Wasser- und WärmeanwendungenHydro- und Thermotherapie bei Atemwegserkrankungen

Maßnahmen der Hydro- und Thermotherapie haben einen hohen Stellenwert bei der Behandlung von Atemwegserkrankungen. Das sind die Möglichkeiten und Grenzen.

Junger Mann mit Mütze geht Eisbaden
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Eisbaden bewirkt neben einer allgemeinen Steigerung des Wohlbefindens vor allem eine objektiv nachweisbare verringerte Infektneigung.

von Rainer Brenke

Neben Herz-Kreislauf-Erkrankungen gehören Erkrankungen der Atemwege zu den häufigsten Gründen, weshalb ärztliche Hilfe in Anspruch genommen wird. Während sich akute Beschwerden oft von selbst begrenzen, ist bei chronischen Erkrankungen meist eine Dauertherapie erforderlich. Zwar hat sich die medikamentöse Therapie in den letzten Jahrzahnten drastisch verbessert (Beispiel: inhalative Kortikosteroide), dennoch haben viele Medikamente auf Dauer Nebenwirkungspotenzial. Das ist ein rationaler Grund, in geeigneten Fällen nach naturheilkundlichen Alternativen bzw. Ergänzungen zu suchen.

Die oft notwendige aktive Mitarbeit des Patienten zeichnet einen großen Teil der Naturheilverfahren aus und macht einen selbstbestimmten Umgang mit der Krankheit möglich. Bei dem Thema „Eigenverantwortung“ geht es nicht nur um die Kenntnis naturheilkundlicher Möglichkeiten und den richtigen Umgang mit Medikamenten, sondern auch um das Verhalten im Alltag, z. B. beim Umgang mit Genussmitteln. Bei Atemwegserkrankungen hat nun einmal die Nikotinkarenz eine entscheidende Bedeutung. Obwohl das allgemein bekannt ist, schadet eine Wiederholung der bekannten Forderung nicht.

Bei der Hydro- und Thermotherapie sollte die Therapie wie immer in der Naturheilkunde an den Einzelfall angepasst erfolgen, wobei z. B. die Komorbiditäten und Konstitution zu berücksichtigen sind. Eine Naturheilkunde mit starren Leitlinien ohne entsprechend breiten Behandlungskorridor würde ihrem Anspruch nicht gerecht werden. Ein Großteil der hydro- bzw. thermotherapeutischen Anwendungen ist nicht mehr zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnungsfähig. Das entspricht dem veränderten Stellenwert der Hydrotherapie gegenüber vergangenen Jahrzehnten. So sind in der aktuellen Heilmittel-Richtlinie [25] unter § 24 „Thermotherapie“ lediglich Kältetherapie, Heißluft, heiße Rolle, Ultraschall, Fango- bzw. Paraffinpackungen sowie Voll- und Teilbäder mit Peloiden/Paraffin aufgeführt. Außer der Ultraschallbehandlung können in der Regel Wärme- und Kälteapplikationen nur als Ergänzung zu anderen Verfahren verordnet werden. Nach der geltenden Richtlinie zählen Teil- und Wannenbäder (soweit sie nicht nach den Vorgaben des Heilmittelkatalogs verordnungsfähig sind), Sauna, römisch-irische und russisch-römische Bäder sowie – anders als beim Rehabilitationssport (Reha-Sport) – Schwimmen und Baden (auch in Thermal- und Warmwasserbädern) als Maßnahmen, die der persönlichen Lebensführung zuzuordnen sind.

Im Heilmittelkatalog [26] sind unter AT1 (Störungen der Atmung mit prognostisch kurzzeitigem Behandlungsbedarf) als vorrangige Heilmittel je nach Diagnose die Krankengymnastik, Inhalationen und die Bindegewebsmassage genannt, als ergänzende Heilmittel sind die Klassische Massage, Wärmetherapie (insbesondere die heiße Rolle) und Inhalationen aufgeführt. Unter AT2 (Störungen der Atmung mit prognostisch länger dauerndem Behandlungsbedarf) erscheinen als vorrangige Heilmittel die Krankengymnastik, Atemtherapie, Inhalationen und die Bindegewebsmassage, als ergänzende Heilmittel die Klassische Massage, Wärmetherapie und Inhalationen.

Infektanfälligkeit und chronische Erkrankungen der Atemwege

Häufige Infekte im Kindes- oder Erwachsenenalter können die Entstehung chronischer bronchopulmonaler Erkrankungen begünstigen. Beim alten Menschen lassen zudem die Leistungen des Immunsystems nach. Dabei kann auch die moderne Lebensweise mit Klimaanlagen und geringerer Exposition gegenüber natürlichen klimatischen Reizen von Bedeutung sein. Nur selten findet man eine immunologische Grunderkrankung oder einen „Immundefekt“, der dann gezielt behandelt werden kann. Oft spielen auch „Herderkrankungen“ wie chronische Entzündungen an den Zähnen eine Rolle. Außer einer Herdsanierung und Schutzimpfungen gibt es – von den erwähnten seltenen Ausnahmen abgesehen – wenig erfolgversprechende „schulmedizinische“ Behandlungsansätze bei Infektanfälligkeit.

Sinnvoll ist dann die sogenannte „Abhärtung“, eine Domäne der Naturheilkunde. Im Mittelpunkt steht dabei die Hydro-Thermotherapie, was auch daran liegt, dass die Thermoregulation den meisten anderen Regulationskreisen im Körper übergeordnet ist. Ein moderates Ausdauertraining, vorsichtig dosierte Sonnenbestrahlung, Klimareize und vollwertige Ernährung ergänzen das Programm.

Bisher konnten wenigstens vier wichtige Wirkungswege der Abhärtung identifiziert werden, worüber an anderer Stelle in dieser Zeitschrift bereits berichtet wurde [11]:

  • Verbesserung der Durchblutung an den Akren und den Schleimhäuten im Nasen-Rachen-Raum
  • Stimulierung unspezifischer Immun- bzw. Resistenzmechanismen
  • vegetative Stabilisierung und damit geringere Stressanfälligkeit
  • Stärkung antioxydativer Schutzmechanismen, also bessere Bewältigung freier Radikale

Folgende Maßnahmen der Hydro- und Thermotherapie kommen als abhärtende Methoden infrage.

Regelmäßiger Saunabesuch

Durch die warme Inspirationsluft erwärmen sich die Schleimhäute im Nasen-Rachen-Raum auf bis zu 42°C. Dabei steigt die Durchblutung auf das bis zu 7-Fache an, was mit einer Steigerung der örtlichen Abwehr verbunden sein dürfte. So fanden wir eine erhöhte Immunglobulin-A-Sekretion (Übersicht [9]). Für eine örtliche Steigerung der Abwehr und eine verbesserte Funktion der Schleimhäute sprechen auch die Untersuchungen von Rysánková aus dem Jahr 1988 [43]. Mit Hilfe eines sogenannten Sacharintests, der die Zeit bis zum Auftreten eines süßen Geschmackes einer in eine Nasenmuschel deponierten Süßstofftablette erfasst, wies dieser Test an 22 Personen eine erhöhte Aktivität des Flimmerepithels nach Sauna nach (verkürzte Zeit bis zum Auftreten eines süßen Geschmacks).

Die abhärtende Wirkung der Sauna ist epidemiologisch und physiologisch gut untersucht [1], [3], [7], [8], [10], [12], [13], [14], [15], [16], [17], [18], [19], [20], [21], [22], [23], [24], [28], [29], [32], [38], [41], [42], [44]. Sowohl im Kindes- als auch im Erwachsenenalter sind regelmäßige Saunabesuche (mindestens 1 × pro Woche) über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten nötig, damit die Infekthäufigkeit signifikant sinkt.

Sauna stellt eine der besten Möglichkeiten zur unspezifischen Prophylaxe gegenüber Infekten dar. Bei einem akuten Infekt sollte vom Saunabesuch aber abgesehen werden, da Teilmechanismen der Abwehr unmittelbar geschwächt werden können und eine ausreichende Herzbelastbarkeit dann nicht gewährleistet ist.

Wirkfaktoren der Sauna bei Atemwegserkrankungen allgemein:

  • milde Ganzkörpererwärmung
  • verbesserte Durchblutung der Schleimhaut
  • Stimulation örtlicher und allgemeiner Abwehrvorgänge
  • „Entkrampfung“ der Bronchialmuskulatur
  • Entspannung der Atemhilfsmuskulatur
  • bessere Mobilisierbarkeit bindegewebiger Strukturen (z. B. Rippengelenke)

Kontraindikationen für die Sauna sind:

  • Fieber
  • akute Erkrankungen der Atemwege
  • unzureichende Leistungsfähigkeit des Herzens
  • ausgeprägter pulmonaler Hypertonus
  • respiratorische Insuffizienz
  • Tuberkulose

Fußbäder und Kneipp’sche Güsse

Fußbäder sind eine gute Maßnahme, um sich an thermische Reize zu gewöhnen oder zur Behandlung kalter Füße. Am Anfang ist mit warmen Bädern oder Senfmehlfußbädern zu beginnen, langfristig ist eine Verbesserung der Durchblutungsregulation aber vorwiegend zu erreichen, indem der Warmreiz mit einem kurzen Kaltbad der Füße abgeschlossen wird. Es kommt also auf den Wechselreiz an. Gut durchblutete Haut an den Füßen soll reflektorisch auch die Durchblutung im Unterleib und im Nasen-Rachen-Raum verbessern und sich somit auf die Abwehrsituation auswirken. Ist der Wärmehaushalt bereits trainiert, so stellen auch alleinige kurze Kaltreize wie Wassertreten, Taulaufen und kalte Unterschenkelgüsse eine Steigerung dar.

Einfache kalte Güsse haben bei Erwachsenen einen nachweisbaren Effekt auf die Häufigkeit grippaler Infekte. Ein statistisch signifikanter Einfluss ist wie bei der Sauna nach einem Vierteljahr nachweisbar [19]. Frühere Erfahrungen bestätigen einen positiven Einfluss auch bei Kindern [30], [31], [40]. Goedsche et al. zeigten 2007, dass eine Serie von kalten Obergüssen nach Kneipp die Häufigkeit von Atemwegsinfektionen bei Patienten mit COPD günstig beeinflusst [22]. Zudem scheinen auch einfache Gesichtsgüsse die Immunglobulin-A-Produktion der Schleimhäute im Nasen-Rachen-Raum zu stimulieren. Selbst das Kneipp’sche Wassertreten hat messbare Veränderungen von Immunparametern zur Folge [37].

Eisbaden

Deutlich über die Intensität der von Priessnitz und Kneipp empfohlenen Kaltreize geht das Eisbaden bzw. Winterschwimmen hinaus. Nach einem kurzen Erwärmungslauf im Winter wird für wenige Minuten in einem freien Gewässer gebadet. Neben einer allgemeinen Steigerung des Wohlbefindens geben Winterbäder vor allem eine gesenkte Infektneigung an. Diese lässt sich auch objektiv nachweisen. Innerhalb von 5 Jahren halbiert sich die Zahl der Arztkonsultationen wegen grippaler Infekte. Außerdem gibt es eine Reihe biochemischer Anpassungen wie eine bessere Bewältigung freier Radikale [4], [5], [6], [45]. Allerdings ist die Belastung des Herz-Kreislauf-Systems deutlich höher als bei der Sauna und es gibt einige Kontraindikationen zu beachten: arterieller Hypertonus, periphere arterielle Verschlusskrankheit, Herzrhythmusstörungen und allgemein Erkrankungen, die sich durch Kälte verschlechtern.

Schleimhautregie zur örtlichen Abhärtung

Vogler beschrieb die Möglichkeit, die Abwehrsituation rein örtlich in Form der sogenannten Schleimhautregie zu verbessern [46]. Dazu gehören beim Zähneputzen am Morgen Räuspern, Gurgeln, vorsichtiges Bürsten von Zahnfleisch und Gaumen. Hinzu kommen Nasenspülungen mit 0,9 %iger Salzlösung (z. B. Emser Salz) sowie kalte Gesichtsgüsse. Nasenspülungen sollten nie mit reinem Wasser, sondern stets mit einer Salzlösung erfolgen.

Ordnungstherapie

Obwohl die Ordnungstherapie heute weitgehend mit psychosomatischen Ansätzen gleichgesetzt wird, kann der Begriff auch anders interpretiert werden. Natürlich gehören Einzel- oder Gruppenbehandlungen sowie Entspannungsverfahren und der kritische Umgang mit Genussmitteln dazu. Naturheilkundlich bedeutet „Ordnungstherapie“ aber auch, Ordnung in vegetativ gesteuerte Funktionen zu bringen. Diese hat Vogler einmal „Grundfunktionen“ genannt [46]. Sie sind bei vielen chronischen Krankheiten gestört, ihre Normalisierung z. B. auch mit Mitteln der Hydrotherapie erleichtert den Prozess der Gesundung von der Grunderkrankung.

Von Vogler werden folgende Grundfunktionen genannt:

  • Wärmehaushalt
  • Schlaf
  • Stuhlgang
  • Atmung
  • Menstruation

Die Atmung passt in dem Zusammenhang mit Atemwegserkrankungen natürlich nur bedingt, es gibt aber auch „vegetativ“ bedingte Atemstörungen, z. B. das Gefühl, nicht richtig durchatmen zu können. Die Therapie erfolgt befundorientiert: ansteigende Fußbäder oder Senfmehlfußbäder können „kalten Füßen“ abhelfen. Ob sich dadurch auch Erkrankungen der Atemwege beeinflussen lassen, ist nicht systematisch untersucht.

Besonderheiten bei weiteren Krankheitsbildern

Das sinubronchiale Syndrom

Der Nasen-Rachen-Raum und die tieferen Atemwege bilden eine funktionelle Einheit. Bei chronischen Entzündungen der Nasennebenhöhlen kann es zu reflektorischen Beeinflussungen des Bronchialsystems kommen, wodurch bronchopulmonale Erkrankungen ausgelöst oder verstärkt werden können. Das kommt in der Diagnose „sinubronchiales Syndrom“ zum Ausdruck. Ebenso kann ein bestehendes Asthma bronchiale durch Sinusitiden, Rhinitiden oder Polypen verschlechtert werden [27]. Eine Mitbehandlung im Bereich der oberen Luftwege bzw. des Nasen-Rachen-Raumes ist daher bei Atemwegserkrankungen auch im Sinne einer „Fokussanierung“ stets angezeigt.

Möglichkeiten der Hydro- und Thermotherapie

Im Wesentlichen entsprechen die zum Einsatz kommenden Verfahren denen bei Infektanfälligkeit. Die Schleimhautregie nach Vogler ist sicher von besonderer Bedeutung.

Diathermieverfahren zur Tiefenerwärmung

Um die Nasennebenhöhlen unmittelbar zu beeinflussen, werden oft auch Verfahren zur Tiefenerwärmung angewandt. Dazu eignen sich die Kurzwelle und andere Elektrotherapieverfahren aus dem Bereich der Hochfrequenz. Die Erwärmung führt zu einer Hyperämisierung und damit zur verbesserten Schleimhautfunktion. Akute Erkrankungen werden mit niedriger Dosis, kurzen Serien und Behandlungszeiten sowie kurzen Behandlungsintervallen behandelt, chronische Erkrankungen umgekehrt.

Die COPD

Mit dem Begriff „Chronisch obstruktive Lungenerkrankung“ (COPD oder COLD) wird das fortgeschrittene Stadium einer Reihe von meist „gemischten“ Lungenerkrankungen bezeichnet. Zu diesen Erkrankungen gehören chronische Bronchitis, Asthma bronchiale und Lungenemphysem. Häufig leiden die Patienten unter einer langsam zunehmenden Atemnot.

Die Sauna

Lange Zeit galt die Sauna bei vielen Vertretern der Naturheilkunde als nichtmedikamentöse Basistherapie auch bei COPD. Da sich die Luft in der Wärme ausdehnt, enthält sie in der Sauna pro Volumeneinheit weniger Sauerstoff und entspricht einem Aufenthalt in 2000 m Höhe. Daher gilt eine respiratorische Globalinsuffizienz als Kontraindikation. Weitere Kontraindikationen sind pulmonaler Hypertonus und akute Exazerbation. Eine Leistungsfähigkeit von 75 Watt wird als ausreichend angesehen, um eine Sauna nutzen zu können. Bei einer asthmatischen Komponente lehnen etliche Pneumologen die Sauna aus Furcht vor einem Asthmaanfall ab, was aus meiner Sicht nicht gerechtfertigt ist. Schon 1961 berichtete Krauß über eine Verbesserung der Lungenfunktion allein im Verlauf von 4 Saunabädern. Als Parameter diente dabei der Atemgrenzwert (jeweils vor und nach Sauna gemessen). Sowohl unmittelbar als auch langfristig konnte ein Anstieg des Atemgrenzwertes um jeweils über 10 % gemessen werden [35]. Vergleichbare ältere Befunde wiesen eine Abnahme des Atemwegswiderstandes während einer Serie warmer Bäder nach.

Eine verringerte Aufnahmekapazität des Hämoglobins unter Wärme dürfte sich mit der verbesserten Abgabe im Gewebe weitgehend ausgleichen, sodass unter Ruhebedingungen in der Sauna in dieser Hinsicht kein Sauerstoffmangel zu befürchten ist. Neuere Untersuchungen zu diesem Thema stammen von Zinchuk und Zhad’ko [48]. 2014 berichteten Kikuchi et al. [33] über 20 Patienten mit gesicherter COPD verschiedener Grade, die sich insgesamt 20 × einer Waon-Therapie 5 × pro Woche unterzogen. Bei der Waon-Therapie handelt es sich um die japanische Variante einer Überwärmungskabine (15 min in einer 60-Grad-Wärmekabine, danach 30 min Nachschwitzen in einer Packung aus Decken). Unter der Waon-Therapie stiegen Vitalkapazität und Peak-Flow an. In einer konventionell behandelten Vergleichsgruppe besserte sich die Lungenfunktion dagegen nicht.

Teilbäder und Kompressen

Für die chronische Bronchitis bzw. COPD werden in bestimmten Fällen, also bei Neigung zum Bronchospasmus und zum Sekretstau, auch temperaturansteigende Unterarm- bzw. Unterschenkelbäder mit anschließendem Brust-, Kreuz- oder Rumpfwickel zur Bronchospasmolyse und Mukolyse empfohlen [47]. Bewährt haben sich auch Auflagen auf den Thorax mit Zusätzen wie Thymian.

Heiße Rolle

Die heiße Rolle erfreut sich großer Beliebtheit und ist zumindest als ergänzendes Heilmittel auch im GKV-Bereich verordnungsfähig. Ihre Wirkung wird heute als Reflextherapie über Head’sche Zonen erklärt, vergleichbar mit heißen Kompressen [34]. Die Durchführung ist zwar nicht kompliziert, dennoch ist von einer Durchführung zu Hause wegen der Verbrühungsgefahr abzuraten. Behandlung in der Praxis: 2 Frotteehandtücher werden über die Längsseite gefaltet und eng zu einem Trichter aufgerollt. In diesen Trichter wird ca. 1 Liter kochendes Wasser gegossen. Bei einem gut gewickelten Trichter tritt kein Wasser unten aus. Mit der durch das heiße Wasser erwärmten Spitze des Trichters wird die Haut betupft, durch den intensiven Hitzereiz entsteht ein bis zu 2 Stunden anhaltendes hellrotes Erythem. Der Aufbau der Behandlung entspricht einer Reflexzonenbehandlung. Kühlt der äußere Bereich der Rolle langsam ab, kann sie nach und nach abgewickelt werden. Die Wirksamkeit ist durch den intensiven Reiz hoch, der Aufwand gering.

Bürsten- und Schöpfbäder

Die sogenannten mechanischen Bäder waren früher weit verbreitet, sind heute aber kaum noch zu finden. Der Grundgedanke dabei ist, die Wirkung eines thermoindifferenten bis warmen (38 °C) Halbbades durch intensive mechanische Reize zu verstärken. Dies erfolgt entweder durch Bürstungen im Bad oder das Beschöpfen mit einem geeigneten Gefäß (Durchführung: 36 °C). Die besonders beim Schöpfbad entstehenden feinen Erschütterungen des Thorax sollen sich bis ich die kleineren Luftwege fortsetzen, ein Abhusten erleichtern und die Atemwege weiten. Außerdem wird die Durchblutung der Haut verbessert, der Blutdruck sinkt nachweislich, das vegetative Nervensystem wird messbar beruhigt [2]. Am Ende des Bades erfolgt eine Wannenabkühlung als Kaltreiz, es schließt sich eine 20–30-minütige Nachruhe, meist mit einem kalten Brustwickel an. Die Bäder werden als Serie z. B. von 10 Behandlungen 2 × pro Woche verabreicht. In Eigenregie ist eine derartige Maßnahme wohl kaum durchführbar.

Asthma bronchiale

Heute gilt Asthma bronchiale als eine chronisch entzündliche Erkrankung der Atemwege. Die Bedeutung von über das vegetative Nervensystem ausgelösten Verkrampfungen der Bronchien wurde früher wohl überschätzt, obwohl diese sicher eine Rolle spielen. Im Vordergrund stehen durch eine Entzündung ausgelöste Atemwegsobstruktionen, die zumindest am Anfang reversibel sind. Oft stellen eine Hyperreagibilität des Bronchialsystems mit Pollinosis einen Vorläufer des Asthmas dar, weshalb auch der Heuschnupfen ernst genommen werden sollte.

Eine unserer wichtigsten therapeutischen Maßnahmen bei Asthma bronchiale und Pollinosis war – sofern keine respiratorische Insuffizienz vorlag – stets der versuchsweise Einsatz der Sauna. Es soll nicht verschwiegen werden, dass viele Pneumologen der Sauna bei Infektanfälligkeit zwar positiv gegenüberstehen, sie Asthmatikern aufgrund der Angst, der intensive Reiz einer Sauna könnte einen Asthmaanfall auslösen, aber nicht empfehlen. Wir haben keine stärkeren Asthmaanfälle im Zusammenhang mit Sauna gesehen, können die Vorsicht aber verstehen. Die Sorge um einen Asthmaanfall dürfte aus der Beobachtung resultieren, dass ein intensiver thermischer Kaltreiz wie kalte Atemluft durchaus einen Asthmaanfall auslösen kann. Es sei hier aber erwähnt, dass kalte Atemluft nicht mit den (meist positiven) Effekten eines Ganzkörperreizes wie der Sauna oder einem kalten Seebad verwechselt werden darf. Weil sich aus Asthma bronchiale oft eine COPD entwickelt, sind viele der hier zu COPD gemachten Ausführungen auch für Asthma bronchiale gültig.

Kleinere Anwendungen der Hydro- und Thermotherapie

Zur Pflege des Wärmehaushalts können je nach Symptomatik ansteigende Fußbäder oder Senfmehlfußbäder, aber auch ansteigende Armbäder zum Einsatz kommen. Verbreitet sind wegen ihrer intensiven reflektorischen Wirkung kalte Brustwickel. Besonders sinnvoll sind sie nach einer vorangegangenen Wärmeanwendung. Beim akuten Anfall sind sie nicht zu empfehlen. Die kaum noch zur Anwendung kommenden Bürsten- und Schöpfbäder sind bei der COPD beschrieben.

Unterstützend werden bei Asthma bronchiale neben der heißen Rolle auch kalte Wickel (Brustwickel), versuchsweise auch heiß, sowie Fußbäder angeraten [47].

Klimatherapie

Obwohl die Klimatherapie nicht unmittelbar zur Hydrotherapie gehört, kommen auch hier intensive thermische Reize zum Einsatz. Insofern ist es interessant, dass Menger 1990 über positive Effekte auf die Lungenfunktion bei 40 Mädchen im Alter von 10–16 Jahren mit Asthma bronchiale berichtete. Im Zusammenhang mit einem Kaltluftbad an der Nordsee zwischen Dezember und April mit Lufttemperaturen zwischen -10 und +10 °C kam es anfangs zwar in Abhängigkeit von der Außentemperatur in rund der Hälfte der Fälle zu einem Bronchospasmus, dieser bildete sich jedoch noch während des kalten Luftbades zurück. Diese Beobachtung wurde von Menger als Ausdruck einer sympathikotonen Stimulation gedeutet [39].

Wärmeanwendungen für das Bewegungssystem

Vielfach werden bei chronischen Erkrankungen der Atemwege Schmerzen oder Atemeinschränkungen, die nicht unmittelbar im Zusammenhang mit dem Atmungssystem stehen, sondern über das Bewegungssystem vermittelt werden, beobachtet. So können wiederholter stärkerer Husten oder eine Schonhaltung z. B. zu schmerzhaften Blockierungen an der Wirbelsäule bzw. den kleinen Wirbelgelenken führen, wodurch die Ventilation weiter eingeschränkt wird und Schmerzen entstehen. Neben manualtherapeutischen bzw. krankengymnastischen Maßnahmen und dem Einsatz von Vibrationsgeräten können in diesem Fall Wärmeanwendungen sehr hilfreich sein. Häufig kommen Fango, aber auch Diathermieverfahren wie Kurzwelle oder Ultraschall zum Einsatz. Auch warme Bäder oder die heiße Rolle können bei ausreichender Belastbarkeit hilfreich sein. In der Wärme sind die Strukturen des Bewegungssystems besser dehn- und mobilisierbar, sodass die Probleme oft ohne weitere Maßnahmen gelöst werden können.

Fazit

Chronische Lungenerkrankungen nehmen in ihrer Häufigkeit zu. Die moderne Medizin hat zwar immense Fortschritte bei ihrer Behandlung gemacht, dennoch haben nebenwirkungsarme hydrotherapeutische Verfahren einen hohen Stellenwert. Sie sollten daher wieder vermehrt therapeutische Beachtung finden. Das reicht von der Abhärtung bis hin zu sekundären Komplikationen am Bewegungsapparat.

Rainer Brenke
Internist, Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin

Interessenkonflikt: Der Autor erklärt, dass keine wirtschaftlichen oder persönlichen Verbindungen bestehen.

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