ErnährungGastroenterologie: Was tun gegen Mangelernährung?

Was zeichnet eine „gesunde“ Ernährung aus? Expert*innen der DGVS sprechen über Mangelernährung und Ernährung zur Krebsprävention.

Essen wird einem Patienten im Krankenhaus ans Bett serviert
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Diät und Essensberatung spielen in deutschen Krankenhäusern nur eine unzureichende Rolle.

Für 89 Prozent der Deutschen spielt der Faktor Gesundheit in Fragen der Ernährung eine wichtige Rolle. Das zeigt der vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft herausgegebene Ernährungsreport [1]. Gesund ist, was schmeckt. „Dieser Grundsatz gilt in Ernährungsfragen leider nicht immer“, sagt Prof. Martina Müller-Schilling. Denn bestimmte Lebensmittel können das individuelle Risiko, an Krebs zu erkranken, teils deutlich erhöhen. Dazu zählen verarbeitetes oder rotes Fleisch oder auch Alkohol [2, 3].

 

Verarbeitetes Fleisch kann das Darmkrebs-Risiko um 18 Prozent erhöhen, wenn man davon täglich mehr als 50 Gramm zu sich nimmt

 

Prof. Martina Müller-Schilling [2]

Lässt sich über die Ernährung das Krebsrisiko senken?

„Wer häufig Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Nüsse, Obst und Gemüse zu sich nimmt und weitestgehend auf verarbeitete kalorienreiche Nahrungsmittel, die einen hohen Fett-, oder Zuckergehalt haben, verzichtet, tut seiner Gesundheit etwas Gutes“, erklärt die Expertin. Diese Ernährungsform entspreche den gängigen nationalen und internationalen Empfehlungen zur Vorbeugung vieler Krebserkrankungen. Auch bei einer bereits bestehenden Krebserkrankung sei eine ausgewogene, gesunde Ernährung wichtig. Dagegen halten sich hartnäckig Mythen, dass bestimmte Ernährungsformen wie eine ketogene Diät mit einem hohen Fett- und einem geringen Kohlenhydratanteil das Tumor- und Metastasenwachstum bremsen oder sogar umkehren könnten. „Dafür gibt es keinen wissenschaftlichen Beleg“, stellt die Gastroenterologin klar. Im Gegenteil erhöhe diese Ernährungsform das Risiko für eine Mangelernährung schon innerhalb weniger Wochen.

Mangelernährung im Krankenhaus

Eine Mangelernährung kommt bei mehr als einem Viertel der Patient*innen vor, die in Deutschland im Krankenhaus aufgenommen werden [4]. „In der Gastroenterologie, die mit der Onkologie und der Geriatrie die meisten mangelernährten Patienten versorgt, sind meist Tumoren oder Krebserkrankungen der Verdauungsorgane, aber auch chronische und chronisch-entzündliche Darm- oder Lebererkrankungen, die Hauptursachen von Mangelernährung“, sagt Prof. Thomas Frieling. Bei Menschen, die mangelernährt sind, treten teilweise mehr Komplikationene auf. Zudem erhöht Mangelernährung die Sterblichkeit.

Frieling sieht hier Politik und Krankenhausträger in der Verantwortung. Die Krankenhäuser „Das Dilemma ist, dass Gesundheits- und Sozialetats für Ernährungstherapien und professionelle Ernährungsteams meist keine Mittel vorsehen“, so der  Experte. Dabei sei dies Sparen am falschen Ende, denn Mangelernährung verursacht jedes Jahr Mehrkosten in Milliardenhöhe [5]. „Es braucht ein Umdenken bei den Verantwortlichen, damit das Problem der Mangelernährung endlich angegangen wird“, fordert Gastroenterologe. 

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie

[1] Deutschland, wie es isst. Der BMEL-Ernährungsreport 2022: www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/ernaehrungsreport-2022.pdf;

[2] Bouvard et al. Carcinogenicity of consumption of red and processed meat. Lancet Oncology 2015. DOI: http://dx.doi.org/10.1016/S1470-2045(15)00444-1

[3] WHO - alcohol consumption: www.who.int/europe/news/item/04-01-2023-no-level-of-alcohol-consumption-is-safe-for-our-health 

[4] Pirlich M, Schütz T, Norman K, Gastell S, Lübke HJ, Bischoff SC, Bolder U, Frieling T, Güldenzoph H, Hahn K, Jauch KW, Schindler K, Stein J, Volkert D, Weimann A, Werner H, Wolf C, Zürcher G, Bauer P, Lochs H. The German hospital malnutrition study. Clin Nutr. 2006 Aug;25(4):563-72. doi: 10.1016/j.clnu.2006.03.005. Epub 2006 May 15. PMID: 16698132.

[5] Khalatbari-Soltani S,Marques-Vidal P. The economic cost of hospital malnutrition in Europe; a narrative review. Clin Nutr ESPEN 2015; 10(3): e89-e94.