ForschungWie viele hospitalisierte Patient*innen nutzen Komplementärmedizin?

50 % der Deutschen haben bereits Erfahrungen mit Komplementärmedizin oder nutzen sie regelmäßig, haben bisherige Untersuchungen gezeigt. Eine Umfrage an baden-württembergischen Unikliniken hat ergeben, dass knapp die Hälfte der Patient*innen komplementäre Verfahren anwenden, aber nur 16 Prozent mit ihrer behandelnden Ärzt*in darüber sprechen.

Komplementärmedizin oder Schulmedizin, Strichmännchen als Arzt wägt ab
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Etwa 50 Prozent der Deutschen nutzen Komplementärmedizin.

Mehr als 50 Prozent der Deutschen haben Erfahrung mit Komplementärmedizin oder wenden sie regelmäßig an. Eine multizentrische Befragung in baden-württembergischen Unikliniken hat nun herausgefunden, dass knapp die Hälfte der hospitalisierten Patient*innen Komplementärmedizin anwendet, aber nur 16 Prozent mit ihrer Ärzt*in darüber sprechen.

An der Umfrage hatten 864 Patient*innen teilgenommen, die in einer der Universitätskliniken Freiburg i. Br., Heidelberg, Tübingen oder Ulm behandelt wurden. Die Patient*innen wurden im Zeitraum April - Dezember 2018 befagt. Neben der Nutzung konkreter Verfahren wurden auch die Einstellung der Patient*innen zur Komplementärmedizin, die Häufigkeit der Nutzung sowie das Interesse und der Bedarf an einer Beratung erfragt. Hinzu kamen soziodemographische Fragen wie Alter, Geschlecht, Bildungsgrad, Diagnose und aktuelle Lebensqualität. 

Die teilnehmenden Patient*innen wurden in der Kardiologie, Chirurgie, Gynäkologie, Onkologie, Gastroenterologie behandelt. Das Durchschnittsalter betrug 58 Jahre (15-88 Jahre), 50 Prozent der Patient*innen waren weiblich.

48 Prozent der Befragten gaben an, Komplementärmedizin aktuell oder früher eingesetzt zu haben. Davon 87 Prozent wendeten sie zur Verbesserung des Wohlbefindens an, 86 Prozent wollten ihre Gesundheit positiv beeinflussen oder aktiv etwas zur Behandlung ihrer Krankheit beitragen. 29 Prozent gaben an, dass der mangelnde Erfolg der konventionellen Therapie Grund für die Anwendung von Komplementärmedizin sei. Die am häufigsten angewendeten Verfahren waren: Bewegungstherapie, Phytotherapie, Nahrungsergänzungsmittel, Balneotherapie, Entspannungstherapie und Homöopathie.

52 Prozent der Patient*innen wendeten keine komplementären Verfahren an. Die häufigsten Gründe waren: bei 50 Prozent ein Mangel an Beratung, bei 42 Prozent ein Mangel an zuverlässigen Informationen und bei weiteren 42 Prozent kein Bedarf. Die Wirksamkeit komplementärer Verfahren stellte ein Drittel dieser Patient*innen infrage, ein weiteres Drittel befürchtete Wechselwirkungen. 

Insgesamt knapp die Hälfte wünschte sich eine Beratung zu komplementären Methoden für ihre aktuelle Erkrankung.

Fazit

Die Ergebnisse unterstreichen die Relevanz komplementärer Therapien auch im stationären Bereich. Zwischen Ärzt*innen und Patient*innen bestehe eine kommunikative Kluft, was komplementäre Therapien anbelangt, so die Autoren. Patient*innen sollten aktiv nach der Nutzung befragt werden, auch um die Sicherheit der Behandlung nicht zu gefährden. Eine bessere ärztliche Ausbildung im Bereich dieser Therapieverfahren sei notwendig. 

Verzerrungen bei den Umfrageergebnissen seien möglich, da angenommen werden kann, dass v.a. Patient*innen, die sich für Komplementärmedizin interessieren, teilgenommen haben. Hinzu komme, dass die Umfrage in Baden-Württemberg nicht ohne weiteres auf andere Regionen übertragen werden könne.

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