RheumatologieZunahme rheumatischer Erkrankungen in Deutschland

Rheumatische Erkrankungen in Deutschland nehmen zu. Eine aktuelle Studie geht von 1,5 bis 2,1 Millionen erkrankten Erwachsenen bzw. ca. 14.000 Kindern und Jugendlichen aus.

Seniorin mit Schultergelenksschmerz
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Höhere Lebenserwartung und verbesserte Frühdiagnostik sind mögliche Ursachen für die gestiegene Prävalenz rheumatischer Erkrankungen.

Zwei große aktuelle Studien zeigen: Rheumatische und Autoimmunerkrankungen haben zugenommen.

Deutsche Studie ergibt deutlichen Anstieg rheumatischer Erkrankungen

Dr. Katinka Albrecht und Team vom Deutschen Rheuma-Forschungszentrum in Berlin haben eine große systematische Literaturrecherche durchgeführt zur Prävalenz rheumatischer Erkrankungen in Deutschland. Die aus den identifizierten Arbeiten für Deutschland ermittelten Werte wurden dann zusammengefasst und mit internationalen Angaben abgeglichen. Fast alle Studien basieren auf Routinedaten, bei denen nur Diagnosen und nicht der bestehende Krankheitsstatus dokumentiert wird.

Die Autoren berichten: In den letzten Jahren ist ein Anstieg der Häufigkeit von entzündlichen rheumatischen Erkrankungen festzustellen. Da es keine mehrstufigen Bevölkerungsstudien gibt, sind die vorliegenden Daten die einzigen verfügbaren, aber relativ unsicheren Quellen für Prävalenzschätzungen. Aus den Daten ergibt sich:

  • Heute haben etwa 2,2 bis 3 Prozent der Erwachsenen in Deutschland eine entzündlich rheumatische Erkrankung.
  • Etwa 0,1 Prozent der Kinder und Jugendlichen haben eine juvenile Arthritis.

 Das entspricht einer Zahl von 1,5 bis 2,1 Millionen Erwachsenen bzw. circa 14.000 Kindern und Jugendlichen.

Im Vergleich zu den letzten verfügbaren Daten von 2016 ist dies bei den entzündlichen rheumatischen Erkrankungen ein deutlicher Anstieg [1].

Britische Studie kommt zu ähnlichen Ergebnissen 

Ähnliche Ergebnisse wurden in England gefunden: Dort analysierten Forscher*innen eine sehr große Datenbank mit Daten von über 22 Millionen Menschen. Diese Studie hat neben den entzündlichen rheumatischen Erkrankungen weitere Autoimmunerkrankungen geprüft.

Es wurden die jährlichen Neudiagnosen (Inzidenz) dieser Erkrankungen dokumentiert und berechnet, ob es einen Unterschied in der Inzidenz der einzelnen Erkrankungen zwischen den Jahren 2000 bis 2002 und 2017 bis 2019 (Ende der aktuellen Auswertung) gegeben hat.

Auch diese Arbeitsgruppe konnte eine Zunahme von rheumatischen Erkrankungen konstatieren zusammen mit weiteren Autoimmunerkrankungen. Insbesondere für ein Sjögren-Syndrom, das zu den Kollagenosen gezählt wird, konnte der größte relative Anstieg bei den entzündlich rheumatischen Erkrankungen gezeigt werden. Weiter relevante Anstiege in der Inzidenz wurden für eine Zöliakie und den Morbus Basedow dokumentiert.

Nur für wenige Autoimmunerkrankungen wurde ein leichter Rückgang der Prävalenz festgestellt, z.B. für die perniziöse Anämie und die Hashimoto Thyreoiditis [2].

Ursachen für zunehmende Häufigkeit

Beide Arbeiten kommen zu dem Schluss, dass die zunehmende Häufigkeit rheumatischer Erkrankungen vor allem

  • auf eine höhere Lebenserwartung,
  • eine gesunkene Mortalität und
  • eine verbesserte Frühdiagnostik zurückzuführen ist.

Dies habe aber auch zur Folge, dass die Versorgung der Patienten gewährleistet sein muss, erklärt der Rheumatologe Prof. em. Christoph Baerwald.

Quelle: Pressekonferenz zum 51. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie

Literatur

[1] Albrecht K. et al. Systematisches Review zur Schätzung der Prävalenz entzündlich rheumatischer Erkrankungen in Deutschland. Z Rheumatol 2023; doi: 10.1007/s00393-022-01305-2

[2] Conrad N. et al. Incidence, prevalence, and co-occurrence of autoimmune disorders over time and by age, sex, and socioeconomic status: a population-based cohort. Lancet 2023; doi: https://doi.org/10.1016/S0140-6736(23)00457-9