HeilpflanzenGastrointestinale Wirkungen von Kümmelöl, Carvi aetheroleum

Ätherisches Kümmelöl wird bei Verdauungsbeschwerden eingesetzt. Es besitzt u.a. karminative, spasmolytische und antimikrobielle Eigenschaften. Studien belegen die Wirkungen insbesondere in Kombination mit Pfefferminzöl.

Kümmelöl auf Olivenholz
Steidi/stock.adobe.com

von Tankred Wegener

Das ätherische Kümmelöl aus Carum carvi L., Carvi aetheroleum, bestehend überwiegend aus den Terpenen (S)-(+)-Carvon und (R)-(+)-Limonen, wird bei Verdauungsbeschwerden, einhergehend mit Blähungen und Flatulenz, oder sogar bei flatulenzbedingten Koliken angewandt. Überwiegend aktuelle experimentelle Daten geben Hinweise oder bekräftigen die bereits früher postulierten Wirkungen. Zu nennen sind vor allem karminative (entblähende) Wirkungen im Gastrointestinum durch spasmolytische bzw. entkrampfende Eigenschaften, eine mögliche Hemmung der intestinalen Gärungsprozesse durch antimikrobielle (auf pathogene Keime beschränkt) Wirkungen, eine Volumenreduktion durch Hemmung der Schaumbildung von Magen- und Darmsaft und damit eine mögliche Reduktion blähungsbedingter Schmerzen sowie direkte antinozizeptive Eigenschaften. Ergebnisse aus klinischen Untersuchungen und Studien können die Wirkungen z. T. für das Kümmelöl alleine, besser für eine langjährig bewährte Kombination zusammen mit Pfefferminzöl, z. B. in der Anwendung bei typischen Symptomen funktioneller Verdauungsstörungen bestätigen.

Inhalt

Phytochemie

Wirkungen

Daten aus klinischen Studien: Reizdarmsyndrom

Heutige therapeutische Verwendung des Kümmelöls als Phytopharmakon

Fazit

Kümmelöl? – Auf einen ersten kurzen Blick in die aktuellen Monografien des „Hager“, der ESCOP und in den Assessment Report des HMPC gibt es scheinbar nur wenige Daten. Beruht die Anwendung denn überwiegend nur auf einer langjährigen Tradition und damit lediglich auf einer Plausibilität? Nein, keineswegs, wie dieser Beitrag zeigen soll. Wenn wir uns die bis heute vorliegenden Daten aus Pharmakologie und Klinik genauer anschauen, ergibt sich ein recht schlüssiges Bild.

Die aktuelle Monografie der ESCOP [5] und die des HMPC [2] benennen eine symptomatische Behandlung von Verdauungsbeschwerden wie Blähungen und Flatulenz sowohl bei oraler als auch bei kutaner Anwendung (Einreibung im Bereich des Abdomens). Die ESCOP nennt darüber hinaus auch die Anwendung bei flatulenzbedingten Koliken von Säuglingen und Kindern. In beiden Monografien werden diese Anwendungen als traditionell und damit als plausibel betrachtet.

Dies steht in schlüssiger Folge der Empfehlungen zu den Anwendungen des Kümmelöls in einigen relevanten früheren Werken (ohne Anspruch auf Vollständigkeit): So schrieb Leonhart Fuchs in seinem Kräuterbuch von 1543 zum „Wisenkümel“: „Der same von disem Kümel treibt den Harn / ist dem magen und dem mund ganz lieblich und dienstlich. Vertreibt die bläst und wind“ [10]. Gerhard Madaus [26] betrachtete die Früchte als auch das Öl als ein beliebtes Stomachikum und Karminativum, „welches bei Flatulenz, Meteorismus, Magenkrämpfen, Magenschwäche, Dyspepsie und Enteritis besonders Kindern gern verordnet wird“. In der Ausgabe von Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis von 1949 [9] wird das Öl als Stimulans und Karminativum bei Appetitlosigkeit, Magenkrampf und Flatulenz gelistet und die frühere Kommission E empfahl dann 1990 die innere Anwendung bei dyspeptischen Beschwerden wie leichte, krampfartige Beschwerden im Magen-Darm-Bereich, Blähungen und Völlegefühl [22].

Phytochemie

Das ätherische Kümmelöl wird aus den trockenen Früchten von Carum carvi L. [Abb. 1] durch Wasserdampfdestillation gewonnen. Das Öl besteht zu 50–65 % aus (S)-(+)-Carvon und zu 30–45 % aus (R)-(+)-Limonen [32], [14] [Abb. 2]. Ersteres ist für den typischen Geruch des Öls verantwortlich. Der Gehalt an Carvon im ätherischen Öl hängt vom Reifezustand der Kümmelfrüchte sowie von der Destillationszeit ab (die Zeit zur erschöpfenden Destillation ist für Carvon mit etwa 3,5 h deutlich kürzer als für Limonen mit etwa 8 h). Weitere Bestandteile in geringeren Mengen (bis zu 1,5 %) sind zahlreiche weitere Terpene wie Myrcen, α-Phellandren, p-Cymen und β-Caryophyllen sowie cis- und trans-Carveol, cis- und trans-Dihydrocarvon und trans-Dihydrocarveol [14].

Wirkungen

Wenn auch bis dahin nur sehr wenige Daten zur experimentellen Pharmakologie des Kümmelöls bzw. der Droge Kümmelfrüchte vorlagen, postulierte Prof. Schilcher bereits Mitte der 1980er-Jahre folgende 5 Wirkmechanismen des Kümmels bzw. des ätherischen Öls [36], [37]:

  • Lokale Stimulation der Magenschleimhaut, was den Vagusnerv aktiviere und zu einem Anstieg des Magentonus und der rhythmischen Kontraktion (Motilität) führe; das Ergebnis sei dann ein Entweichen der Luft aus dem Magen

  • Anregung der direkten und reflektorischen Beeinflussung der Magensaftsekretion

  • spasmolytische Wirkungen auf die glatte (Darm-)Muskulatur

  • antiseptische Wirkung insbesondere auf Gärungsbakterien

  • eine cholagoge Wirkung und damit eine verbesserte Verdauung (im Sinne einer Emulgierung) von Nahrungslipiden.

Dies als Postulat aus früherer Zeit vorangestellt, sind mittlerweile folgende Wirkungen – die alle direkt oder indirekt für die Anwendung bei Blähungen, Völlegefühl, Krämpfen und damit im Zusammenhang stehenden Schmerzen bedeutsam sind – für das Kümmelöl tatsächlich belegt:

Spasmolytische und antispasmogene Wirkungen

Publizierte Daten liegen vor zu antispasmodischen Wirkungen (Vorkontraktion durch Acetylcholin, Histamin, Carbachol sowie durch elektrische Spannung) und zu spasmolytischen Wirkungen an Trachea- bzw. Dünndarm-Segmenten des Meerschweinchens für das Kümmelöl [1], [8], [33] und für Extrakte aus den Kümmelfrüchten [7]. Auch wurde über antispasmogene (Acetylcholin, Kaliumchlorid) Eigenschaften am glattmuskulären Uterus der Ratte berichtet [35].

Neben diesen Eigenschaften des ätherischen Öls als Gesamtes sind diese auch für die einzelnen Terpene belegt: Für (S)-(+)-Carvon und (R)-(+)-Limonen eine leichte Relaxation des Meerschweinchen-Dünndarms [41] sowie antispasmogene Effekte bei durch Carbachol vorkontrahierten und antispasmogene und spasmolytische Effekte bei elektrisch stimulierten Längsmuskelpräparaten vom Ileum und Magenfundus der Maus [39].

Antimikrobielle bzw. antibakterielle Wirkungen

Es liegen viele Angaben zu antimikrobiellen bzw. antibakteriellen Eigenschaften des Kümmelöls bzw. von (+)-Carvon vor: bei Bacillus subtilis, Bacillus cereus, Pseudomonas aeruginosa, Candida albicans, E. coli, Saccharomyces cerevisiae, Aspergillus niger, Shigella dysenteriae, Vibrio cholerae, Staphylococcus aureus, Salmonella enteritidis, Micrococcus luteus, Proteus mirabilis, Pseudomonas tolaasii sowie bei Dermatophyten [3], [5], [6], [11], [14], [16], [38], [40], [44].

Beachtenswert ist ein möglicher selektiver Prozess: In vitro wurde das Wachstum der natürlichen Darmflora mit z. B. Lactobacillus spec. und Bifidobacterium spec. (erst) mit deutlich höheren MIC-Werten (≥ 2,2 %) im Vergleich zum Wachstum typischer potenziell pathogener Darmkeime wie Bacteroides fragilis, Candida albicans und Clostridium spp. (MIC-Werte hier 0,275–0,55 %) gehemmt [16].

Darüber ist nachvollziehbar, dass die karminative (entblähende) Wirkung des Kümmelöls auch auf antimikrobiellen Effekten durch verminderte intestinale Gärungsprozesse und damit Gasbildung durch pathogene Mikroorganismen beruhen kann.

Gastrointestinale Motilität

Die Auswirkungen von (R)-(–)- und (S)-(+)-Carvon auf die Darmmotilität wurden bei Mäusen durch Messung der Entleerung von Farbstoffen aus dem Magen und der Intensität der Darmtätigkeit bewertet. Im Vergleich zum Vehikel alleine war die Geschwindigkeit der Magenentleerung mit beiden Enantiomeren signifikant geringer und lag etwas über den Werten für die Kontrolle Loperamid. Beide verzögerten auch signifikant den Darmtransit, wenn eine flüssige Testmahlzeit direkt in den Zwölffingerdarm injiziert wurde, wobei die Auswirkungen mit denen der Positivkontrolle (Loperamid) vergleichbar sind. Zudem waren die spontanen und rhythmischen intragastrischen mittleren Amplituden der Druckwellen im Vergleich zu Vehikel alleine verringert, ohne die Stärke der Wirkung von Loperamid zu erreichen [39].

An humanen Dünn- und Dickdarmpräparaten aus chirurgischer Resektion wurden die Wirkungen von Kümmel- und Pfefferminzöl auf die kontraktile (gemessen an zirkulären Glattmuskelstreifen; elektrische Stimulation kontraktiler Reaktionen) und sekretorische Aktivität (Ussing-Kammer-Voltage Clamp-Technik) untersucht. Mit IC50-Werten zwischen 7 und 127 µg/ml hemmte das Kümmelöl bei beiden Geweben konzentrationsabhängig die Muskelkontraktilität, ersichtlich an einer anhaltenden Muskelentspannung und einer Abnahme der phasischen Kontraktilität; die kontraktile Nervenreaktion wurde nicht beeinflusst. Die Hemmung der kontraktilen Aktivität, aber nicht die Muskelentspannung, wurde durch den L-Typ-Kalziumkanal-Aktivator Bay K8644 verhindert, nicht aber durch das Neurotoxin Tetrodotoxin (Hinweis auf Blockade von L-Typ-Kalziumkanälen). Gemessen wurde zudem eine Erhöhung der epithelialen Sekretion. Diese konnte durch Tetrodotoxin nicht blockiert werden, was auf eine direkte Aktivierung der Epithelzellen hinweist [23].

Die Wirkung einer intraduodenalen Verabreichung von Kümmelöl (50 mg) auf die gastroduodenale Motilität wurde auch an gesunden Freiwilligen untersucht. Die Ergebnisse zeigten eine signifikante Verringerung der Kontraktionsamplituden des Duodenums sowie eine Verkürzung der Kontraktionsdauer und der Amplituden im Magenkorpus und Antrum, was auf eine entspannende Wirkung des Öls auf die glatte Muskulatur hinweist [31].

Physikochemische Eigenschaften

Bereits vor vielen Jahren wurde über eine konzentrationsabhängige Reduktion der Schaumbildung durch Kümmelöl (und auch andere ätherische Öle) berichtet. Untersucht wurde dies in einer skalierten Glasröhre, in die künstlicher Magen- oder Darmsaft eingefüllt und mit Luft durchströmt wurde [15].

Mit einer etwas modifizierten Methode, bei der sich in der Glasröhre oberhalb der Flüssigkeit ein gleichmäßig steigender Schaum durch einen eingestellten Druck bildet, wurde dieses Experiment mit Kümmel- und Pfefferminzöl sowie deren Kombination wiederholt [21]. Neben der Schaumhöhe wurde auch die Oberflächenspannung (Ringmethode nach Lecomte du Noüy mit Interfacial-Tensiometer) gemessen. Die Zugaben von Kümmel- als auch von Pfefferminzöl zu künstlichem Magen- oder Darmsaft führten zu einer deutlichen und konzentrationsabhängigen Abnahme der Schaumbildung (IC50-Werte von 0,02–0,09 %). Die vorliegenden Untersuchungen demonstrieren, dass die ätherischen Öle im therapeutischen Dosisbereich über ausgeprägte schaumverhütende Effekte verfügen. Die beiden Öle allein, aber auch deren Kombination verringerten zudem konzentrationsabhängig die Oberflächenspannung mit maximal ca. 25 %.

Anzumerken ist, dass der hier gezeigte Effekt auf einer unmittelbaren Verfügbarkeit der ätherischen Öle im Experiment beruht; bei oraler Anwendung wird das Ausmaß einer entschäumenden Wirkung sicherlich beeinflusst sein durch den Prozess der Freisetzung und Verteilung im Darmlumen und ggf. auch von der Zusammensetzung der Darmflora.

 

Antinozizeptive Wirkungen

Nachdem in einer In-vivo-Studie gezeigt wurde, dass ein analgetischer Effekt von (–)-Carvon in verschiedenen Modellen bei verminderter Nervenerregbarkeit vermindert ist [13] und dies auf einer Blockade von L-Typ-Kalziumkanälen beruht [42], s. auch [23], wurde gezeigt, dass die Nervenerregbarkeit verringert wird, indem spannungsgesteuerte Natriumkanäle auf reversible Weise blockiert werden. In diesen Experimenten (modifizierte GAP-Methode) erwies sich dann (+)-Carvon deutlich wirksamer als das Enantiomer (–)-Carvon [12].

Weiterhin wurden die Auswirkungen von (+)- und (–)-Carvon auf die glutamaterge spontane exzitatorische Übertragung in Neuronen der Substantia Gelatinosa adulter Ratten-Rückenmarkschnitte mithilfe der Whole-Cell-Patch-Clamp-Technik untersucht. Hier zeigte sich eine Aktivierung von TRPA1-Kanälen durch (+)-Carvon, ein Hinweis auf den Mechanismus der antinozizeptiven Wirkung des Kümmelöls [19]. TRPA1-Kanäle spielen nicht nur bei der Schmerzrezeption, sondern auch bei der gastrointestinalen Motilität eine Rolle; sie sind im Übrigen auch im Darm lokalisiert [45].

Weitere Wirkungen

In vivo zeigte sich eine kurative Wirkung des Kümmelöls an einer schnelleren Abheilung der durch Trinitrobenzolsulfonsäure (TBNS) induzierten Kolitis bei der Ratte [20]. Das 6 h nach der TBNS-Instillation (Kolon) oral applizierte Öl war wirksam im Dosisbereich von nur 100–400 µl / kg Körpergewicht (ein wässrig-alkoholischer Extrakt aus den Früchten in Dosen von 100–400 mg/kg); das Ausmaß der Kolitis wurde mikroskopisch und histologisch bewertet, Positivkontrollen waren Prednisolon, Mesalazin und Hydrocortison.

Daten aus klinischen Studien: Reizdarmsyndrom

Eine der bekannten Anwendungsempfehlungen von Kümmelöl ist die Einreibung bei Säuglingen / Kleinkindern mit krampfartigen Magenschmerzen. Wenn auch nicht genau zu dieser Indikation in dieser Klientel, so liegen doch die Daten einer interessanten Studie vor, in der sich die „Kümmelölleibauflage nach Kneipp“ bei Patienten mit Reizdarmsyndrom als wirksam erwiesen hatte – und über die bereits in dieser Zeitschrift berichtet wurde [24], [25]:

In der monozentrischen, randomisierten, offenen Cross-over-Studie wurden Patienten mit Reizdarmsyndrom behandelt. Alle erhielten in unterschiedlicher Reihenfolge alle 3 Interventionen für jeweils 30 min täglich über jeweils 3 Wochen: A) einen erwärmten Moor-Breiumschlag mit Kümmelöl (2 %ig in Olivenöl), B) eine erwärmte Leibauflage nur mit Olivenöl oder C) eine körperwarme Auflage mit Olivenöl. Hauptzielparameter war die Intensität der Reizdarmbeschwerden, erfasst mit der Irritable Bowel Syndrom Symptome Severity Scale, IBS-SSS; Nebenzielparameter waren u. a. Skalen zur Lebensqualität (EQ-5 D, IBS-QOL). Das Ergebnis: Es wurde ein signifikanter Unterschied für den Symptomschweregrad zugunsten der Kümmelölgruppe im Vergleich zur Gruppe mit nur körperwarmem Olivenöl, nicht aber im Vergleich zum erwärmten Olivenöl festgestellt. Allerdings war die Responderrate (mind. 50 Punkte Symptomreduktion in der IBS-SSS) am höchsten für den Breiumschlag mit Kümmelöl (43,9 % vs. 20,0 % Gruppe B und 18,9 % für Gruppe C) sowie die Wertung einer angemessenen Wirkung mit 51,8 % in Gruppe A, vs. 23,5 % und 25,8 % für Gruppen B und C.

Eine Anmerkung: Dass die topische Anwendung von Kümmelöl – neben Effekten der Wärme und der Massage – im Prinzip auch eine pharmakologische Wirkung ausüben könnte, ist durch den Nachweis der Resorption und Bioverfügbarkeit von auf dem unteren Abdomen appliziertem (S)-(+)-Carvon (in Erdnussöl) in einer früheren Studie gezeigt worden [18].

Möglicherweise reguliert das Kümmelöl in Richtung einer normalen Darmtätigkeit: Eine Studie aus dem Iran berichtete kürzlich über eine schnellere Wiederaufnahme der Darmmotilität (signifikant kürzere Zeit bis zum Hören der ersten Darmgeräusche bei der Auskultation, bis zum ersten Flatus, bis zum ersten Stuhlgang und kürzere Dauer des Krankenhausaufenthalts) nach operativen Eingriffen unter Vollnarkose (hier einem Kaiserschnitt). Die Patientinnen der Interventionsgruppe (n = 50) erhielten 6 und 7 h nach der Operation eine Dosis von jeweils 4 g Kümmel in einem Sirup (keine weiteren Angaben), die Kontrollgruppe (n = 48) erhielt einen Placebosirup [46].

Heutige therapeutische Verwendung des Kümmelöls als Phytopharmakon

Zubereitungen mit Kümmelfrüchten oder Kümmelöl als alleiniger Wirkstoff in Form von Fertigarzneimitteln sind nicht bekannt (das mag auch geschmacklich nicht jedermanns Sache sein). Es gab jedoch schon immer viele Kombinationsarzneimittel und auch Standardzulassungen mit Kümmelfrüchten oder dem Kümmelöl, so ist vor allem der „AFK“-Tee (Magen- und Darm-Tee II mit Anis, Fenchel, Kümmel) neben den weiteren Magen- und Darm-Tees I–IX) eine sicherlich oft bewährte Standardzulassung. Basis dafür waren wohl die verschiedenen Kombinationsmonografien der Kommission E.

Eine moderne, in vielen Studien im RCT-Design geprüfte Arzneimittelspezialität enthält eine Kombination von 50 mg Kümmel- und 90 mg Pfefferminzöl in einer magensaftresistenten Weichkapsel (Carmenthin®, in wiss. Publikationen Menthacarin®). Für dieses Produkt liegt eine Reihe von Studien vor, in denen sich u. a. im Vergleich zu dem früher üblichen Cisaprid eine vergleichbare [27] und vs. Placebo eine sehr gute [29], [30], [34] Wirksamkeit zeigte, sogar auch bei der Langzeitanwendung von bis zu 12 Monaten [17], [43] bei nicht säurebedingter funktioneller Dyspepsie, in einer Studie auch bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen [4]. Eine jüngere Analyse der Daten aus 3 Studien (Metaanalyse von Subgruppen) ergab zudem eine Wirkung (Zielgröße: Schmerzempfinden) bei Dyspepsie-Patienten mit typischen Symptomen eines Reizdarms [28].

Fazit

Die in den 1980er-Jahren postulierten Wirkungen des Kümmelöls wurden mittlerweile in experimentellen und klinischen Studien vielfach gezeigt. Darüber hinaus gibt es Daten zu weiteren Wirkungen – das Potenzial des Kümmel(öls) ist offenbar immer noch nicht ganz erschöpfend geklärt und erschlossen.

Dipl.-Biol. Dr. Tankred Wegener

Interessenkonflikt: Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

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