Koronare Herzerkrankung„Collaborative Care“ soll Behandlung von Herzpatient*innen verbessern

Versorgungsmodell „Collaborative Care“: Expert*innen fordern den Einsatz von Behandlungsassistent*innen in Deutschland, die die Behandlung von Herzpatient*innen durch fachliche und psychosoziale Unterstützung ergänzen.

Ein Arzt hält eine rote Herzfigur in den Händen
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Psychische Belastungen können den Verlauf der koronaren Herzerkrankung verschlechtern. Die psychosoziale Betreuung von Patient*innen wird jedoch oft vernachlässigt, da Ärzt*innen nur selten über ausreichend Zeit oder genügend kommunikative Expertise verfügen.

An einer Koronaren Herzerkrankung (KHK) leiden in Deutschland etwa sechs Millionen Menschen. Soziale Isolation, chronischer Stress in Beruf und Familie sowie Depressivität verschlechtern den Krankheitsverlauf immens. Um die Behandlung und Lebenserwartung von KHK-Patient*innen zu verbessern, hat sich der Präsident des Deutschen Kongresses für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie für den Einsatz von Behandlungsassistent*innen ausgesprochen. Ein solches Versorgungsmodell der „Collaborative Care“ habe sich in den USA bewährt, erklärte Dr. med. Christian Albus. Auch in Deutschland wird die Wirksamkeit der „Collaborative Care“ in Studien untersucht.

Psychische Erkrankungen verschlechtern Krankheitsverlauf

„Unter sozialer Isolation, chronischem Stress und Depressivität können sich erste Symptome einer KHK früher einstellen als auch Lebensqualität und Lebenserwartung verschlechtern“, sagt Christian Albus, Kongresspräsident und zugleich Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychosomatik und Psychotherapie am Universitätsklinikum Köln. So belegen Studien, dass vor allem Depressivität bei KHK mit einem fast doppelt so hohen Risiko für das erneute Auftreten eines Herzinfarktes, einen erneuten Herzeingriff oder den Tod des Betroffenen verbunden ist. „Depressionen sind bei Menschen mit KHK sehr häufig – im Vergleich zu gleichalten Gesunden mindestens verdoppelt“, so Albus.

Der Zusammenhang zwischen Depressivität und KHK ist komplex. Erwiesen ist, dass die seelische Erkrankung einen negativen Einfluss auf den Verlauf der KHK hat. „Stress und Depressivität stellen eine Barriere gegen sinnvolle Verhaltensumstellungen wie Nichtrauchen, mehr Bewegung und gesunde Ernährung dar“, so der Kongresspräsident. „Zugleich fällt es depressiven KHK-Patient*innen schwerer, die verordneten Medikamente regelmäßig einzunehmen.“ Darüber hinaus verändern sich das vegetative Nervensystem, die Gerinnung und das Immunsystem auf ungünstige Weise. „Stress und depressive Symptome münden bei einer KHK in eine Negativspirale“, resümiert Albus.

Psychosoziale Betreuung wird aufgrund von Zeitmangel oft vernachlässigt 

Aus diesen Gründen empfehlen nationale und internationale Leitlinien zur Behandlung der KHK, die Krankheitsbewältigung, die Motivation zu Verhaltensänderungen sowie eine routinemäßige Diagnostik psychosozialer Belastung zu fördern. „Leider sieht die medizinische Realität anders aus“, bedauert der Kölner Experte für Psychosomatik und Psychotherapie. „Wir wissen, dass in Klinik und Praxis nur etwa 50 Prozent der depressiven Störungen korrekt diagnostiziert werden und ein Bruchteil angemessen versorgt wird.“ Auch seien Ärzt*innen und Patient*innen häufig überfordert, eine geeignete Psychotherapie oder Medikation zu finden. „Zudem haben Ärzt*innen nur in seltenen Fällen genügend Zeit und ausreichende kommunikative Expertise, um die Krankheitsbewältigung und Motivation zu gesundem Verhalten zu fördern“, fügt Albus hinzu.

Gesundheitsförderndes Verhalten bei Herzpatient*innen unterstützen

Deshalb fordert der Kölner Experte den Einsatz von Behandlungsassistent*innen (BA) bei der Behandlung von Herzpatient*innen auch in Deutschland. „Dafür wären speziell trainierte Gesundheits- und Krankenpfleger*innen geeignet“, so Albus. BA sollen regelmäßig Kontakt zu den Patient*innen halten und gesundheitsförderndes Verhalten unterstützen. „Sie ergänzen die Behandlung durch die Hausärzt*innen und vermitteln bei Bedarf weitere fachärztliche oder psychotherapeutische Expertise“, erläutert der Experte. Die Wirksamkeit dieses integrierten, kooperativen Versorgungsmodells wird derzeit auch in Deutschland in Studien untersucht, die das Bundesministerium für Bildung Forschung und die Europäischen Union fördern.

Quelle: Pressemitteilung/Deutscher Kongress für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

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