RückenschmerzChronischer Rückenschmerz – welche Therapie ist am effektivsten?

Personalisierte Therapieangebote sind effektiver als Standardbehandlungen. In Kombination mit der kognitiven Verhaltenstherapie steigt die Erfolgsquote um 84 Prozent.

Patient hat Rückenschmerzen und fasst sich an den unteren Rücken. Arzt sitzt am Schreibtisch.
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Therapien gegen chronische Rückenschmerzen erzielen die besten Ergebnisse, wenn sie an die Bedürfnisse der Patient*innen angepasst sind.

Geht eine Therapie gegen chronische Rückenschmerzen gezielt auf die persönlichen Bedürfnisse der Patient*innen ein, sind die Erfolgschancen deutlich größer als bei Standardbehandlungen. Kommt ergänzend ein psychotherapeutisches Verfahren dazu, die kognitive Verhaltenstherapie, lassen sich die Schmerzen sogar noch effektiver lindern. So das Ergebnis einer Metastudie der Goethe-Universität Frankfurt, bei der die Daten von über 10.000 Patient*innen kombiniert ausgewertet wurden. Aus der Studie lässt sich schließen: Entsprechend den Vorgaben der Nationalen Versorgungsleitlinie sollten multimodale Therapien im deutschen Gesundheitswesen stärker gefördert werden.

Bewegungsmangel, Fehlbelastung, Überbelastung, Dauerstress am Arbeitsplatz oder privat - es gibt viele Ursachen für die Volkskrankheit Rückenschmerz. Bei nicht wenigen Betroffenen sind die Beschwerden sogar chronisch. Das heißt, sie halten über lange Zeit an oder treten immer wieder auf. Linderung können angeleitete Sport- und Bewegungstherapien bringen. Zu den gängigen Behandlungsmethoden gehören Physiotherapie, Krafttraining und Stabilisationstraining.

Erfolgsquote ist bei personalisierten Behandlungen höher

Eine personalisierte Behandlung führte zu einer deutlichen Steigerung der Effekte bei chronischen Rückenschmerzen im Vergleich zu Standard-Bewegungstherapien. Die Erfolgsquote bei der Schmerzlinderung lag 38 Prozent höher als bei einer Standardbehandlung.

"Der höhere Aufwand der Personalisierung lohnt sich, da die Patienten in klinisch relevantem Ausmaß davon profitieren", sagt der federführende Autor Dr. Johannes Fleckenstein vom Institut für Sportwissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt.

Multimodale Therapien erzielen das beste Ergebnis

Das Frankfurter Forschungsteam verglich neben den Standardbehandlungen und den personalisierten Behandlungen eine dritte Gruppe. Bei diesen wurden personalisierte Trainingseinheiten mit einer so genannten kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) kombiniert. Dieses Gesprächsverfahren geht davon aus, dass negative Gedanken und Verhaltensweisen rund um das Thema Schmerz schmerzverstärkend wirken. Also lernen Schmerzpatient*innen, ihren Umgang mit dem Schmerz zu verändern. Sie bauen Bewegungsängste ab oder bekommen Taktiken zur Schmerzbewältigung beigebracht.

Doch was trägt die psychotherapeutische Unterstützung durch KVT tatsächlich zum Behandlungserfolg bei? Hier ergab sich bei der Datenanalyse folgendes: Wurden personalisierter Ansatz und KVT kombiniert, lag die Erfolgsquote in Hinblick auf die Schmerzlinderung beeindruckende 84 Prozent höher als bei einer Standardbehandlung. Die kombinierte Therapie, auch multimodale Therapie genannt, führte also zum mit Abstand besten Ergebnis.

Fleckenstein sieht in der Studie "den dringenden gesundheitspolitischen Appell", kombinierte Angebote in der Versorgung und Vergütung zu stärken. "Im Vergleich zu anderen Ländern, etwa den USA, stehen wir in Deutschland zwar relativ gut da. Wir haben zum Beispiel eine geringere Verschreibung von starken Betäubungsmitteln wie Opiaten. Aber die Rate an unnötigen Röntgenuntersuchungen, die im Übrigen auch zur Chronifizierung von Schmerzen beitragen können, oder ungenauen OP-Indikationen ist noch immer sehr hoch." Dies läge, so Fleckenstein, auch an den ökonomischen Anreizen, also der verhältnismäßig hohen Vergütung solcher Maßnahmen.

 Anders sei die Situation bei schmerztherapeutischen Einrichtungen. Die sind laut Fleckenstein zwar nicht defizitär, aber eben auch keine Cash Cow für Investoren. Hier gelte es, die ökonomischen Rahmenbedingungen zu verbessern. Denn langfristig spare Schmerztherapie aus gesundheitsökonomischer Sicht viel Geld, wohingegen Tabletten und Operationen eher selten zu einer mittel- und langfristigen Schmerzlinderung führten.

Quelle: Pressemitteilung/Goethe-Universität Frankfurt am Main