Interstitielle LungenerkrankungRheuma: Oft ist auch die Lunge betroffen

Besonders häufig ist die Lunge im Entzündungsgeschehen bei rheumatoider Arthritis involviert. Eine frühe Diagnosestellung ist für die Therapie und bestmögliche Erhaltung der Lungenfunktion entscheidend.

Knie, Knieschmerz, Rheuma, Entzündung
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Bei der rheumatoiden Arthritis können weitere Organe und Gewebe betroffen sein - besonders oft ist es die Lunge.

Bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen können zahlreiche Organe und Gewebe im gesamten Körper betroffen sein. Besonders häufig ist die Lunge im Entzündungsgeschehen eingebunden: Dan kommt es zur sog. interstitiellen Lungenerkrankung (ILD), in deren Verlauf das Lungengewebe vernarben und an Funktion verlieren kann. 

Besonders häufig tritt die ILD bei der systemischen Sklerose, der rheumatoiden Arthritis (Gelenkrheuma), dem Sjögren-Syndrom und den hauptsächlich die Muskeln betreffenden Myositiden auf.

„Genaue Angaben zur Häufigkeit der ILD sind jedoch schwierig“, sagte Prof. Andreas Krause auf einer Pressekonferenz anlässlich des Rheumatologiekongresses. Nicht alle Patient*innen würden konsequent auf einen möglichen Lungenbefall hin untersucht. Zudem sei der Übergang zwischen gering ausgeprägten, eher harmlosen Lungenbefunden und einer klinisch bedeutsamen ILD fließend.

Risikofaktoren für interstitielle Lungenerkrankung

Mittlerweile sind einige Risikofaktoren bekannt, die eine Lungenbeteiligung bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen besonders wahrscheinlich machen:

  • Bei der rheumatoiden Arthritis (RA) etwa sind fast ausschließlich Patient*innen betroffen, bei denen sich der sog. Rheumafaktor und bestimmte als ACPA bezeichnete Antikörper im Blut finden.
  • Männliche RA-Patienten entwickeln häufiger eine ILD als Frauen.
  • Raucher sind häufiger betroffen als Nichtraucher.
  • Vor Kurzem wurde zudem ein genetischer Risikofaktor für eine Lungenbeteiligung bei RA entdeckt.

Während das durchschnittliche ILD-Risiko bei 5 bis 10 Prozent liege, seien Männer mit dieser genetischen Besonderheit zu fast 20 Prozent betroffen. Bei anderen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, etwa der systemischen Sklerose und bestimmten Muskelentzündungen, liegt der Anteil der Betroffenen zum Teil noch deutlich darüber – je nach Verlaufsform der Grunderkrankung und Art der verursachenden Autoantikörper entwickeln zwischen 30 und 70 Prozent der Patient*innen eine Lungenbeteiligung.

Medikamentöse Therapie

Für die Therapie der rheumabedingten ILD steht mittlerweile eine Reihe von gut wirksamen Medikamenten zur Verfügung, die die überschießende Immunaktivität bremsen und so das Lungengewebe schützen. „Allerdings ist die wissenschaftliche Evidenz für ihren Einsatz weiterhin gering“, sagt Krause – sie beruhe im Wesentlichen auf Registerdaten, Fallserien und Einzelberichten. Kontrollierte Studien seien nach wie vor rar und würden dringend benötigt.

Neben der Immunsuppression gewinnt ein weiteres Wirkprinzip bei der Behandlung der ILD an Bedeutung: Antifibrotika sollen die entzündungsbedingte Umwandlung von funktionellem Lungengewebe in Narbengewebe unterbinden und so das Voranschreiten der Lungenfibrose zumindest verlangsamen. Erste Studien zeigen, dass ILD-Patient*innen mit unterschiedlichen rheumatischen Grunderkrankungen davon profitieren, insbesondere wenn die immunsuppressive Therapie von einer Behandlung mit Antifibrotika flankiert wird.

Frühe Diagnosestellung entscheidend

Voraussetzung für die effektive Therapie der ILD effektiv und um die Lungenfunktion bestmöglich erhalten zu können, ist eine frühe Diagnosestellung. „Die Herausforderung besteht hier darin, dass eine ILD zu jedem Zeitpunkt der rheumatischen Erkrankung neu entstehen kann“, sagt Krause. Manchmal sei dies sogar noch vor der Rheumadiagnose selbst der Fall. Bei jeder neu diagnostizierten ILD solle daher auf eine möglicherweise zugrundeliegende rheumatische Erkrankung geachtet werden.

Umgekehrt sollten alle Rheumapatient*innen auf eine mögliche ILD hin untersucht werden. Dabei müssen mindestens die Lunge abgehört und mögliche Symptome wie Husten oder Luftnot abgefragt werden. Goldstandard für die Diagnose der ILD ist die Dünnschicht-Volumen-Computertomographie. Empfehlungen dazu, welche Methode unter welchen Voraussetzungen und in welchen Abständen eingesetzt werden sollte, werden derzeit in einer interdisziplinären Leitlinie ausgearbeitet.

Diagnose und Therapie der rheumabedingten ILD sind von Anfang an eine interdisziplinäre Aufgabe, betont Krause. „Schon bei Verdacht auf eine ILD – und erst recht beim Nachweis der Erkrankung – sollten das diagnostische Vorgehen, die erhobenen Befunde und die Therapie in interdisziplinären Konferenzen unter Beteiligung von Fachärzt*innen aus der Rheumatologie, Pulmonologie, Radiologie und Pathologie besprochen werden.“

Literatur

Horneff et al. Protocols on classification, monitoring and therapy in children’s rheumatology (PRO-KIND): results of the working group Polyarticular juvenile idiopathic arthritis.  Pediatric Rheumatology 2017; https://doi.org/10.1186/s12969-017-0206-9

Trincianti et al. Definition and Validation of the American College of Rheumatology 2021 Juvenile Arthritis Disease Activity Score Cutoffs for Disease Activity States in Juvenile Idiopathic Arthritis. Arthritis Rheumatol 2021; https://doi.org/10.1002/art.41879

Quelle: Pressekonferenz/Rheumatologiekongress 2022

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