Psyche24 Prozent weniger Suizidversuche durch 4-Ebenen-Interventionskonzept

Das 4-Ebenen-Interventionskonzept zur Suizidprävention der Stiftung Deutsche Depressionshilfe ist am wirkvollsten, so eine Metaanalyse. Ziel ist, das Suizidrisiko durch bessere Versorgung depressiver Menschen zu senken.

Silhouette eines Mannes, der sich an die Stirn fasst.
K.Oborny/Thieme

Suizide sind mehrheitlich die Konsequenz einer nicht erkannten oder nicht ausreichend behandelten Depression. Eine bessere Versorgung depressiver Menschen soll das Suizidrisiko senken.

Die neueste systematische Meta-Analyse zu Ansätzen der Suizidprävention der Forschungsgruppe um Eric J. Linskens zeigt, dass die 4-Ebenenen-Intervention zur Suizidprävention der Stiftung Deutsche Depressionshilfe am wirkungsvollsten ist. Das 4-Ebenen-Interventionskonzept hat die bessere Versorgung von Menschen mit Depression und die Prävention von Suiziden zum Ziel. In einer umschriebenen Region (Stadt, Gemeinde) werden dazu Interventionen auf vier Ebenen gestartet: Kooperation mit Hausärzten (u.a. Schulungen), Öffentlichkeitsarbeit, Schulungen von Multiplikatoren (z. B. Lehrer*innen, Altenpflegekräfte, Polizist*innen) und Unterstützung für Betroffene und deren Angehörige, u.a. durch Informationsmaterialien.

Die im September von einer unabhängigen Arbeitsgruppe veröffentlichte Meta-Analyse wertete 47 internationale Studien aus, die von Januar 2010 bis November 2020 veröffentlicht wurden. „Unser in Deutschland entwickeltes und im Rahmen von EU-Projekten erprobtes 4-Ebenen-Interventionskonzept hat sich damit als stärkstes Instrument im Kampf gegen Suizide weltweit gezeigt. Ich hoffe sehr, dass wir den Ansatz künftig noch breiter zur Anwendung bringen können und damit suizidalen Handlungen vorbeugen und zudem viel Leid durch eine bessere Versorgung depressiv erkrankter Menschen verhindern“, sagt Prof. Ulrich Hegerl, Präsident der European Alliance Against Depression (EAAD e.V.).

Die Mehrheit der Suizide erfolgt vor dem Hintergrund einer oft nicht erkannten oder nicht adäquat behandelten Depression. Das 4-Ebenen-Interventionskonzept will das Suizidrisiko durch eine verbesserte Versorgung depressiv erkrankter Menschen und zahlreiche weitere Maßnahmen senken.

Suizidprävention stärken und Versorgung depressiver Menschen verbessern

Das 4-Ebenen-Interventionskonzept verbindet zwei Ziele: Die bessere Versorgung von Menschen mit Depression und die Prävention von Suiziden sowie Suizidversuchen. In einer umschriebenen Region (Stadt, Gemeinde) werden gleichzeitig Interventionen auf vier Ebenen gestartet:

1. Kooperation mit Hausärzten (u.a. Schulungen)
2. Öffentlichkeitsarbeit (z.B. Plakatkampagne, öffentliche Veranstaltungen)
3. Schulungen von Multiplikatoren (z. B. Pfarrer*innen, Lehrer*innen, Journalist*innen, Altenpflegekräfte, Polizist*innen)
4. Unterstützung für Betroffene und deren Angehörige, u.a. durch Informationsmaterialien, die Förderung der Selbsthilfe und das digitale Selbstmanagement-Programm iFightDepression. Das iFightDepression-Tool ist ein internetbasiertes, kostenfreies, von Fachpersonal begleitetes Selbstmanagement-Programm für Menschen mit leichteren Depressionsformen. Es unterstützt Betroffene beim eigenständigen Umgang mit der Erkrankung Depression und gibt praktische Hinweise für den Alltag.

Studien zeigen Rückgang suizidaler Handlungen

Der 4-Ebenen-Ansatz wurde erstmals in einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Modellprojekt, dem Nürnberger Bündnis gegen Depression, in den Jahren 2001 und 2002 angewandt. Im Rahmen mehrerer EU-geförderter Projekte wurde er weiter optimiert. Mittlerweile haben in Deutschland unter dem Dach der Stiftung Deutsche Depressionshilfe 90 Städte und Landkreise dieses 4-Ebenen-Konzept durch die Gründung regionaler Bündnisse gegen Depression umgesetzt. Darüber hinaus wurde der Ansatz in 10 weiteren europäischen Ländern sowie in Australien, Neuseeland, Kanada und Chile aufgegriffen – koordiniert von der European Alliance Against Depression.

Die Wirksamkeit konnte in mehreren Studien gezeigt werden, in denen Abnahmen suizidaler Handlungen in Interventionsregionen im Vergleich zu Kontrollregionen festgestellt wurden. So gab es im Modellprojekt Nürnberger Bündnis gegen Depression in den beiden Interventionsjahren einen Rückgang um 24 Prozent der suizidalen Handlungen – ein Effekt, der auch im Folgejahr nachweisbar war.

Zahl der Suizide in Deutschland gesunken 

In Deutschland ist die Zahl der Suizide seit Anfang der achtziger Jahre von 18.000 auf mittlerweile rund 9.200 Tote im Jahr (Quelle: Statistisches Bundesamt 2020) gesunken. „Diese positive Entwicklung ist vor allem darauf zurückzuführen, dass sich die Versorgungssituation in den vergangenen 40 Jahren in Deutschland verbessert hat. Menschen mit Depression holen sich häufiger Hilfe, und Ärzt*innen erkennen Depressionen besser. Der 4-Ebenen-Ansatz dürfte dazu auch einen Beitrag geleistet haben“, so Hegerl weiter.

Quelle: Pressemitteilung/Stiftung Deutsche Depressionshilfe 

Sie befinden sich in einer akuten Krise? Sie erreichen die Telefonseelsorge kostenfrei rund um die Uhr unter 0800-1110111 oder 0800-1110222.
Hilfsangebote bei Depression finden Sie unter: https://www.deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/wo-finde-ich-hilfe