PsychePsychische Folgen der Pandemie

35% mehr Anrufe beim Sorgentelefon - die psychischen Auswirkungen der Pandemiesituation hat Ängste und Einsamkeit, aber auch häusliche Gewalt verstärkt.

Telefonieren, Frau, Wald, Herbst
Quelle: K. Oborny/Thieme; posed by a model

Die psychischen Belastungen der Corona-Pandemie sind noch schwer zu quantifizieren. Eine Studie zeigt aber: Die Anrufe bei Sorgentelefonen haben zugenommen.

Die psychischen Folgen der Corona-Pandemie sind noch schwierig zu quantifizieren. In einer Studie hat ein Forscherteam der Universitäten Freiburg und Lausanne nun die Anrufe bei Sorgentelefonen in 19 Ländern ausgewertet.

Die wichtigsten Ergebnisse waren:

  • Die Anzahl der Anrufe stieg um bis zu 35 Prozent.
  • Akute Pandemiesorgen verdrängten herkömmliche, anstatt sie zu verstärken.
  • Auswirkungen von politischen Maßnahmen und finanziellen Entlastungen ebenfalls erkennbar

Insgesamt analysierten die Wissenschaftler 8 Millionen Anrufe aus bei Sorgentelefonen in 19 Ländern. Sie fanden unter anderem heraus, dass bisweilen 35 Prozent mehr Anrufe eingingen als zu vorpandemischen Zeiten. Der Höhepunkt war sechs Wochen nach Pandemiebeginn erreicht. Anlässe waren zumeist Angst, Einsamkeit und später Sorgen um die körperliche Gesundheit. Zugleich stellten die Wissenschaftler*innen fest, dass die sonst vorherrschenden Anlässe, etwa Beziehungs- oder wirtschaftliche Probleme, oder Themen wie Gewalt oder Suizid nicht verstärkt vorkamen, sondern von akuten Pandemie-Sorgen verdrängt wurden. Anrufe mit Bezug zu Suizidalität nahmen indes zu, als restriktive politische Maßnahmen verstärkt wurden, und sie nahmen ab, als finanzielle Unterstützungsleistungen ausgebaut wurden. Die Forschenden veröffentlichten ihre Studienergebnisse in der Fachzeitschrift Nature.

Psychische Aspekte in politischen Entscheidungsprozessen oft ausgeklammert

„Die allgemeine mentale Verfassung einer Bevölkerung zu erheben oder gar länderübergreifende Tendenzen, ist sehr schwierig“, sagt Valentin Klotzbücher. „Nicht zuletzt deshalb werden psychische Aspekte in politischen Entscheidungsprozessen oftmals ausgeklammert – mit potenziell gravierenden Folgen. Mit unserer Studie wollten wir einen Beitrag leisten, um dem entgegenzuwirken.“ Die WissenschaftlerInnen untersuchten Daten von 23 Sorgentelefonen in 14 europäischen Ländern, den USA, China, Hong Kong, Israel und im Libanon.

Die vorherrschenden Anlässe für Telefonsorgenanrufe waren vor der Pandemie Beziehungsprobleme (37 Prozent), Einsamkeit (20 Prozent) und unterschiedliche Ängste (13 Prozent). „Mit der Pandemie stiegen die Anrufzahlen zu Ängsten um 2,4 Prozentpunkte und Einsamkeit um 1,5 Prozentpunkte, zu Beziehungsproblemen sanken sie indes um 2,5 Prozentpunkte“, erläutert Stephanie Reich. Ansonsten häufig auftauchende Themen sanken ebenfalls, wie etwa wirtschaftliche Lage (-0,6 Prozentpunkte), Abhängigkeit (-0,3 Prozentpunkte) oder Gewalt (-0,3 Prozentpunkte). Allerdings nahmen bei den weiblichen Anrufenden unter 30 Jahren die Anrufe zum Thema Gewalt um 0,9 Prozent zu.

Eine Analyse von Anrufen zum Thema Suizidalität in mehreren US-Bundesstaaten sowie in Deutschland und Frankreich zeigt, dass tendenziell höhere Anruferzahlen verzeichnet wurden, wenn striktere Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung implementiert wurden, während großzügigere staatliche Unterstützung von Privatpersonen mit einem geringeren Anrufvolumen einhergingen.

Quelle: Pressemitteilung/Universität Freiburg

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