Zucker oder SüßstoffSind Süßstoffe ein guter Zucker-Ersatz?

Erythrit, Xylit, Stevia & Co: Zucker einfach gegen Süßstoff auszutauschen, ist möglicherweise keine gute Idee. Johanna Zielinski hat die Fakten zusammengefasst.

frische Stevia-Blätter, Süßstoffspender und Süßstofftabletten
Luis Echeverri Urrea/stock.adobe.com

Süßen ohne Reue? Süßstoffe haben nicht nur gesundheitliche Vorteile. Langzeitwirkungen sind noch unzureichend erforscht.

Zucker hat einen zwiespältigen Ruf in punkto Gesundheit. Man findet ihn natürlicherweise in allen Nahrungsmitteln, die Kohlenhydrate enthalten – beispielsweise in Getreide, Obst, Gemüse oder Milchprodukten. Der Konsum von Nahrung mit natürlich enthaltenem Zucker gestaltet sich bei einem ausgewogenen Ernährungsstil als unproblematisch. Gesundheitliche Nachteile entstehen bei einem Überfluss an zugesetztem Zucker.

Zufuhrempfehlungen für Zucker

  • Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt eine Höchstmenge für die Aufnahme von freiem Zucker bei einem durchschnittlichen Erwachsenen (Kalorienzufuhr ca 2000 kcal) von täglich weniger als 10% der Gesamtenergieaufnahme.
  • Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) setzt bei einer Zufuhr von 50 g freien Zuckern täglich die Grenze.

In unserer westlichen Ernährungsweise sind viele Gaumen bereits an den Konsum zuckerhaltiger Speisen gewöhnt. Trotz des Wissens um die gesundheitlichen Nachteile. Die Suche nach geeigneten Zuckeralternativen ist längst im Gange. So existieren inzwischen einige süß schmeckende Alternativen. Diese sollen in gemäßigten Mengen keine gesundheitlichen Risiken beinhalten. Und sogar gewisse Vorteile mit sich bringen. Zum Beispiel keine wesentliche Beeinflussung des Blutzucker- und Insulinspiegels. Denn starke Blutzuckerschwankungen können Entzündungsprozesse intensivieren und chronische Erkrankungen wie Diabetes mitverursachen.

Doch auch die Zuckeralternativen werden kritisch beäugt. Studien deuten darauf hin, dass die Ersatzsubstanzen unser Mikrobiom verändern und Erkrankungen begünstigen können. Inzwischen wird hier der Ruf der Expert*innen lauter, auch bei den süßen Alternativen Vorsicht walten zu lassen. 

Zucker: Ersatz oder Austausch? 

Im Alltag treffen wir bei verarbeiteten Lebensmitteln häufig auf zwei Gruppen von alternativen Süßungsmitteln – die Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe. Sie sind kalorienärmer als Zucker und sollen den Blutzuckerspiegel nicht belasten. Dabei ist ihre Süßkraft unterschiedlich hoch. Sie liegt um das 30- bis 3000-fache höher als Haushaltszucker.

Die Gruppe der Süßstoffe umfasst sehr unterschiedliche chemische Substanzen. Die süßen Substanzen tragen E-Nummern und zählen zu den Lebensmittel-Zusatzstoffen. Sie werden in der EU vor ihrer Zulassung auf gesundheitliche Unbedenklichkeit geprüft. Es besteht eine Kennzeichnungspflicht im Zutatenverzeichnis und auf Speisekarten. Ihre Verwendung ist per Gesetz auf bestimmte Lebensmittel begrenzt. Ebenso existieren vorgeschriebene Höchstmengen. Um einen optimalen Süßgeschmack zu erreichen, werden die alternativen Süßungsmittel häufig kombiniert. 

Zucker-Ersatz: Süßstoffe

Derzeit sind über 10 künstliche Süßstoffe in der EU zugelassen. Darunter Acesulfam K (E 950), Aspartam (E 951), Aspartam-Acesulfam-Salz (E952), Cyclamat (E 952), Saccharin (E 954), Sucralose (E 955), Thaumatin (E957), Neohesperidin DC (E959), Steviaglykoside (E960a und E960 c), sowie Neotam (E961) und Advantam (E969).

Die Substanzen sind nicht kariogen und haben keine Wirkung auf die Insulinausschüttung. Sie werden fast unverändert wieder ausgeschieden und liefern so gut wie keine Kalorien. Wegen ihrer hohen Süßkraft benötigt man sie nur in kleinen Mengen.

  • Saccharin ist etwa 500-mal süßer als Haushaltszucker. Der Stoff zeichnet sich durch eine hohe Stabilität aus was Hitze und Kälte anbelangt. Der Beigeschmack ist jedoch bitter, die Substanz wird darum häufig mit anderen Süßstoffen kombiniert.
  • Cyclamat erweist sich als ebenso stabil, hat jedoch die geringste Süßkraft im Vergleich zu den anderen Ersatzstoffen. Es wird häufig mit Saccharin kombiniert, um die Süßkraft zu erhöhen.
  • Aspartam hat in etwa die gleiche Kalorienanzahl wie Zucker, schmeckt jedoch 200-fach süßer. Die WHO hat Aspartam im Jahr 2023 als „möglicherweise krebserregend“ eingestuft – wenn die Substanz täglich in größeren Mengen von über 40 mg pro Kilogramm Körpergewicht aufgenommen wird.  Der mäßige Verzehr gilt noch als unbedenklich, Studien folgen. Der Hinweis „enthält eine Phenylalanin-Quelle“ ist hierbei wichtig, da Betroffene von Phenylketonurie diese Produkte nicht einnehmen dürfen.
  • Acesulfam-K: Eine ähnliche Süßkraft wie Aspartam wird auch Acesulfam-K zugesprochen. Bei einer groß angelegten Studie aus Frankreich (NutriNet Sante-Studie 2009-2021) stellte sich heraus, dass eine überdurchschnittlich hohe Aufnahme von Aspartam und Acesulfam-K (über 17 mg täglich) das Risiko für Krebserkrankungen steigern kann.
  • Sucralose schmeckt etwa 600-mal süßer als Zucker und hat keine Kalorien. Studien lassen jedoch vermuten, dass der Süßstoff den Insulinspiegel stark ansteigen lässt, wenn es mit weiteren Kohlenhydraten verzehrt wird. Weitere Studien sind nötig, um die Abnahme der Insulinsensitivität zu bestätigen und die Mechanismen der beobachteten Stoffwechselveränderungen zu untersuchen. Seit über fünf Jahren empfiehlt das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) Nahrungsmittel, die den Süßstoff enthalten, nicht stark zu erhitzen – wie etwa beim Backen oder Braten. Denn dadurch entstehen möglicherweise gesundheitsschädliche Substanzen.
  • Stevia: Stevioglycoside (E 960) aus der Stevia-Pflanze (chemisch behandelt) haben eine 300-fache Süßkraft von Zucker. Jedoch besteht ein bitterer Beigeschmack. Es befindet sich u.a. in Getränken, Süßigkeiten, Marmelade oder Soßen. Stevia ist für biologische Produkte nicht zugelassen.

Zuckeraustauschstoffe

Zuckeraustauschstoffe bestehen vorwiegend aus Zuckeralkoholen. Chemisch gesehen sind sie also anders aufgebaut als Zucker. Auch diese Substanzen werden ohne den Einsatz von Insulin verstoffwechselt. Die Austauschstoffe enthalten etwa halb so viel Kalorien wie Zucker, schmecken aber auch weniger süß. Sie sind ebenso nicht kariogen.

Neben dem Einsatz als Austauschsubstanz für Zucker werden sie auch als Füllstoff oder Feuchthaltemittel verwendet. Lediglich für Polyglycitolsirup (E964) gibt es eine Begrenzung für Höchstmengen. Werden die Zuckeralkohole jedoch in größeren Mengen verspeist, können Magen-Darm-Probleme auftreten. Bestehen mehr als 10 Prozent des Lebensmittels aus den Austauschstoffen, wird auf die abführende Wirkung hingewiesen.

Gesetzlich festgelegt ist, dass Produkte, in denen Zuckeraustauschstoffe vorhanden sind, als zuckerfrei bezeichnet werden dürfen. Die Zuckeraustauschstoffe enden meistens auf -it. Darunter Xylit (E 967), Erythrit (E 968), Sorbit (E 420), Mannit (E 421), Isomalt (E 953), Maltit (E 965) und Lactit (E 966).

  • Xylit, auch Birkenzucker genannt, ist vergleichbar süß wie Zucker und ähnelt ihm auch im Aussehen. Xylit wird stark beworben und oftmals so, dass Verbraucher*innen denken, es handele sich um ein natürliches Erzeugnis aus Birken. Doch der Schein trügt. Der Zuckeraustauschstoff wird größtenteils industriell mit mehrstufigen technischen Verfahren hergestellt. Xylit ist daher nicht natürlicher als andere Austauschstoffe.
  • Erythrit ist kalorienfrei und schmeckt etwas weniger süß als Zucker. Derzeit wird diskutiert, ob der Süßstoff Herz-Kreislauf-Erkrankungen fördert und das Thrombose-Risiko erhöht. Da Erythrit natürlicherweise auch in Obst vorkommt, ist es ratsam bei einer Fruktoseintoleranz auf eine Unverträglichkeit zu achten. Es wird häufig als Feuchthaltemittel eingesetzt. 

Sind die Ersatzsubstanzen schädlich? 

Süßungsmittel haben ähnliche Eigenschaften wie Zucker, doch die Wirkungen im Körper fallen sehr unterschiedlich aus. Welche Effekte der süße Ersatz im Körper hat, v.a. im Hinblick auf den langfristigen und regelmäßigen Konsum, ist noch nicht abzuschätzen.

Das BfR kommt zu dem Schluss, dass die bisherigen Studien keine Gesundheitsbeeinträchtigung bestätigen können. Vor allem im Hinblick auf die am häufigsten verwendeten künstlichen Süßstoffe Sucralose, Aspartam, Cyclamat, Saccharin und Acesulfam K. Allerdings mit dem wichtigen Hinweis, dass die Studienlage sich unzureichend und heterogen darstellt. Man denke auch an spezielle Bevölkerungsgruppen wie Schwangere oder Kinder.

Ebenso unklar sind die gesundheitlichen Auswirkungen durch Kombinationen der süßen Substanzen. Zwar scheinen zuckerfreie Getränke den Insulinspiegel laut Studienlage nicht zu beeinflussen – aber nur dann, wenn keine anderen Kohlenhydrate zusätzlich konsumiert werden. In der Praxis kommt dies jedoch häufig vor. 

Wirkungen auf das Mikrobiom 

Auffällig sind die Veränderungen, die Süßstoffe bei der Zusammensetzung unserer Darmbakterien hervorrufen.

Eine aktuelle Studie zeigt, dass bestimmte Süßstoffe die Bakterienvielfalt unseres Mikrobioms deutlich verringern können. Eine Gruppe der Probanden erhielt 2 Wochen lang eine Kombination aus den Süßstoffen Saccharin, Sucralose, Aspartam und Stevia. Die Menge der Süßstoffe lag unter der als sicher geltenden täglichen Höchstmenge.

Die Ergebnisse zeigen, dass in der Gruppe mit der genannten Süßstoffaufnahme, das Mikrobiom im Darm (Stuhl), das orale Mikrobiom und das Plasmametabolom deutlich verändert war.

Saccharin und Sucralose haben die glykämischen Reaktionen sichtlich beeinträchtigt. Obwohl die Süßstoffe den Blutzuckerspiegel nicht direkt beeinflussen, scheinen sie jedoch die Glukosetoleranz auf diesem indirekten Weg zu beeinträchtigen. Hier wird intensiv weiter geforscht. 

Abnehmen mit Zuckerersatz?

In den letzten Jahren mehren sich die Hinweise, dass Menschen, die regelmäßig künstlich gesüßte Getränke trinken,

  • stärker an Gewicht zunehmen und
  • ein höheres Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauf-Probleme entwickeln.

Durch die künstlich gesüßten Getränke wird u.a. im Gehirn eine unangemessene Stoffwechselreaktion ausgelöst. Vermutlich beeinflussen die Süßstoffe den Insulinspiegel indirekt, wenn sie mit weiteren Kohlenhydraten eingenommen werden. Ein erhöhter Insulinspiegel fördert den Aufbau von Fettgewebe und verringert dadurch die Gewichtsabnahme.

Die langfristige Einnahme von Aspartam, Saccharin oder Diät-Getränken scheint - unabhängig von der Qualität der Ernährung oder der Kalorienaufnahme - das Risiko für Adipositas zu erhöhen.

Die WHO empfiehlt seit 2023, dass zuckerfreie Süßstoffe nicht zur Gewichtsreduzierung verwendet werden sollten.

Die Studienlage zeigt, dass die dauerhafte Aufnahme unerwünschte gesundheitliche Effekte aufweist – darunter ein höheres Risiko für Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die WHO schließt darin alle synthetischen und natürlichen Süßstoffe mit ein. 

Fazit

Am vorteilhaftesten für die Gesundheit scheint es also, den Alltag kulinarisch zu entsüßen. Unser Körper gewöhnt sich schnell an den intensiv süßen künstlichen Geschmack. Dadurch wird z.B. die natürliche Süße des Obsts als zu gering wahrgenommen. Ein Entzug der extrem gesüßten Nahrung empfiehlt sich für Alt und Jung über mehrere Wochen hinweg. Auch das Bundesministerium für Ernährung rät dazu, die eigenen Ernährungsgewohnheiten zu überdenken und generell weniger zu süßen.

Also alles eine Frage der Ge- und Entwöhnung.

Trends: Yacon, Lucuma, Luo Han Guo

Die Suche nach der gesunden Zuckeralternative geht weiter. Im Fokus stehen auch pflanzliche Alternativen.

  • Darunter Yacon, eine Pflanze aus Südamerika. Laut Studien wirkt sich die Einnahme vorteilhaft auf den Zucker- und Fettstoffwechsel, sowie die Gewichtskontrolle aus. Interventionsstudien an Menschen zur abschließenden Bewertung sind noch rar. Da der Anbau auch hierzulande möglich ist, könnte die Pflanze zukünftig zu einem gesunden Zuckerersatz werden.
  • Derzeit steht auch Lucuma, eine weitere südamerikanische Pflanze als Süßungsmittel im Fokus.
  • Aufgrund der kalorienarmen und zuckerfreien Eigenschaften wird Luo Han Guo bereits als süßer Ersatzstoff in Lebensmitteln für übergewichtige und diabetische Patienten eingesetzt.

Das gesundheitsförderliche Potenzial der Substanzen wird derzeit noch untersucht. Und auch hier bleibt es spannend, wie sich der regelmäßige und langfristige Konsum auf den menschlichen Körper auswirkt.

 

Johanna Zielinski ist Diplom-Ökotrophologin (Ernährungswissenschaften) und absolviert derzeit eine Weiterbildung im Bereich Psychologie. Journalistische Stationen erfolgten beim WDR sowie einem privaten Radiosender. Sie ist als Ernährungsberaterin sowie als freie Autorin und Sprecherin tätig.

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