PsychologieGeschwister beeinflussen die Persönlichkeit nur gering

Das Geschlecht der eigenen Geschwister nimmt keinen Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung, so eine aktuelle Studie.

Zwei kleine Mädchen zeichnen auf einen weißen Hintergrund.
Sergey Novikov/stock.adobe.com; posed by models.

Das Aufwachsen mit Brüdern oder Schwestern hängt nicht mit der Entwicklung geschlechtskonformer Eigenschaften bei Geschwistern zusammen.

Welche Persönlichkeit uns als Erwachsene auszeichnet, hängt nicht damit zusammen, ob wir mit Schwestern oder Brüdern aufwachsen. Zu diesem Ergebnis kommt eine internationale Studie von Forscher*innen der Universitäten Leipzig und Zürich sowie der Victoria University of Wellington (Neuseeland).

Geschwister spielen in der Kindheit eine zentrale Rolle, und so liegt die Vermutung nahe, dass sie einander langfristig in ihren Persönlichkeiten beeinflussen. Tatsächlich beschäftigt sich die psychologische Forschung schon seit über einem halben Jahrhundert mit der Frage, welchen Unterschied es macht, ob Menschen mit Schwestern oder aber mit Brüdern aufwachsen.

Wissenschaftler*innen untersuchten immer wieder, ob Brüder und Schwestern Einfluss darauf nehmen, wie sehr ihre Geschwister sogenannte „geschlechtskonforme“ Eigenschaften annehmen, also Merkmale, die in der Gesellschaft als „typisch männlich“ oder „typisch weiblich“ gelten. Dazu gibt es vielfältige Annahmen und auch widersprüchliche Befunde, auch weil frühere Studien oft auf einer schmalen und wenig belastbaren Datenbasis beruhten.

Geschwister beeinflussen die Persönlichkeitsentwicklung weniger als gedacht 

Um die bislang uneinheitliche Datenlage zu klären, analysierte nun ein Team von Forscher*innen Daten von mehr als 80 000 Erwachsenen aus neun Ländern, darunter die USA, Deutschland, Mexiko und China. Möglich wurde dies durch verschiedene nationale Langzeitstudien, die systematisch und über Jahrzehnte hinweg Informationen über Personen erfassen, darunter auch ihre Lebensumstände und auf verschiedenen Wegen ermittelte Persönlichkeitsmerkmale.

Die statistische Auswertung dieser Daten zeigte über die Ländergrenzen hinweg, dass Persönlichkeitseigenschaften wie z.B. Risikobereitschaft, emotionale Stabilität, Gewissenhaftigkeit und Geduld nicht systematisch mit dem Geschlecht der Geschwister zusammenhängen.

„Unsere Ergebnisse widerlegen die Idee, dass das Aufwachsen mit Brüdern oder Schwestern dazu führt, dass wir langfristig bestimmte Persönlichkeitseigenschaften entwickeln, die in einer Gesellschaft als ‚typisch weiblich‘ oder ‚typisch männlich‘ gelten,“ erläutert Dr. Julia Rohrer von der Universität Leipzig, eine der Autor*innen des Artikels. „Insgesamt legt die aktuelle Studienlage nahe, dass Geschwister einen überraschend geringen Einfluss auf die Persönlichkeit im Erwachsenenalter haben.

Allerdings bedeuten die Ergebnisse der neuen Studie nicht, dass das Geschwistergeschlecht gar keine Rolle spielt für den langfristigen Lebensweg. Ökonomische Studien haben gezeigt, dass in den USA und Dänemark Frauen mit Brüdern geringere Erwerbseinkommen erzielen. „Hier gibt es anscheinend also durchaus interessante Dynamiken, die mit dem Geschlecht zusammenhängen“, so Rohrer. „Aber die Persönlichkeit ist wohl kein Teil der Erklärung solcher Effekte.“

Quelle: Pressemitteilung/Universität Leipzig

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