Gesundheit und KlimaKlimaschutz wird im ärztlichen Alltag ausgebremst

Eine Umfrage zeigt: Ärzt*innen fehlt es an konkreten Leitlinien und unterstützenden Maßnahmen zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen in Praxen und Kliniken.

Thermometer mit Himmel und Sonne im Hintergrund.
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Viele Gesundheitseinrichtungen haben bisher keine geregelten Hitzeschutzmaßnahmen.

Unser Gesundheitssystem ist auf die Folgen des Klimawandels nicht ausreichend vorbereitet. Zu diesem Schluss kam der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen in seinem Gutachten ‚Resilienz im Gesundheitswesen‘, das er im Januar 2023 vorgestellt hatte. Bereits 2021 hat der Deutsche Ärztetag (DÄT) umfassende Beschlüsse zum Thema „Klimaschutz ist Gesundheitsschutz“ verabschiedet.

Fehlende Rahmenbedingungen behindern Klimaschutz 

Eine aktuelle Umfrage des Centre for Planetary Health Policy (CPHP) zeigt jedoch: Die Umsetzung innerhalb der Ärzt*innenschaft wird noch immer von hinderlichen oder fehlenden Rahmenbedingungen gebremst. Dabei ist der Anteil der Mediziner*innen, die versuchen Klimaschutz- und -anpassungsmaßnahmen in ihrem Arbeitsalltag umzusetzen, im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.

„Die Klimakrise braucht Maßnahmen auf unterschiedlichen Ebenen. Je konkreter, desto besser. Die Gestaltung der Rahmenbedingungen ist wichtig, es darf sich jedoch keiner dahinter verstecken. Unmittelbare Effekte können bei der Vermeidung von Über- und Fehlversorgung entstehen. Konkrete Vorschläge einzelner Fachgesellschaften liegen vor, sie müssen nur umgesetzt werden“, sagt Prof. Kai Kolpatzik.

Die wichtigsten Ergebnisse auf einen Blick:

  • Strukturelle Rahmenbedingungen behindern Umsetzung der Beschlüsse des 125. DÄT für Klimaschutz und -anpassung – Die Mehrheit der befragten Ärzt*innen fordert bessere Rahmenbedingungen von Politik, Selbstverwaltung, Ärztekammern und Fachgesellschaften: So wünschen sich beispielsweise 82 % der Befragten Leitlinien und Empfehlungen zu nachhaltigen Arbeitsweisen und zum klimabewussten Umgang mit Medizinprodukten, 76 % begrüßen steuerliche Vergünstigungen für klimafreundliche Maßnahmen und 57 % eine Abrechnungsziffer für Hitzeberatung.
  • Klimarelevante Weiterbildung gefragt, aber nicht bekannt – Viele Befragte wünschen sich Fort- und Weiterbildungen, Informationen und Initiativen zu fachspezifischen Aspekten des Klimaschutzes und zum Umgang mit Klimawandelfolgen der Bundesärztekammer, ihrer Landesärztekammer sowie von den medizinischen Fachgesellschaften. Bisher sind diese weitgehend nicht existent oder nicht bekannt.
  • Prävention und Gesundheitsförderung spielen für Klimaschutz und -anpassung eine wichtige Rolle – Beide sind aber aktuell im Gesundheitssystem nur wenig vorgesehen. Änderungen im Abrechnungssystem und in der Priorisierung im Gesundheitssystem würden sich positiv auf die Gesundheit von Patient:innen und Versicherten, die Arbeitszufriedenheit der Ärzt:innen und die Umwelt auswirken.
  • Immer mehr Ärzt*innen nehmen gesundheitliche Auswirkungen von Hitze bei Patient*innen wahr – Die Zahl der Mediziner*innen, die zum Umgang mit Hitzewellen berät, ist jedoch seit der ersten Umfrage im Mai 2022 nur leicht von 42 auf 49 % gestiegen. Auch fehlt es den meisten Ärzt*innen an geeigneten Informationsmaterialien und Fortbildungen hierzu.
  • Viele Gesundheitseinrichtungen ohne Hitzeschutz – Fast die Hälfte der Gesundheitseinrichtungen hat nach Angaben der Befragten noch immer keine regelmäßigen Hitzeschutzmaßnahmen vorgenommen. Dazu gehören beispielsweise gezieltes Lüften, Verschattung sowie die Verschiebung von Sprechzeiten in die Morgen- oder Abendstunden.

Zur dringend erforderlichen besseren Vorbereitung auf Hitzeperioden sagt Dorothea Baltruks, wissenschaftliche Mitarbeiterin im CPHP: „Um Menschen in kommenden Hitzewellen angemessen zu schützen, müssen Krankenhäuser und Praxen sich intensiv vorbereiten. Andernfalls werden hohe Temperaturen weiterhin Gesundheit und Wohlbefinden vor allem vulnerabler Gruppen wie Kleinkinder, Schwangere, Menschen, die im freien Arbeiten, ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen bedrohen.“

Quelle: CPHP