Aus der ForschungÄrztliche Befunde verständlich kommunizieren

Ärztliche Befunde sind für Patient*innen oft schwer zu verstehen. Eine Studie hat untersucht wie Ärzt*innen Testergebnisse verständlich kommunizieren können.

Arzt unterhält sich am Schreibtisch mit Patient.
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Oft ist es selbst für Ärzt*innen schwer, Vorhersagewerte einer Erkrankung zu interpretieren.

Ärztliche Befunde sind für Patient*innen oft schwer zu verstehen, insbesondere Aussagen zum damit verbundenen Risiko. Wie es gelingen kann, statistische Informationen an Patient*innen zu kommunizieren, hat ein Wissenschaftler*innen-Team der LMU in einer Studie erarbeitet.

Risiken verständlich kommunizieren 

Was bestimmte Zahlen wirklich bedeuten, ist oft gar nicht so leicht zu begreifen. „Selbst Ärzte haben oft Schwierigkeiten, den richtigen Vorhersagewert zu bestimmen. Und wenn die Daten schon für den Arzt schwer zu interpretieren sind, ist es noch schwerer, sie korrekt und verständlich an die Patienten zu vermitteln.“, sagt Mathematikdidaktikerin Karin Binder, eine der Autorinnen der Studie.

Nimmt man beispielsweise den folgenden Fall: Ein/Eine Patient*in hat gerade erfahren, dass der Verdacht auf Krebs sich erhärtet hat, weil seine Schilddrüse in der Sonografie Auffälligkeiten gezeigt hat. Bedeutet das, dass der/die Patient*in an einem Schilddrüsenkarzinom erkrankt ist? Nicht unbedingt. Denn das Ergebnis der Untersuchung kann mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch positiv sein, obwohl der/die Patient*in gar kein Schilddrüsenkarzinom hat.

Bayesianische und diagnostische Informationen zur Aufklärung

Bayesianischer Ansatz

Beim häufig gewählten Bayesianischen Ansatz geht man von der Anzahl der tatsächlich Erkrankten aus:

Man erklärt also zunächst, wie häufig die untersuchte Krankheit insgesamt auftritt, also beispielsweise „von 1000 Patient*innen haben 50 ein Schilddrüsenkarzinom“. Dann gibt man an, bei wie vielen dieser Erkrankten das Testergebnis positiv ausgefallen ist (20 der 50 Erkrankten) und zusätzlich, wie viele nichterkrankte Menschen trotzdem ein positives Testergebnis aufweisen (110 der übrigen 950).

Das sind nämlich genau die Informationen, die dem/der Arzt/Ärztin in der Regel auch bekannt sind oder recherchiert werden können. Leider wird aber der Anteil positiv getesteter Personen unter den Erkrankten häufig verwechselt mit dem Anteil der erkrankten Personen unter den positiv getesteten Personen. Diese beiden Anteile können sich aber je nach Situation ganz drastisch unterscheiden.

Ohne weitere Informationen waren nur 10% der Testpersonen in der Lage zu errechnen, wie viele Menschen mit positivem Ergebnis wirklich erkrankt sind.

Diagnostischer Ansatz

Ganz anders sieht es hingegen bei der diagnostischen Informationsvermittlung aus: Hier erfährt man zuerst, wie viele Patienten ein positives Testergebnis haben, unabhängig davon, ob sie wirklich krank sind, oder nicht:

Im Beispiel wären das 130 Personen mit einer auffälligen Schilddrüsen-Sonografie (von 1000 Untersuchten). Anschließend wird man darüber aufgeklärt, wie viele dieser positiv Getesteten wirklich erkrankt sind (20 von 130) und wie viele Menschen ebenfalls krank sind, obwohl ihr Testergebnis negativ war (30 von 870).

Die relevante Information ist hier direkt und ohne Kopfrechnen enthalten: Wenn mein Befund positiv ist, stehen meine Chancen 20 zu 130, dass ich wirklich Schilddrüsenkrebs habe. Bei dieser Kommunikationsform waren 72% der Studienteilnehmer*innen dazu in der Lage, zu dieser Schlussfolgerung zu gelangen.

Wie vermittelt man statistische Informationen am besten?

Am besten ist es, sich ausreichend Zeit zu nehmen und Patient*innen ein vollständiges Bild der Situation zu erklären, das sowohl diagnostische als auch bayesianische Informationen enthält. Nur so kann der überraschende Effekt erklärt werden, warum sogar die Vorhersagekraft eines medizinischen Tests mit hervorragenden Gütekriterien unter bestimmten Umständen (z.B. bei Massen-Screenings) eine sehr begrenzte Aussagekraft hat.

Quelle: Ludwig-Maximilians-Universität München