Gesundheit und KlimaDer Klimawandel und seine Bedrohung für Heilpflanzen

Heilpflanzen finden seit Jahrhunderten Anwendung in der Medizin. Wie sich der Klimawandel auf deren Verbreitung, Qualität und Wachstum auswirkt, lesen Sie hier.

Blüten verschiedener Heilpflanzen und Medizin auf einem Tisch.
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Die Lebensräume der Pflanzenwelt sind durch Temperaturanstieg, Extremwetter und Dürren bedroht.

Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Er beeinflusst nicht nur das Wetter und die Umwelt, sondern hat auch erhebliche Auswirkungen auf die Pflanzenwelt, einschließlich vieler Heilpflanzen, die seit Jahrhunderten in der Naturheilkunde und Pharmazie Verwendung finden.

Mehr als 50.000 verschiedene Pflanzenarten finden in der modernen und traditionellen Medizin Anwendung. Dabei sind 15.000 Heilpflanzenarten bereits gefährdet [1].

Wie der Klimawandel Wachstum, Verbreitung und Qualität beeinflusst

Der Klimawandel ist heute in aller Munde, da er weitreichende Auswirkungen auf unser tägliches Leben und die Umwelt hat. Weniger offensichtlich ist jedoch, wie dieser Wandel die Welt der Heilpflanzen beeinflusst.

Veränderungen in Temperatur und Niederschlag

Die steigenden Temperaturen und veränderten Niederschlagsmuster aufgrund des Klimawandels haben erhebliche Auswirkungen auf Heilpflanzen. Viele dieser Pflanzen sind auf spezifische klimatische Bedingungen angewiesen, um zu wachsen und ihre medizinischen Eigenschaften zu entwickeln.

Mit zunehmendem Temperaturanstieg verschieben sich diese Bedingungen jedoch, was zu Veränderungen in der Verbreitung von Heilpflanzen führt. Vergangene Studien konnten zeigen, dass einige Heilpflanzen in höhere Bergregionen fliehen, um den steigenden Temperaturen zu entkommen. Das könnte ihre Verfügbarkeit für die Medizin beeinträchtigen, da der Zugang zu diesen Regionen schwieriger ist [2] [3].

Extremwetterereignisse: Schäden durch Stürme, Dürren und Überschwemmungen

Der Klimawandel bringt auch vermehrte Extremwetterereignisse mit sich, wie Stürme, Dürren und Überschwemmungen. Diese Ereignisse können erhebliche Schäden an Heilpflanzen und ihren Lebensräumen verursachen. Dürren können das Wachstum von Pflanzen hemmen, während Überschwemmungen ganze Bestände auslöschen können. Das ist vor allem für Länder problematisch, für die Arzneipflanzen als Hauptmedikamente dienen. In den meisten Entwicklungsländern sind sie für 70–95 Prozent der Bevölkerung Hauptmedikamente [4].

Verschiebung von Klimazonen: Gefahr für heimische Heilpflanzenarten

Der Klimawandel führt zur Verschiebung von Klimazonen, was insbesondere heimische Heilpflanzenarten gefährdet. Pflanzen, die an spezifische geografische Regionen angepasst sind, könnten ihre natürlichen Lebensräume verlieren. Dies könnte zu einem Rückgang der Artenvielfalt führen und die Verfügbarkeit von bewährten Heilpflanzen für lokale Gemeinschaften beeinträchtigen.

Wenn bestimmte Pflanzenarten aussterben oder gefährdet sind, geht nicht nur wertvolles Wissen über ihre medizinischen Anwendungen verloren, sondern auch die genetische Vielfalt, die für die Züchtung und Entwicklung neuer Heilmittel von entscheidender Bedeutung ist [5].

Folgende Heilpflanzen sind bereits bedroht (Auszug)

Asiatische Eiben: Langsam wachsende immergrüne Bäume in Asien, deren Rinde und Blätter in der traditionellen chinesischen und ayurvedischen Medizin Verwendung finden. Sie werden auch zur Herstellung von Paclitaxel, einem Krebsmedikament, genutzt.

Seit 1992 wird Paclitaxel in großem Maße aus asiatischen Eiben gewonnen, um die hohe Nachfrage zu befriedigen. Für die Herstellung von 1 kg Paclitaxel ist die Rinde von 1.000 bis 3.000 Eiben erforderlich. Da Eiben langsam wachsen, haben sich die Bestände kaum von der übermäßigen Nutzung erholen können. Plantagen können den Bedarf bei weitem noch nicht decken. Dies hat zu Bedenken hinsichtlich der Nachhaltigkeit und des Schutzes der Eibenpopulationen geführt.

Afrikanische Teufelskralle: Eine krautige Pflanze mit Speicherwurzeln in Trockengebieten im südlichen Afrika. Sie wird traditionell und schulmedizinisch als Schmerzmittel und bei entzündlichen Erkrankungen eingesetzt.

Der hohe internationale Bedarf an Teufelskralle hat zu zerstörerischen Sammelpraktiken geführt, die eine ernsthafte Gefahr für viele natürliche Teufelskralle-Bestände darstellen. Bisher ist die wirtschaftliche Kultivierung dieser Pflanzen nicht möglich, weshalb der Druck auf die wilden Teufelskralle-Bestände weiterhin hoch bleibt.

Arnika: Eine Korbblütlerpflanze in europäischen Bergregionen, die in der Volksmedizin bei Entzündungen, Zerrungen, Prellungen und rheumatischen Beschwerden verwendet wird.

Arnika ist eine der am häufigsten verwendeten Heilpflanzen in Europa und wird in großen Mengen gehandelt. Aufgrund dieser hohen Nachfrage und der Intensivierung der Landwirtschaft sind die Arnika-Bestände inzwischen fast überall gefährdet. Da der Anbau von Arnika nach wie vor schwierig und unwirtschaftlich ist, stammen Arnika-Präparate fast ausschließlich von wild wachsenden Pflanzen. [1]

Weitere geschützte Heilpflanzen können Sie hier einsehen.

Maßnahmen zum Schutz von Heilpflanzen

Hier sind einige konkrete Schritte, die unternommen werden können, um Heilpflanzen vor den Auswirkungen des Klimawandels zu schützen:

Schutz der natürlichen Lebensräume

Der Erhalt der natürlichen Lebensräume von Heilpflanzen ist von entscheidender Bedeutung. Dies kann durch die Einrichtung von Schutzgebieten und den Schutz von ökologisch sensiblen Gebieten erreicht werden. Die Erhaltung der Biodiversität ist ein wichtiger Schutzmechanismus [6].

Förderung der Forschung und Züchtung

Die Forschung zur Anpassung von Heilpflanzen an den Klimawandel ist von entscheidender Bedeutung. Dies kann die Identifizierung von Pflanzenarten umfassen, die widerstandsfähiger gegenüber klimatischen Veränderungen sind, sowie die gezielte Züchtung von Heilpflanzen mit erhöhter Widerstandsfähigkeit [3].

Bewusstseinsbildung und nachhaltige Erntepraktiken

Eine erhöhte Sensibilisierung für die Bedeutung von Heilpflanzen und die Auswirkungen des Klimawandels auf sie kann dazu beitragen, den Schutz dieser Pflanzen zu fördern. Gleichzeitig sollten nachhaltige Erntepraktiken entwickelt und gefördert werden, um die Auswirkungen der Ernte auf Heilpflanzenbestände zu minimieren [7].

Bewusst konsumieren

Die pharmazeutische Industrie verwendet jährlich große Mengen natürlicher Wirkstoffe, doch etwa 15.000 heilende Pflanzenarten sind durch Übernutzung und Lebensraumverlust gefährdet. Der WWF empfiehlt Verbrauchern, auf das FairWild-Logo zu achten und nach Produkten mit diesem Zertifikat zu fragen. [8].

Durch das FairWild-Siegel für nachhaltiges und sozial verträgliches Wildsammeln können wir langfristig die wichtigen Rohstoffe der Heilpflanzen sichern und gleichzeitig die Lebensgrundlage der lokalen Bevölkerung bewahren.

Die Bedrohung von Heilpflanzen durch den Klimawandel erfordert eine koordinierte Anstrengung auf globaler, regionaler und lokaler Ebene. Durch den Schutz ihrer Lebensräume, die Förderung der Biodiversität, die Förderung der Forschung und die Umsetzung nachhaltiger Erntepraktiken können wir dazu beitragen, diese wichtigen Ressourcen für zukünftige Generationen zu erhalten.

Sarah Bersa

Literatur 

[1] WWF Österreich. „Heilpflanzen und Artenschutz Das Verschwinden von Arten kann Ihre Gesundheit gefährden…“. (k. D). Info-Folder-Heilpflanzen-und-Artenschutz.pdf (wwf.at); Stand: 20.09.2023

[2] Carroll, JM, Furman, BT, Jackson, LJ, Hunter, EA, Peterson, BJ. Propagule risk in a marine foundation species: Seascape effects on Zostera marina seed predation. J Ecol. 2019; 107: 1982–1994. https://doi.org/10.1111/1365-2745.13154

[3] Niero, R, Cechinel Filho, V, Yunes, RA. Medicinal Plants and Phytomedicines. In: Cechinel Filho, V. (eds) Natural Products as Source of Molecules with Therapeutic Potential. 2018. Springer, Cham. https://doi.org/10.1007/978-3-030-00545-0_1

[4] Applequist WL, Brinckmann JA, Cunningham AB, Hart RE, Heinrich M, Katerere DR, van Andel T. Scientists' Warning on Climate Change and Medicinal Plants. Planta Med. 2020 Jan; 86(1): 10-18. doi: https://doi.org/10.1055/a-1041-3406

[5] IPBES (2019): Global assessment report on biodiversity and ecosystem services of the Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services. IPBES secretariat, Bonn, Germany. 1148 pages. https://doi.org/10.5281/zenodo.3831673

[6] BUND. „Bedrohte Arten: Vielfalt bewahren“ (k. D.); Bedrohte Arten: Vielfalt bewahren – BUND e.V.; Stand: 20.09.2023

[7] Luitel DR, Rokaya MB, Timsina B, Münzbergová Z. Medicinal plants used by the Tamang community in the Makawanpur district of central Nepal. J Ethnobiol Ethnomed. 2014 Jan 10;10:5. https://doi.org/10.1186/1746-4269-10-5

[8] WWF Deutschland. „FairWild: Heilpflanzen vor dem Aussterben schützen“. (07.08.2014). FairWild: Heilpflanzen vor dem Aussterben schützen (wwf.de); Stand: (20.09.2023)