TelemedizinWie sinnvoll sind Hautcheck-Apps?

Apps und künstliche Intelligenz gewinnen auch in der Dermatologie an Bedeutung. Wie gut die neuen Technologien bis dato sind, erklärt der Dermatologe Dr. Ralph von Kiedrowski.

Arzt auf Computerbildschirm
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Telemedizin wird auch in der Dermatologie immer wichtiger. Ersetzen kann sie den Facharztbesuch aber noch nicht.

Was taugen Hautcheck-Apps bei Muttermalen und Hautkrebs-Verdacht? Und welche Rolle spielen KI-Lösungen in der Diagnostik? Der Dermatologe Dr. Ralph von Kiedrowski von der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Physische Untersuchung Apps überlegen

Eine Hautveränderung kann Ängste auslösen, insbesondere die Sorge vor Hautkrebs. Die lange Wartezeit bis zur Diagnose in der Hautarztpraxis veranlasst viele Patient*innen, auf Hautcheck-Apps zurückzugreifen. Diese ermöglichen das Hochladen von Fotos verdächtiger Hautstellen, um innerhalb weniger Stunden eine Diagnose zu erhalten – entweder von Hautärzt*innen oder Künstlicher Intelligenz (KI).

Kommentar: Dr. Ralph von Kiedrowski warnt vor der ausschließlichen Nutzung solcher Apps für die Beurteilung von Muttermalen: „Wir sehen die Beurteilung allein per Hautcheck-App von neu aufgetretenen oder veränderten Muttermalen ... sehr kritisch.“ Studien haben gezeigt, dass die Präsenzuntersuchung in der Hautarztpraxis der telemedizinischen per App überlegen ist. Zudem kann in der Praxis der ganze Patient berücksichtigt, Fragen gesetllt werden. Außerdem stehe die Auflichtmikroskopie als Untersuchungsinstrument zur Verfügung.

Teledermatologie nur bei eindeutigen Befunden

Die S2k-Leitlinie Teledermatologie gibt klare Empfehlungen: Die Primärdiagnostik bei Verdacht auf hellen oder schwarzen Hautkrebs kann auf Basis teledermatologischer Befunde erwogen werden. Jedoch nur, wenn die morphologischen Befunde klinisch eindeutig sind und alle erforderlichen zusätzlichen Informationen erhoben werden können.

Kommentar: Eine Primärdiagnose allein durch KI-Lösungen wird nicht empfohlen. Von Kiedrowski hebt hervor, dass KI zwar künftig eine Rolle in der Hautkrebsdiagnostik spielen könnte. Derzeit erreiche sie aber noch nicht den Facharzt-Standard.

Lücke zwischen digitaler und analoger Versorgung

Die Nutzung von Diagnose-Apps beeinflusst bereits heute die Arbeitsweise in dermatologischen Niederlassungen. Entscheidend sei, dass Patient*innen den Weg in die Versorgung finden, wenn dies erforderlich ist.

Zentrale Überlegungen sind derzeit, ob eine durch die App ausgewiesene Dringlichkeit berücksichtigt werden muss. Und wie mit Patient*innen umgegangen wird, die durch Apps auf eine notwendige Versorgung aufmerksam werden.

Der Dermatologe lehnt Geschäftsmodelle ab, die Bagatellfälle gegen Gebühr rasch klären, aber schwierige Fälle in die schlechter vergütete Regelversorgung schieben. Er fordert faire Lösungen, um die Lücke zwischen digitaler und analoger Versorgung zu schließen.

Hautcheck-Apps seien zwar eine vielversprechende Ergänzung zur dermatologischen Versorgung. Es sei jedoch eine umsichtige und patientenzentrierte Integration in die Gesundheitsversorgung erforderlich. Der Einsatz von KI sollte sorgfältig abgewogen werden, um die bestmögliche Patientenversorgung zu gewährleisten.

Die Teledermatologie wird auch Thema auf der Dermatologen-Tagung vom 1.-3.3.2024 in Wiesbaden sein. 

Terminhinweis: Dermatologie kompakt + praxisnah: 1.-3. März 2024 in Wiesbaden

Gemeinsame Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft und des Berufsverbands der Deutschen Dermatologen.

Hier geht es zur Tagungs-Homepage

 Quelle: Deutsche Dermatologische Gesellschaft

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