OnkologiePankreaskarzinom: Expert*innen empfehlen Behandlung in spezialisierten Zentren

Die Lebenserwartung von Patient*innen steigt bei der Behandlung in Pankreaszentren. Laut Expert*innen sollte die Therapie nur in Spezialzentren erfolgen.

3D-Illustration des menschlichen Verdauungssystems.
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In Deutschland darf das Pankreaskarzinom überall operiert werden - im Gegensatz zum europäischen Ausland.

Bei Bauchspeicheldrüsenkrebs (= Pankreaskarzinom) verursacht in der Regel zunächst nur unspezifische Symptome und wird oft erst in fortgeschrittenem Stadium erkannt. 90 Prozent der Erkrankten sterben innerhalb der ersten 5 Jahre [1].

Neben der späten Diagnose hat auch die Behandlung einen großen Einfluss auf das Überleben. Denn die Operation ist sehr anspruchsvoll und komplikationsträchtig. Nicht einmal die Hälfte der Patient*innen spricht auf die primäre Behandlung mit Chemotherapie an. Da die Tumorzellen ihre molekulare Identität schnell ändern, sind auch zielgerichtete oder Immuntherapien bislang nur wenig effektiv.

Im Jahr 2023 zweithäufigste krebsbedingte Todesursache

Das Pankreaskarzinom tritt immer häufiger auf. „Wir gehen davon aus, dass es im Jahr 2030 nach dem Lungenkrebs die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache sein wird“, sagt Prof. Jens Werner, Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie am LMU-Klinikum München.

Um die Überlebenschancen zu verbessern, ist eine effektive und schnelle Therapie vonnöten. Interdisziplinäre Pankreaszentren bieten Betroffenen viel Routine und Erfahrung für jedwede Fragestellungen im Krankheitsverlauf.

Dazu kommen neben den klassischen Chemotherapien moderne multimodale Behandlungskonzepte, etwa Genomanalysen und, wo heute schon möglich, zielgerichtete zelluläre Therapien mit eigenen Immunzellen, zum Einsatz.

Eingriffe am Pankreas sind sehr komplex

„Das Gewebe des Pankreas ist besonders zart und empfindlich. Nähte halten darin deshalb oft schlecht. Zudem können durch die Verletzungen des Organs beim Operieren aggressive Enzyme wie Lipasen und Proteasen in die Umgebung austreten, die Heilungsstörungen wie Fisteln verursachen. Durch die Verwachsungen des Tumors mit lebenswichtigen Gefäßen sind starke Blutungen häufig, zudem müssen die angrenzenden Organe oft ebenfalls entfernt werden“, so Werner.

Die Erfahrung des Operationsteams, moderne Operations- und Therapiemethoden, aber auch die Wahl des Krankenhauses sind zentral für die Überlebensdauer. „Im Durchschnitt ist die Sterblichkeit in Deutschland rund um die OP erschreckend hoch, in etwa 10 Prozent“, sagt Werner. „Diese hohe Letalität liegt daran, dass in vielen Kliniken Deutschlands nur wenige Pankreasoperationen durchgeführt werden.“

In Zentren ist das Überleben in allen Krankheitsstadien länger

Begeben sich die Patient*innen in Pankreaszentren, liegt die Sterblichkeit unter 5 Prozent. Besonders an High-Volume-Zentren – das sind Kliniken, die mehr als 50 Eingriffe im Jahr durchführen – sinkt sie weiter auf 2 bis 4 Prozent.  

„Umso erstaunlicher ist es, dass im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarländern in Deutschland das Pankreaskarzinom theoretisch in jedem Krankenhaus operiert werden darf. Zum Wohle unserer Patientinnen und Patienten sollte diese äußerst anspruchsvolle Therapie nur in Zentren erfolgen“, fordert Werner. Denn hier ist nicht nur das Überleben rund um die Operation, sondern in allen Krankheitsstadien – vom nur auf das Organ beschränkten Frühstadium bis zu fortgeschrittener Metastasierung – deutlich länger [2] [3].

Dies unterstreicht auch der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH), Prof. Thomas Schmitz-Rixen: „Bedauerlicherweise hängt die Lebenserwartung Betroffener derzeit von deren Krankenhauswahl ab. Bei der Frage, welche Operationen in welchem Klinikum angeboten werden, muss daher die Qualität eine größere Rolle spielen. Das bedingt, dass komplexe Leistungen wie die Behandlung des Pankreaskarzinoms zentralisiert werden. Wir begrüßen deshalb auch die Krankenhausreform, bei der Kliniken nach Leistungsgruppen eingestuft werden sollen, sodass bestimmte Behandlungen nur in dafür besonders qualifizierten Häusern erbracht werden dürfen.“

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Chirurgie e. V. (DGCH)

Literatur

[1] Zentrum für Krebsregisterdaten (30.09.2022). Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom). Im Internet: https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Krebsarten/Bauchspeicheldruesenkrebs/bauchspeicheldruesenkrebs_node.html

[2] El Amrani M et al. Failure-to-rescue in Patients Undergoing Pancreatectomy: Is Hospital Volume a Standard for Quality Improvement Programs? Nationwide Analysis of 12,333 Patients. Ann Surg, 2018. 268(5): p. 799-807.

[3] Alsfasser G, Leicht H, Günster C et al. Volume-outcome relationship in pancreatic surgery. Brit J Surg, 2016. 103(1):136-143. doi: 10.1002/bjs.9958.