatient*innen in zertifizierten Krankenhäusern habe großes Potenzial, Menschen besser zu behandeln und das Überleben zu verbessern, so Prof. Monika Klinkhammer-Schalke von der Uni Regensburg.

Zertifizierte onkologische Zentren

Die zertifizierten Krebszentren sind online in der Oncomap zu finden unter: oncomap.de

Hintergrund

Jährlich erkrankten bundesweit rund 500.000 Menschen in Deutschland an Krebs. Mehr als 200.000 Männer und Frauen versterben jährlich an Krebs. Damit ist Krebs in Deutschland die zweithäufigste Todesursache und eine der häufigsten chronischen Erkrankungen, die zu enormen Belastungen der Betroffenen sowie der Angehörigen, aber auch des Gesundheitssystems führt.

Der Nationale Krebsplan des Bundesministeriums für Gesundheit, sowie der Deutschen Krebsgesellschaft, der Deutschen Krebshilfe und der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren als Mitinitiatoren, sieht bereits seit vielen Jahren vor, dass alle in Deutschland an Krebs erkrankten Patient*innen eine qualitativ hochwertige Versorgung entsprechend evidenzbasierter Behandlungsleitlinien erhalten. Dafür sind Zertifizierungsprogramme etabliert, aber bislang noch nicht übergreifend evaluiert worden. Die WiZen-Studie hat sich diesem Defizit angenommen.

Quelle: Universität Regensburg

Literatur

Schmitt J, Klinkhammer-Schalke M, Bierbaum V et al. on behalf of the WiZen Study Group: Initial cancer treatment in certified versus non-certified hospitals: results of the WiZen comparative cohort study. Dtsch Arztebl Int 2023; 120. doi: 10.3238/arztebl.m2023.0169