AugenheilkundeIrisfarbe als Risikofaktor für Augenerkrankungen

Augenspezialisten klären auf: Die Farbe der Iris hängt mit der Neigung zu bestimmten Augenerkrankungen und dem Ergebnis von Hornhauttransplantationen zusammen.

Nahaufnahme eines weiblichen Auges mit brauner Augenfarbe.
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Die Iris oder Regenbogenhaut des Auges kann eine ganze Palette von Farbschattierungen annehmen.

Welche Augenfarbe ein Mensch hat, hängt davon ab, wie hoch die Konzentration an Melanin in seiner Iris ist. „Das Melanin hat dabei immer dieselbe bräunliche Farbe – auch grüne und blaue Augen besitzen keine anderen Farbstoffe“, erläutert Prof. Claus Cursiefen. Die anderen Farbschattierungen beruhten auf Lichtbrechungseffekten, die bei verschiedenen Melaningehalten zum Tragen kommen.

Ganz ohne Melanin – wie bei Menschen mit der angeborenen Pigmentstörung Albinismus – bleiben die Augen sehr hell. „Bei Menschen mit okulärem Albinismus ist bekannt, dass die Augenentwicklung insgesamt beeinträchtigt ist“, sagt Cursiefen. Weil Melanin nicht nur in der Iris, sondern auch im Pigmentepithel der Netzhaut enthalten ist, kann es ohne diesen Farbstoff zu deutlichen Fehlentwicklungen im Augenhintergrund und nachfolgenden Sehstörungen kommen.

Höheres Risiko für Aderhaut-Tumoren und AMD bei hellen Augen

Doch auch wenn man vom Extremfall der Pigmentstörung absieht, kann sich der Melaningehalt der Iris auf die Augengesundheit auswirken. Das Melanin in der Iris schützt vor dem Einfluss des Sonnenlichts. Es filtert sowohl den sichtbaren Teil des Lichtspektrums als auch dessen UV-Anteil. Bei niedrigerem Melaningehalt steigt deshalb auch das Risiko, an einem sog. uvealen Melanom zu erkranken, einem aggressiven Tumor der Aderhaut [1].  „Dieser Krebstyp ist zwar sehr selten, er findet sich jedoch bei Menschen europäischer Abstammung 20 bis 30 mal häufiger als bei Menschen asiatischer oder afrikanischer Abstammung“, erläutert Prof. Nikolaos Bechrakis, Präsident der DOG.

Mit einem geringeren Schutz vor den schädlichen Auswirkungen des Sonnenlichts lässt sich vermutlich auch die Beobachtung erklären, dass Menschen mit hellen Augen eher eine altersabhängige Makuladegeneration (AMD) entwickeln als Menschen mit dunklen Augen. „Bei der Entstehung der AMD spielen freie Radikale, oxidativer Stress und die Ansammlung von Abfallprodukten im Bereich der Netzhaut eine Rolle – Prozesse, die durch UV-Licht verstärkt werden“, erläutert Cursiefen. Ein Zusammenhang zwischen Augenfarbe und AMD-Risiko sei zwar nicht in allen Studien gefunden worden, so Cursiefen. „Eine umfangreiche Metaanalyse mit fast 130 000 Teilnehmenden konnte jedoch belegen, dass zumindest die feuchte Form der AMD bei Menschen europäischer Herkunft deutlich häufiger ist als bei Menschen mit asiatischen oder afrikanischen Wurzeln“, berichtet der Experte [2]. Ob dies hauptsächlich auf die Augenfarbe zurückzuführen ist, oder ob auch andere genetische Faktoren eine Rolle spielen, ist allerdings noch unklar.

Dunkle Augen: Mehr Grauer Star, häufiger Komplikationen bei Transplantationen

Bei der Entwicklung einer Linsentrübung (Grauer Star oder Katarakt) sind Dunkeläugige dagegen im Nachteil. Diese Augenerkrankung entwickelt sich bei Menschen mit braunen Augen zwei bis viermal so häufig wie bei blauäugigen Menschen – ein Effekt, der auch innerhalb der weißen Bevölkerung nachgewiesen wurde und somit von der Ethnie unabhängig zu sein scheint [2]. „Eine Theorie hierzu besagt, dass in der vorderen Augenkammer eine umso höhere Temperatur herrscht, je mehr Licht durch die Iris absorbiert wird“, erläutert Cursiefen. Bei dunkler Iris wäre demnach mit einer leicht erhöhten Temperaturbelastung zu rechnen, die wiederum einen bekannten Risikofaktor für die Entstehung des Grauen Stars darstellt. 

Die hitzebedingte Katarakt ist bei Schweißern als Berufskrankheit anerkannt.

Auch das Ergebnis operativer Eingriffe am Auge kann von der Augenfarbe abhängen. Bei einer Hornhauttransplantation, bei der die Hornhaut in ihrer gesamten Dicke ausgetauscht wird („perforierende Keratoplastik“), werden Abstoßungsreaktionen und andere Komplikationen häufiger beobachtet, wenn die Iris dunkel ist. „Hier wird ein Einfluss des Melanins auf das Immungeschehen in der vorderen Augenkammer vermutet“, sagt Cursiefen. Womöglich verstärke das Pigment entzündliche Prozesse.

Unabhängig von dieser Beobachtung nimmt die Zahl der klassischen, perforierenden Hornhauttransplantationen seit einigen Jahren stark zugunsten minimal invasiver Techniken ab. Auf die Komplikationsrate bei der minimal invasiven DMEK („Descemet Membrane Endothelial Keratoplasty“), bei der lediglich die innerste Schicht der Hornhaut transplantiert wird, konnten die Ärzte keinen Effekt der Augenfarbe auf das Transplantatüberleben nachweisen [3]. Offenbar sei es durch den wesentlich schonenderen Ansatz gelungen, eine Immunaktivierung im Auge zu vermeiden und so den Einfluss des Melanins auszuschalten.

Erhöhte Risiken durch die Irisfarbe ausgleichen

„Die Beispiele zeigen, dass scheinbar unbedeutende Faktoren wie die Augenfarbe im klinischen Alltag durchaus relevant sein könnten“, so das Resümee der DOG-Experten. Nun gelte es, diese komplexen Zusammenhänge weiter zu definieren, bei der Behandlung zu berücksichtigen und, wo immer möglich, erhöhte Risiken und Nachteile auszugleichen.

Quelle: Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft

[1] Sun HP,Lin Y,Pan CW. Iris color and associated pathological ocular complications:a review of epidemiologic studies. Int J Ophthalmol 2014;7(5):872-878. doi:10.3980/j.issn.2222-3959.2014.05.25

[2] Pugazhendhi A et al. Neovascular Macular Degeneration: A Review of Etiology, Risk Factors and Recent Adavnces in Research and Therapy. Int J Mol Sci. 2021 Feb; 22(3): 1170. doi: 10.3390/ijms22031170

[3] Hayashi T, Hos D, Schrittenlocher S, Siebelmann S, Matthaei M, Franklin J, Clahsen T, Bock F, Bachmann B, Cursiefen C. Effect of Iris Color on the Outcome of Descemet Membrane Endothelial Keratoplasty. Cornea. 2020 Jul;39(7):846-850. doi: 10.1097/ICO.0000000000002305.