Gesundheitskompetenz: Informationsdefizite bei Rheumapatient*innen

Über die Hälfte der Deutschen haben eine geringe Gesundheitskompetenz, ob es nun um das Zurechtfinden im Gesundheitssystem geht, das Verstehen von Gesundheitsinformationen oder deren Anwendung. Chronisch Kranken fällt dies oft noch schwerer. Das offenbaren die Zahlen der zweiten Health Literacy Survey Germany.

Eine Frau hält sich mit ihrer rechten Hand den unteren Rücken, im Hintergrund sitzt ein Arzt an einem Tisch.
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Über die Hälfte der Deutschen haben eine geringe Gesundheitskompetenz.

Für chronisch Kranke ist es besonders wichtig, dass sie als informierte Patient*innen einen bestmöglichen Umgang mit ihrer Erkrankung finden. Der Health Literacy Survey Germany sagt: 64 % der Bundesbürger*innen fühlen sich bei der Suche nach einer Arztpraxis, einer Klinik oder über Institutionen der Pflege nicht ausreichend informiert. 57 % haben Schwierigkeiten, das Gesundheitssystem zu verstehen. 74 % der Befragten haben Probleme bei der Beurteilung von Gesundheitsinformationen und 53 % haben Schwierigkeiten, sie anzuwenden: Gerade Menschen mit chronischen Erkrankungen erreichen schlechtere Werte in Sachen Gesundheitskompetenz.

Kann man diese Zahlen auf Patient*innen mit rheumatischen Erkrankungen übertragen?

„Wir können die Studienergebnisse sicherlich nicht eins zu eins auf unsere Patient*innen übertragen, fest steht jedoch, dass es auch bei rheumatischen Erkrankungen ein Informationsdefizit gibt. Dieses resultiert nicht zuletzt aus der fehlenden Zeit für die sprechende Medizin im ärztlichen Alltag", so Dr. Martin Krusche, stellvertretender Leiter der Sektion Rheumatologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Bei neu diagnostizierten Patient*innen mit rheumatischen Erkrankungen blieben in der Praxis pro Quartal nur rund 10 bis 30 Minuten - nicht nur für die Aufklärung über die Erkrankung durch die behandelnde Rheumatolog*in, sondern auch für die körperliche Untersuchung sowie die Besprechung des Behandlungskonzeptes.

Was können Rheumapatient*innen tun, um die eigene Gesundheitskompetenz zu verbessern?

  • Einfach zugängliche Angebote wahrnehmen, wie z.B. Fragen mit Rheumatologischen Fachassistenzen klären.
  • Informationsmaterial der Patientenorganisation für Rheumapatient*innen (Deutsche Rheuma-Liga) einholen.

„Mitglieder von Selbsthilfeorganisationen konnten bessere Werte bei der Gesundheitskompetenz als die durchschnittliche Bevölkerung erzielen", freute sich Rotraud Schmale-Grede als Präsidentin der Deutschen Rheuma-Liga. „Dr. Google" hingegen sei in der Regel kein guter Berater: „Wenn Patient*innen beispielsweise Arztbriefe nicht verstehen, sollten nochmals der Kontakt zum Arzt gesucht oder ärztlich betreute Beratungsangebote angesteuert werden", so Krusche. Das Suchen einzelner Begriffe im Internet führt meistens eher zu Verwirrung als zur besseren Aufklärung.

Was muss sich im Gesundheitssystem ändern?

Mögliche Optionen, wie das Gesundheitssystem chronisch kranke Menschen besser auffangen kann:

  • mehr Zeit für die sprechende Medizin
  • umfassendere didaktische Ausbildung im Medizinstudium
  • mehr strukturierte Aufklärungsveranstaltungen (z. B. evaluierte Patientenschulungen)

Zu den Patientenschulungen zählen 2, die maßgeblich von der DGRh entwickelt wurden und die seit diesem Jahr im Disease Management Programm Rheumatoide Arthritis (DMP RA) Anwendung finden. Patient*innen können sich bei ihrer Krankenkasse in ein solches Behandlungsprogramm einschreiben lassen. Ziel ist es, dass sie dadurch über Einrichtungsgrenzen hinweg auf dem aktuellen medizinischen Forschungsstand ärztlich behandelt werden und von Beginn an regelmäßig über Diagnosen und therapeutische Schritte durch die behandelnden Rheumatolog*innen informiert werden. Diese sollten zuvor einen zertifizierten Train-the-Trainer-Kurs für Patientenschulung (TTT-Kurse) absolvieren, damit es bestmöglich gelingt, die Patient*innen in die Behandlungsentscheidungen einzubeziehen und diese gemeinsam zu treffen.

Chancen sieht Krusche auch in digitalen Anwendungen: „Professionell gestaltete Apps könnten künftig noch besser Antworten auf Fragen Betroffener geben, idealerweise in einfacher Sprache und zugängigen Formaten aufbereitet", so Krusche. „Die eigene Erkrankung verstehen und im Arztgespräch verstanden zu werden - beides ist unerlässlich, um einen optimalen Verlauf bei Menschen mit Rheuma sicherzustellen", ergänzt auch Professor Dr. Andreas Krause, Chefarzt am Immanuel Krankenhaus Berlin und Präsident der DGRh. Gerade im Nachgang zum wissenschaftlichen Kongress sei es ihm wichtig, zu betonen: „Es sind nicht nur Fortschritte in der Forschung, die das Befinden unserer Patient*innen verbessern, es ist auch das Wissen jedes einzelnen um seine Erkrankung, das den Menschen hilft."

Quelle: Pressemitteilung/Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e.V. (DGRh)

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