SuizidpräventionSuizidprävention: Schutzkonzept muss gesetzlich verankert sein

„Die Hilfen zur Suizidprävention müssen vorrangig sein“, heißt es in dem Forderungspapier an den Bundestag zur gesetzlichen Verankerung der Suizidprävention. Über 40 Fachgesellschaften und Organisationen fordern u.a. Ausbau und Finanzierung von Hilfsprogrammen.

Gebeugt sitzende Holzfigur, traurig
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Jährlich sterben ca. 9000 Menschen durch Suizid. Damit Menschen mit Suizidgedanken die nötige Hilfe erhalten, fordern Institutionen und Gesellschaften eine bundesweite Informations-, Beratungs- und Koordinationsstelle zur Suizidprävention.

Die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP), das Nationale Suizidpräventionsprogramm (NaSPro), der Deutsche Hospiz- und PalliativVerband (DHPV) und die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention (DGS) betonen in gemeinsamen "Eckpunkten für eine gesetzliche Verankerung der Suizidprävention": Unabhängig von einer Regelung zur Suizidassistenz müssen suizidpräventive Strukturen gestärkt und finanziert werden. Dringend erforderlich ist die Einrichtung einer bundesweiten Informations-, Beratungs- und Koordinationsstelle. Am Leben Verzweifelnde und ihnen Nahestehende brauchen Menschen, die ihnen zuhören, ihnen zur Seite stehen, sie informieren und beraten und mit denen sie gemeinsam Schritte aus der Krise entwickeln können.

„Mehr als 9000 Menschen sterben jährlich durch Suizid, mittelbar betroffen sind mehr als 100 000 weitere Menschen.“, betont Prof. Barbara Schneider, Leitung des Nationalen Suizidpräventionsprogramms (NaSPro): „Es fehlen Informationen, dass man das nicht alleine durchstehen muss!“ Deshalb sei die Einrichtung eines bundesweiten Informations-, Beratungs- und Koordinationsstelle zur Suizidprävention dringend notwendig.

Diese zentrale Forderung gehört zu den „Eckpunkten für eine gesetzliche Verankerung der Suizidprävention“, welche das NaSPro, die DGP, der DHPV und die DGS im Vorfeld der ersten Lesung der Gesetzesentwürfe zur Suizidassistenz an die Bundestagsabgeordneten versandt haben. Nachdruck verleihen diesem Anliegen 38 weitere Bundesinstitutionen durch Mitunterzeichnung. Die Erwartungen an die Politik sind unmissverständlich: „Wir fordern eine umfassende gesetzliche Verankerung der Suizidprävention im Rahmen eines Suizidpräventionsgesetzes in Verbindung mit dem weiteren Ausbau der Hospizarbeit und Palliativversorgung.“

Angebote der Hospiz- und Palliativversorgung ausweiten

„Wir müssen das Thema Suizidwünsche enttabuisieren und offene Gespräche anbieten!“, erklärt Dr. Claudia Bausewein, Präsidentin der DGP: „Das gilt sowohl für Menschen, die keinen anderen Weg mehr für sich erkennen, als auch für ihnen Nahestehende, die sich Sorgen machen oder Angst haben, jedoch nicht wissen, mit wem sie darüber sprechen können.“ Im Palliativ- und Hospizbereich besteht viel Erfahrung mit schwerkranken Menschen mit Todeswünschen. Allein das Gespräch über persönliche Belastungen und die Information über weitere Möglichkeiten der Hospiz- und Palliativversorgung wirken oft suizidpräventiv.

Gleichzeitig hebt Prof. Winfried Hardinghaus, Vorsitzender des DHPV, hervor: „Es ist aus unserer Sicht bedeutsam, dass keine Person oder Organisation bzw. Einrichtung des Gesundheits- und Sozialwesens dazu verpflichtet werden darf, an einer Suizidhilfe mitzuwirken oder die Durchführung in ihren Einrichtungen zu dulden, wenn dies ihrem Selbstverständnis widerspricht. Hier bedarf es dringend einer gesetzlichen Klarstellung.“

Suizidpräventionsgesetz: Schutzkonzept gesetzlich verankern

„Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zum § 217 StGB im Jahr 2020 sehen wir es als Aufgabe des Gesetzgebers an, vor allem ein Schutzkonzept für Menschen mit Suizidgedanken zu entwickeln und für die Umsetzung des Konzepts zu sorgen.“, unterstreichen die vier Organisationen und Fachgesellschaften der Suizidprävention sowie der Hospizarbeit und Palliativversorgung. Signal der Dringlichkeit: Verstärkt melden sich Menschen auf der Suche nach Suizidassistenz oder auch Angehörige, deren hochbetagtes Elternteil so nicht mehr leben will. „Hier muss es niedrigschwellig, kostenfrei und unmittelbar einen Anspruch auf Information und Beratung geben!“ erklärt Dr. med. habil. Ute Lewitzka, Vorstandsvorsitzende der DGS: „Die Suizidprävention ist ein eigenes akutes Anliegen, das unabhängig von einer etwaigen Regelung zur Suizidassistenz umfassend gesetzlich zu verankern ist.“

„Die Hilfe zur Unterstützung in suizidalen Krisen und die Angebote der Hospizarbeit und Palliativversorgung müssen leichter zugänglich sein als die Hilfe beim Suizid. Die Hilfen zur Suizidprävention müssen vorrangig sein, und zwar unabhängig von Art der zugrundeliegenden Problemlage oder Erkrankung. Dies betrifft die gesamte Lebensspanne von der Kindheit bis ins hohe Lebensalter.“, so heißt es in den Eckpunkten weiter.

Die vier initiierenden plus der 38 mitunterzeichnenden Organisationen fordern die Stärkung aller suizidpräventiven Strukturen und deren auskömmliche Finanzierung in Deutschland. „Die Suizidprävention ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe in verschiedenen Bereichen wie Schule, Ausbildung, Arbeitsplatz, Medien, Familien und vielen anderen mehr. Diese kann nur ressortübergreifend wahrgenommen werden. Damit jeder Mensch, der in einer suizidalen Krise Hilfe sucht, auch Hilfe findet, sind die Rahmenbedingungen in einem Suizidpräventionsgesetz zu regeln, denn jeder Mensch hat einen Anspruch auf entsprechende Hilfe und Unterstützung.“

Quelle: Pressemitteilung/Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin e.V.

Sie befinden sich in einer akuten Krise? Sie erreichen die Telefonseelsorge kostenfrei rund um die Uhr unter 0800-1110111 oder 0800-1110222.
Eine Übersicht zu Hilfsangeboten in Ihrer Nähe finden Sie unter: https://www.suizidprophylaxe.de/hilfsangebote/hilfsangebote/

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