AntibiotikaresistenzenMultiresistente Bakterien vermehrt in Klinik-Abwässern

Eine neue Studie zum Vorkommen von Acinetobacter-Bakterien legt nahe, dass multiresistente Erreger vorrangig durch Kliniken in Abwassersysteme gelangen.

Illustration einer Nahaufnahme in blauer Farbe, die Bakterien zeigt.
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Die Forscher*innen konnten nur in Abwasserproben von Kläranlagen, die auch Krankenhausabwässer reinigen, multiresistente Acinetobacter-Stämme finden.

Gegen Antibiotika resistente Bakterien, oftmals landläufig auch als Krankenhauskeime bezeichnet, werden offenbar tatsächlich vor allem durch Kliniken in die Abwassersysteme eingeleitet, wie eine Studie des Instituts für Angewandte Mikrobiologie der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) zum Vorkommen von Acinetobacter-Bakterien nahelegt.

Systematische Unterschiede zur Verbreitung multiresistenter Bakterien entdeckt 

Die Forscher*innen wiesen Vertreter der Bakteriengattung zwar sowohl in landwirtschaftlichen, ländlichen und städtischen Proben nach – aber nur im Abwasser der städtischen Kläranlagen, die auch Krankenhausabwässer reinigen, konnten sie multiresistente Acinetobacter-Stämme nachweisen.

Damit stellte das Team erstmals und systematisch deutliche Unterschiede zur Verbreitung von multiresistenten Acinetobacter-Bakterien in der Umwelt fest.

Acinetobacter-Arten kommen überall in der Umwelt vor. Bisher ist allerdings noch wenig darüber bekannt, wie sich resistente Stämme von Acinetobacter baumannii und verwandte klinisch relevante Arten in der Umwelt verbreiten. Auch die Frage, ob Resistenzen stabil erhalten bleiben, wenn derartige Bakterien zum Beispiel über das Abwasser oder aber auch durch landwirtschaftliche Einträge in die Umwelt freigesetzt werden, ist noch zu klären.

Multiresistente Stämme überleben auch ohne Sauerstoff

Interessanterweise waren Stämme der eigentlich auf Sauerstoff angewiesenen Gattung Acinetobacter auch nach sauerstofffreier Behandlung von Gülle und Klärschlämmen in Biogasanlagen und Faultürmen nachweisbar und überlebensfähig.

Die Forscher*innen erklären das mit der Fähigkeit der Bakterien, auch unter sauerstofffreien Bedingungen Polyphosphat als Energiequelle zu nutzen.

Multiresistente Erreger werden zunehmend ein größeres Problem

Acinetobacter baumannii und verwandte Arten sind opportunistische Krankheitserreger, die vor allem bei immungeschwächten Patient*innen in Krankenhäusern Infektionserkrankungen verursachen. Waren derartige Infektionen durch Acinetobacter vor wenigen Jahren noch eher selten, verursachen vor allem multiresistente Stämme zunehmend große Probleme bei der Behandlung infizierter Personen.

Die WHO hat deshalb Carbapenem-resistente Acinetobacter baumannii bereits 2017 auf die Prioritätsliste von Pathogenen gesetzt, bei denen die herkömmlichen Antibiotika zunehmend unwirksam sind. Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) berichtet in einer kürzlich veröffentlichten Studie von 35.000 Todesfällen in der EU durch antibiotikaresistente Bakterien im Zeitraum zwischen 2016 und 2020.

Die Studie wurde finanziert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG).

Quelle: Pressemitteilung/Justus-Liebig-Universität Gießen

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