ÜbergewichtKinder von Akademiker*innen haben seltener Übergewicht

Kinder von Eltern mit niedrigem Bildungsstand sind anfälliger für Übergewicht. Auch ein geringes Haushaltseinkommen und Migrationshintergrund spielen eine Rolle, zeigt eine neue Studie.

Kinderfüße auf einer Waage
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Bildung scheint bei der Prävention von Übergewicht eine enorme Rolle zu spielen, sagt Prof. Jürgen M. Steinacker, der sich seit Jahren für die Gesundheit von Kindern engagiert.

Kinder von Eltern mit niedrigem Bildungsstand sind anfälliger für Übergewicht. Auch ein geringes Haushaltseinkommen und Migrationshintergrund spielen eine Rolle. Zu diesem Ergebnis kamen Forschende um Prof. Jürgen M. Steinacker von der Uni Ulm.

Demnach steigt das Risiko für Übergewicht bei Kindern, wenn Mütter und Väter zu viel auf die Waage bringen – auch weil das Gewicht der Kinder von den Eltern falsch eingeschätzt wird.

Die Untersuchung basiert auf einer Evaluation des Gesundheitsförderprogramms „Komm mit in das gesunde Boot“ der Sektion Sport- und Rehabilitationsmedizin des Universitätsklinikums. Ziel ist, in Schulen und Kindergärten auf spielerische Art Freude an Bewegung und gesunder Ernährung zu wecken.

Knapp 1000 Drei- bis Sechsjährige in beteiligten Kindergärten in Baden-Württemberg waren für die Evaluation untersucht worden. In den Kindergärten wurden Größe und Gewicht der Kinder gemessen. Per Elternfragebögen wurden Bildungsstand, Einkommen und das Gewicht von Vätern und Müttern erfasst.

Wie schätzen Eltern das Gewicht ihrer Kinder ein?

In der Studie wurde untersucht, inwieweit Eltern das Gewicht ihrer Kinder korrekt einschätzen und ob dies das Gewicht des Nachwuchses beeinflusst. Zudem wurde analysiert, in welcher Beziehung der Grad der Fehleinschätzung mit sozialen Faktoren wie Einkommen, Bildung, Migrationshintergrund sowie dem Körpergewicht der Eltern steht.

Dazu wurden die Daten des Gesundheitsförderprogramms per Querschnittsanalyse untersucht und miteinander in Beziehung gesetzt. Mithilfe statistischer Methoden wurden Abweichungen zwischen dem objektiv gemessenen Gewicht von Kindern und der Einschätzung durch ihre Eltern, aber auch zwischen einzelnen soziodemographischen Gruppen aufgedeckt.

Die Sportwissenschaftlerin Dr. Susanne Kobel fasst die Ergebnisse zusammen:

  • Kinder sind häufiger übergewichtig, "wenn sie in einer Familie mit geringem Haushaltseinkommen oder Migrationshintergrund aufwachsen oder ein Elternteil selbst Übergewicht hat“.
  • „Noch entscheidender scheint der Bildungsstatus der Eltern zu sein. Gesundheitsbezogene Risiken treten insbesondere in Familien mit niedrigem Bildungshintergrund auf, und das schon bei Kindern im Alter von drei bis fünf Jahren.“

Akademikerkinder haben seltener Übergewicht

Kinder von Eltern ohne Hochschulabschluss waren doppelt so oft übergewichtig wie diejenigen von Akademiker*innen. Dabei machte es keinen Unterschied, ob beide Elternteile über einen Hochschulabschluss verfügten oder nur einer. Erstautorin Dr. Lina Hermeling fügt hinzu, dass zudem die korrekte Einstufung des Gewichtsstatus der Kinder durch ihre Eltern von entscheidender Bedeutung für deren Gesundheit zu sein scheint: „Wenn eine Mutter oder ein Vater selbst übergewichtig ist, ist die Wahrscheinlichkeit einer Fehleinschätzung besonders hoch.“

„Bildung – nicht in Bezug auf Gesundheit, sondern ganz allgemein – scheint bei der Prävention von Übergewicht eine enorme Rolle zu spielen“, so Jürgen M. Steinacker. „Dies sollte in politischen Leitlinien zur Gesundheitsgerechtigkeit unbedingt berücksichtigt werden.“

Das Programm „Komm in das gesunde Boot“ haben die Forschenden in Reaktion auf die Studie bereits angepasst: Während man bislang ausschließlich Lehrkräfte und Erziehende mit Materialien und Fortbildungen unterstützte, um das Bewegungs-, Ernährungs- und Freizeitverhalten von Kindern positiv zu beeinflussen, bietet das Programm nun auch Online-Elternabende (www.gesundes-boot.de) an.

Mütter und Väter können sich direkt beim Team des Universitätsklinikums darüber informieren, wie ihre Familien einen aktiven und gesunden Lebensstil führen können.

Quelle: Universität Ulm/Anja Burkel

Literatur

Hermeling L, Kobel S, Steinacker JM. Beyond correlates: the social gradient in childhood overweight. Archives of Public Health 2024; https://doi.org/10.1186/s13690-023-01232-x

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