Ernährungs-BlogMüde und abgeschlagen: Wie kann Ernährung helfen?

Worauf es ankommt und welche Nahrungsmittel für einen Energieschub infrage kommen, erklärt Ernährungswissenschaftlerin Johanna Zielinski.

gesunde Lebensmittel: Beeren, Kürbiskerne, Vollkornnudeln, Lachs, Avocado, Salat, Rosenkohl
M. Bergmann/Thieme

Die richtige Lebensmittelauswahl in bedarfsangepasster Menge kann bei Müdigkeit und Abgeschlagenheit helfen.

von Johanna Zielinski

Ständige Müdigkeit und fehlende Energie können im Alltag zu einer großen Belastung werden. Als Auslöser kommen verschiedenste Ursachen infrage: z.B. Schlafstörungen, bestimmte Medikamente, chronische Erkrankungen, ein Zuviel oder Zuwenig an körperlicher Aktivität, Stress und  – die Ernährung. 

Durch unsere Ernährung und unseren Lebensstil können wir darauf glücklicherweise einen positiven Einfluss nehmen. 

Darmmikrobiom 

Die Nahrung ist unsere wichtigste Energiequelle. So kann eine gesundheitsförderliche Ernährung dabei helfen, Müdigkeit zu bekämpfen. Geistige und körperliche Erschöpfung hängen u.a. stark mit dem Darmmikrobiom zusammen. Die Wissenschaft liefert dafür wichtige Hinweise.

So werden z.B. die Zusammenhänge zwischen der Ernährung und der Zusammensetzung der Bakterienstämme im Darm erforscht. Hier zeigt sich, dass sich die Zusammensetzung des Darmmikrobioms auf Merkmale wie geistige Energie, Müdigkeit, körperliche Energie oder Erschöpfung auswirken kann. Eine gestörtes Mikrobiom kann Entzündungen im Körper hervorrufen. Und: Das Darmmikrobiom ist eng mit unserer Stimmung sowie der physischen und psychischen Leistungsfähigkeit verbunden. 

Ernährungszustand 

Ein schlechter Ernährungszustand kann ein weiterer Einflussfaktor für Müdigkeit sein. Etwa durch Nährstoffmängel, Dysphagie oder Unterernährung.

Da vermutet wird, dass Müdigkeit auch auf Entzündungen und oxidativen Stress im Körper zurückzuführen ist, wird die Einnahme von Antioxidantien als Strategie zur Reduzierung der Müdigkeit vorgeschlagen. Allerdings sind hier noch weitere Forschungen nötig.

Vitamine und Mineralstoffe spielen eine wesentliche Rolle in einer Vielzahl grundlegender Stoffwechselvorgänge – u.a. beim Energiestoffwechsel, der DNA-Synthese, dem Sauerstofftransport und neuronalen Funktionen. Sie beeinflussen die Gehirn- und Muskelfunktionen und wirken sich damit auf kognitive und psychologische Prozesse aus. Im Fokus stehen hier neben den B-Vitaminen (B1, B2, B3, B5, B6, B8, B9 und B12) auch das Vitamin C, Eisen, Magnesium und Zink. Auch ein Vitamin-D-Mangel wurde mit geistiger und körperlicher Ermüdung in Verbindung gebracht.

Erschöpfungserscheinungen können demnach auftreten, wenn die Versorgung mit diesen Mikronährstoffen nicht ausreichend gegeben ist. 

Energieverbrauch 

Ständige Müdigkeit und das Gefühl von Energielosigkeit kann auch durch eine Störung des Energiegleichgewichts entstehen. Der größte Teil des täglichen Energieverbrauchs (ca. 60–70 %) wird dem Grundumsatz zugeschrieben. Im Alter nimmt der Grundumsatz durch Veränderungen in der Körperzusammensetzung ab.

Wichtig ist generell eine angemessene Kalorienzufuhr.

Ist sie zu gering, kann es zu einem Leistungsabfall kommen. Der Stoffwechsel verlangsamt sich, um Energie zu sparen. Auch die Aufnahme von lebenswichtigen Vitaminen und Mineralstoffen ist bei einer Unterversorgung ggf. nicht gewährleistet.

Ältere Menschen benötigen im Vergleich zu Jüngeren mehr Proteine, um die Muskelmasse zu erhalten. Hier wird empfohlen, die tägliche Proteinaufnahme auf 1–1,2 g/kg Körpergewicht/Tag und bei akuten oder chronischen Erkrankungen auf bis zu 1,5 g/kg/Tag zu erhöhen.

Neben der Proteinmenge ist auch die Proteinquelle wichtig. Eine ausreichende Proteinzufuhr kann z.B. durch die Kombination pflanzlicher und tierischer Proteinquellen erreicht werden (Stichwort biologische Wertigkeit). Wichtig ist eine ausreichende Zufuhr an essenziellen Aminosäuren.

Nahrungsqualität

Eine Ernährungsumstellung kann das körperliche und geistige Wohlbefinden unterstützen. Ein paradoxes Studienergebnis zeigt z.B.: Der Konsum von raffinierten Kohlenhydraten kann Müdigkeit und Schlappheit fördern.

Im Gegensatz zu den raffinierten Kohlenhydraten sind ballaststoffreiche Nahrungsmittel bzw. Snacks zu bevorzugen. Ein ausgewogener Ernährungsstil mit ballaststoffreichen Kohlenhydraten, Vollkornprodukten, ungesättigten Omega-3-Fettsäuren sowie polyphenolreichem Gemüse und Obst wirkt präventiv auf Herz und Kreislauf, Stoffwechsel und Müdigkeit. Das Risiko für die Entwicklung von Depressions- und Stresssymptomen ist dabei verringert.

Die Qualität der Lebensmittel hat also wichtigen Einfluss auf unser Wohlbefinden. Studien zeigen z.B., dass die Mittelmeerdiät mit einer besseren psychischen und körperlichen Gesundheit einhergeht als der „ungesunde“ westliche Ernährungsstil. Die dauerhafte Einhaltung des mediterranen Ernährungsstils reduziert nachweislich Entzündungen im Körper. Unsere Nahrungsmittel und Ernährungsgewohnheiten haben einen wichtigen Einfluss auf den Blutzuckerspiegel, die Immunaktivierung und das Darmmikrobiom. Empfehlenswert sind im Alltag also hochwertige Nahrungsmittel, Präbiotika und Probiotika.

Flüssigkeitszufuhr

Wasser ist für die Homöostase und unser Überleben unerlässlich und spielt eine wichtige Rolle in der Aufrechterhaltung der Gehirnfunktion. Eine Dehydrierung wirkt sich auf die kognitive Leistung und die Stimmung aus. Empfohlen ist die tägliche Aufnahme von mindestens 1,5 L Wasser bzw. ungesüßten Getränken. Der Richtwert der DGE ist dabei abhängig von Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand und Aktivitätslevel. 

Sensibilität auf bestimmte Nahrungsmittel 

Die Sensibilität gegenüber bestimmten Nahrungsmitteln kann Müdigkeit und Schlappheit auslösen. Die Symptome treten nach dem Verzehr bestimmter Lebensmittel auf und sind nicht auf Unverträglichkeiten, Allergien oder Zöliakie zurückzuführen. Sie sind nicht lebensbedrohlich, können aber belastend sein – darunter Gelenkschmerzen, Magenschmerzen, Müdigkeit und Hautausschläge.

Um die ursächlichen Lebensmittel zu identifizieren, werden die vermuteten Produkte für 2 bis 4 Wochen vom Speiseplan gestrichen. Und danach nacheinander wieder eingeführt und auf die Symptome geachtet. Auch bekannt als „Eliminationsdiät“. Die Durchführung und die Beratung sollten mit einem Experten durchgeführt werden. Der Verzicht auf bestimmte Lebensmittel kann dazu beitragen, die unerwünschten Symptome wie Schlappheit und Müdigkeit zu beseitigen. Wichtig ist hierbei, dass Überempfindlichkeitsreaktionen mit der Zeit abklingen können. Das hat unter anderem mit den Veränderungen in unserem Körper zu tun – etwa beim Immunsystem oder der Zusammensetzung des Mikrobioms. 

Energieschub durch Nahrung (Auswahl)

  • Getreide: Dinkel, Haferflocken, Hirse, Vollkornprodukte 
  • Gemüse: Kohlarten, bittere Salate, Pilze, grünes Blattgemüse, Hülsenfrüchte, Kartoffeln
  • Obst: Beeren, Äpfel, Banane, Granatapfel, Avocado, Zitrusfrüchte
  • Nüsse & Samen: Walnüsse, Erdnüsse, Cashew, Mandeln & Co, Sesam, Leinsamen 
  • Tierische Produkte: Eier, Naturjoghurt, Hartkäse, Magerquark, unverarbeitetes mageres, weißes Fleisch, fettreiche Fische wie Lachs oder Makrele
  • Öle: Olivenöl, Leinöl, Rapsöl
  • Getränke: ungesüßte Teesorten wie grüner Tee, Wasser 
  • Kräuter: alle frischen Kräuter und Gewürze, z.B. Ingwer, Knoblauch, Zimt, Kurkuma, Petersilie

Alexander NB et al. Beside-to-Bench conference: Research agenda for idiopathic fatigue and aging. J Am Geriatr Soc 2010; 58: 967–975

Azzolino D et al. Nutritional Status as a Mediator of Fatigue and Its Underlying Mechanisms in Older People. Nutrients 2020; 12(2): 444

Bauer J et al. Evidence-based recommendations for optimal dietary protein intake in older people: A position paper from the PROT-AGE study group. J Am Med Dir Assoc 2013; 14:542–559

Bjørklund G et al. Chronic fatigue syndrome (CFS): Suggestions for a nutritional treatment in the therapeutic approach. Biomedicine & pharmacotherapy  2019; 109: 1000–1007

Boolani A et al. Trait Energy and Fatigue May Be Connected to Gut Bacteria among Young Physically Active Adults: An Exploratory Study. Nutrients 2022; 14(3): 466

Firth J et al. Food and mood: how do diet and nutrition affect mental wellbeing? BMJ 2020; 369: m2382

Franzke B et al. Dietary protein, muscle and physical function in the very old. Nutrients 2018; 10:935 

Haß U et al. Anti-inflammatory diets and fatigue. Nutrients 2019; 11:2315

Lind R et al. Chronic fatigue in patients with unexplained self-reported food hypersensitivity and irritable bowel syndrome: Validation of a Norwegian translation of the Fatigue Impact Scale. Clinical and experimental gastroenterology 2013; 6: 101–107

Malaguarnera M et al. Acetyl L-Carnitine (ALC) treatment in elderly patients with fatigue. Arch Gerontol Geriatr 2008; 46:181–190

Mantananzis K et al. Sugar rush or sugar crash? A meta-analysis of carbohydrate effects on mood. Neuroscience & Biobehavioral Reviews 2019; 101:45-67

Masento NA et al. Effects of hydration status on cognitive performance and mood. The British journal of nutrition 2014; 111(10): 1841–1852

Meeusen R et al. Amino acids and the brain: do they play a role in "central fatigue"? International journal of sport nutrition and exercise metabolism 2007; 17 (Suppl.): S37–S46

Sievenpiper JL. Low-carbohydrate diets and cardiometabolic health: the importance of carbohydrate quality over quantity. Nutrition reviews 2020; 78(Suppl. 1): S69–S77

Tardy AL et al. Vitamins and Minerals for Energy, Fatigue and Cognition: A Narrative Review of the Biochemical and Clinical Evidence. Nutrients 2020; 12(1):228

Johanna Zielinski ist Diplom-Ökotrophologin (Ernährungswissenschaften) und absolviert derzeit eine Weiterbildung im Bereich Psychologie. Journalistische Stationen erfolgten beim WDR sowie einem privaten Radiosender. Sie ist als Ernährungsberaterin sowie als freie Autorin und Sprecherin tätig.