KindergesundheitMedien verdrängen Bewegung

Die zunehmende Digitalisierung und verlockende mediale Angebote beeinflussen das Leben von Kindern und Jugendlichen sehr. Nur ein geringer Teil bewegt sich ausreichend im Alltag.

Kinder und Lehrerin in einer Turnhalle
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Die WHO empfiehlt für Kinder und Jugendliche täglich mindestens 60 Minuten Bewegung.

In einer aktuellen Stellungnahme äußerte sich die Stiftung Kindergesundheit mit großer Besorgnis bezüglich des zunehmenden Mangels an körperlicher Aktivität bei Kindern und Jugendlichen. Regelmäßige und intensive Bewegung spielt eine wichtige Rolle für die Gesundheit. Insbesondere in den ersten Lebensjahren ist die Bewegung für die emotionale, geistige, körperliche und soziale Entwicklung von großer Wichtigkeit. 

Bewegungsmangel lässt Krankheitsrisiko steigen

Die WHO empfiehlt für heranwachsende Kinder und Jugendliche je Tag eine Bewegung von mindestens 60 Minuten bei moderater bis hoher Intensität. Das entspricht in etwa einer Stunde Toben im Freien, bei dem das Herz-Kreislauf-System aktiviert wird und die Kinder außer Atem und ins Schwitzen kommen. Im Kindergesundheitsbericht 2023 wird deutlich, dass bei Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren nur noch 7,5 Prozent der Mädchen und 16 Prozent der Jungen ausreichend Bewegung in ihren Alltag integrieren können.

Durch diese Bewegungsarmut steigt auch das Risiko für schwerwiegende Krankheiten im Laufe des Lebens. Prof. Berthold Koletzko von der Stiftung Kindergesundheit berichtet: „Untersuchungen haben jedoch ergeben, dass mit zunehmendem Alter immer weniger Kinder diese von der WHO empfohlene Aktivitätsdauer erreichen. Mädchen bewegen sich dabei noch weniger als Jungen“. Der stetig steigende Bewegungsmangel bei Kindern sei zu einer großen Gefahr geworden. Die Folgen reichen über Haltungsschäden, fehlende körperliche Fitness bis hin zu einer Beeinträchtigung der geistigen Leistungsfähigkeit.

Fehlende Bewegungsanreize

Im Kindergesundheitsbericht 2023 erläutert der Sportpädagogik-Professor Tim Bindel, dass Medien in Form von Informationen, Unterhaltung, Konsum und Kommunikation jederzeit auf Abruf verfügbar sind. Während die Digitalisierung in den letzten Jahren zugenommen hat, haben sich die Möglichkeiten draußen zu spielen verringert. Man könne deswegen von einer „neuen Jugend“ sprechen, die früh beginne ihre Lebensfragen in den sozialen Medien zu teilen. Für diese neue Jugend zeichnen sich laut Bindel drei Merkmale in Bezug zu Sport, Bewegung und Freizeit aus:

  1. Viele alltägliche Bedürfnisse können digital erfüllt werden. Somit führt die zunehmende Digitalisierung zu einer mangelnden Bewegung.
  2. Aufgrund verlockender Angebote verbringen Jugendliche vermehrt ihre Freizeit mit Medien.
  3. Die Ansprüche an analoge Freizeitaktivitäten haben sich verändert, da digitale Medien attraktiver und individuell nutzbar sind.

Empfehlungen der Stiftung Kindergesundheit

Der Fokus soll darauf gelegt werden vom vielen Sitzen wegzukommen. Kleinkinder sollen nicht länger als eine Stunde am Stück sitzend verbringen.

Prof. Koletzko unterstreicht: „Durch die übermäßige Mediennutzung wird die Zeit knapp für andere Bereiche des kindlichen Lebens.“ „Vielseher führen seltener Gespräche mit anderen Kindern oder den Eltern und spielen seltener ein Musikinstrument als Wenigseher. Zu viel Mediennutzung wirkt sich auch in der Schule ungünstig aus auf die Konzentration, die Aufmerksamkeit und das Leistungsniveau der Kinder und führt sogar nachweislich zu vermehrter Gewaltbereitschaft“.

Deshalb empfiehlt der Kinder- und Jugendarzt: „Eltern sollten den Fernsehkonsum ihrer Kinder konsequent kontrollieren. Eine Stunde Fernsehen pro Tag ist für Schüler genug. Außerdem sollten Eltern dringend darauf achten, dass für ausreichende Bewegung der Kinder gesorgt ist.“ Hinzu kommt, dass sich sportliche Bewegung auch positiv auf die Stimmung und präventiv gegen die Entwicklung depressiver Symptomatiken auswirke.

Anders als die Digitale Welt, die jederzeit und flexibel auf Abruf verfügbar ist, sind Sportangebote in Vereinen nur schwer damit vereinbar. Die Zahl der Kinder und Jugendlichen in Sportvereinen ist deutlich zurückgegangen. Die Politik ist aufgerufen attraktive und zugängliche sportliche Anreize zu schaffen. Das kann zum Beispiel durch den Ausbau des städtischen Raums und die Schaffung von Spielplätzen geschehen.

Das TigerKids-Projekt

Um die Gesundheit von Kindern im Vorschulalter zu fördern hat die Stiftung Kindergesundheit das Projekt „Tigerkids – Kindergarten aktiv“ entwickelt. TigerKids erreicht seit 2007 Vorschulkinder aus allen Bevölkerungsgruppen. Im Projekt erlernen die Kinder spielerisch das richtige Ernährungsverhalten. Parallel werden ihre Koordination und Ausdauer durch ein Bewegungsprogramm gefördert und ihnen Spaß an körperlichen Aktivitäten vermittelt.

Seit 2019 haben mehr als 3000 Einrichtungen am TigerKids-Programm teilgenommen und es wurden bereits über 150.000 Familien erreicht. Alle teilnehmenden Teams berichteten, dass die Kinder nach dem Programm mehr Obst und Gemüse verzehrt haben. Tigerkids ist seit einiger Zeit ein Vorbild vieler europäischer Präventionsprojekte.

Quelle: Stiftung Kindergesundheit

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