GefäßerkrankungenpaVK: Länger schmerzfrei laufen mit Gehtraining

Länger und weiter laufen ohne Schmerzen: Gehtraining verbessert die Mobilität bei Patient*innen mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit. 

Frauenbeine in Leggings und Outdoorschuhen beim Nordic Walking draußen
K. Oborny/Thieme

Für schonende Verfahren zur Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (paVK) gibt es eine gute Evidenz, berichtete die Münchner Gefäßchirurgin Dr. Barbara Rantner auf einer Pressekonferenz. 

„Für den Erfolg der medikamentösen Behandlung entscheidend sind auch Änderungen in der Lebensstilführung“, betonte Rantner. „Für Betroffene empfiehlt sich eine Nikotinentwöhnung sowie ein angeleitetes Gehtraining.“

Dass das Training die Mobilität der Patient*innen verbessert, sei durch groß angelegte Studien belegt. Patient*innen könnten so länger und weiter laufen, ohne dass Schmerzen auftreten. Lässt sich die Mobilität der Erkrankten durch das Gehtraining nicht verbessern, stünden noch invasive Verfahren wie eine Katheter-gestützte Gefäßdehnung oder offen chirurgische Methoden zur Verfügung.

paVK: Surrogat für erhöhtes kardiovaskuläres Risiko

Die pAVK wird als ein Surrogat für das kardiovaskuläre Risiko eines Individuums angesehen: Betroffene Betroffene erleiden deutlich häufiger Herzinfarkte und Schlaganfälle als gesunde Vergleichspersonen gleichen Alters. Aus diesem Grund sind eine adäquate Kontrolle vorhandener Risikofaktoren und die Einleitung einer passenden medikamentösen Therapie (best medical treatment) unerlässlich.

Zumeist ist eine komplexe medikamentöse Behandlung bei diesen Patient*innen indiziert. Eine leitliniengerechte Einstellung des Bluthochdrucks (die Zielwerte sind hierbei von Alter und weiteren Komorbiditäten abhängig) und erhöhter Blutfette mittels Statinen (gegebenenfalls in Ergänzung mit Ezetimib oder PCSK9-Enzym-Inhibitoren) stellen dabei die Basis dar. Dazu gibt es eine klare Empfehlung zur thrombozytenaggregationshemmenden Therapie, um einen Krankheitsprogress zu verhindern und die Rate an kardiovaskulären Komplikationen zu minimieren. Sollte zusätzlich ein Diabetes mellitus vorliegen, sind auch hier leitliniengerechte Glukose-Zielwerte anzustreben.

Gehtraining für längere schmerzfreie Mobilität

Für den Erfolg der medikamentösen Behandlung entscheidend sind auch Änderungen in der Lebensstilführung. Dazu gehören Nikotinkarenz und ein am besten angeleitetes Gehtraining. Dies soll natürliche Kollateralkreisläufe aktivieren und zur Lebensqualität und Eigenständigkeit der Patient*innen beitragen.

Mittlerweile belegen große Studien den Effekt eines strukturierten und angeleiteten Gehtrainings zur Mobilitätssteigerung von paVK-Patient*innen. Ein kürzlich erschienener Cochrane Review hat die Ergebnisse zusammengefasst und bestätigt den positiven und auch nachhaltigen Einfluss des supervidierten Gehtrainings auf die schmerzfreie sowie die maximale Gehstrecke.

In den Leitlinien befindet sich die klare und starke Empfehlung zum supervidierten Gehtraining bei Patient*innen mit Claudicatio intermittens. Im Gegensatz dazu gibt es bislang noch keine ausreichende Evidenz für Medikamente, die die schmerzfreie Gehstrecke bei Betroffenen mit pAVK verbessern sollen.

Studien

Der Stellenwert konservativer Maßnahmen wie Best Medical Treatment und Gehtraining im Vergleich zu invasiven Therapieschritten konnte in diversen Studien untersucht und belegt werden konnte. In der CLEVER-Studie etwa wurden 111 Patienten mit Claudicatio intermittens und Aorto-iliakaler Läsion zu gleichen Teilen entweder mittels BMT allein oder in Kombination mit supervidiertem Gehtraining oder Stent-Behandlung therapiert [1].

Nach 6 Monaten war die Zunahme der maximalen Gehstrecke in der Patientengruppe mit Gehtraining am höchsten. Hingegen ermöglichte die Stentbehandlung die größte Verbesserung der maximalen Gehzeit im Vergleich zu alleiniger medikamentöser Behandlung.

Nach 18 Monaten konnten keine Unterschiede in den erwähnten Endpunkten mehr zwischen Gehtraining und Stentbehandlung festgestellt werden.

Bei unzureichender Besserung der Gehstrecke über alleiniges Gehtraining, das zumindest über einen Zeitraum von drei Monaten durchgeführt werden sollte, stehen je nach betroffener Gefäßloge unterschiedliche invasive Behandlungsvarianten zur Verfügung. Man unterscheidet zwischen Katheter-gestützten Verfahren, bei denen die Gefäßläsion nach Punktion eines zu-/abführenden Gefäßes mit Ballons und wenn angezeigt Stents gedehnt und der ursprüngliche Gefäßdurchmesser wiederhergestellt wird. Ergänzend dazu gibt es zahlreiche offen-chirurgische Verfahren, die entweder eine lokale Versorgung bei kurzstreckigen Gefäßläsionen oder Umgehungen mittels Bypassanlage bei langstreckigen Verschlüssen beinhalten.

Aufgrund der eingeschränkten Haltbarkeit sowohl endovaskulärer als auch offen-chirurgischer Verfahren und bei gleichzeitig bestehendem Morbiditäts- und sogar Mortalitätsrisiko müssen alle Interventionen wohl überlegt und sinnvoll eingesetzt werden. Prinzipiell gilt heutzutage die Empfehlung, kurzstreckige Engstellen mit endovaskulären Methoden zu behandeln und langstreckige oder komplexe Pathologien immer noch offen chirurgisch zu versorgen.

Hintergrund

Mit weltweit etwa 200 Millionen Betroffenen handelt es sich bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (paVK) um eine der weitverbreitetsten Erkrankungen der Arterien.

Sie verläuft in verschiedenen Stadien und wird meist im Stadium belastungsabhängiger Schmerzen in der Beinmuskulatur diagnostiziert, in der sie sich durch wiederkehrende krampfartige Schmerzen äußert. Betroffene klagen über intermittierende, krampfartige Schmerzen in den Waden, die durch eine Sauerstoffminderversorgung der Muskulatur hervorgerufen werden. Verantwortlich für diesen Mismatch zwischen Sauerstoffbedarf aktiver Muskulatur und eingeschränkter Sauerstoffzufuhr aus den Arterien sind arteriosklerotische Veränderungen an den Beinschlagadern. In Ruhe verschwinden die Schmerzen innerhalb weniger Minuten, daher der Name Claudicatio intermittens, zu Deutsch auch Schaufensterkrankheit.

Die Therapie erfolgt medikamentös durch eine leitliniengerechte Einstellung des Bluthochdrucks und der erhöhten Blutfette (best medical treatment).

Da die Erkrankung dem arteriosklerotischen Formenkreis zugeordnet wird, zählen klassische Risikofaktoren wie Rauchen, hoher Blutdruck, Diabetes mellitus und hohe Blutfette auch hier zu den relevanten Einfluss-Parametern.

Quelle: Pressekonferenz Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin

Literatur

[1] Murphy TP, Cutlip DE, Regensteiner JG et al. Supervised Exercise, Stent Revascularization, or Medical Therapy for Claudication Due to Aortoiliac Peripheral Artery Disease: A Randomized Clinical Trial. J Am Coll Cardiol 2015; doi: 10.1016/j.jacc.2014.12.043