Diabetes und AdipositasAbnehmspritze: Kein Lifestyle-Produkt

Seit ihrer Zulassung ist die Nachfrage nach der sog. Abnehmspritze enorm hoch. Die Diabetologin Prof. Julia Szendrödi erklärt, für wen sie zugelassen ist und welche Risiken bestehen. 

Füße auf einer Personenwaage, davor liegt ein Maßband
New Africa/stock.adobe.com. Stockphoto - Posed by a Model.

Gewichtsreduktion erfordert eine langfristige Umstellung des Lebensstils. Die sog. Abnehmspritze kann dabei unterstützen, als alleinige Maßnahme ist sie jedoch nicht geeignet.

Die Bezeichnung "Abnehmspritze" lässt ein neues Medikament vermuten. Es handelt sich allerdings um eine neue Darreichungsform der schon länger bei Typ-2-Diabetes eingesetzten GLP1-Rezeptoragonisten. Die Diabetes-Expertin Prof. Julia Szendrödi erklärte auf der Jahrespressekonferenz der Deutschen Diabetes Gesellschaft, was beim Einsatz zu beachten ist. 

Mehr als eine Spritze zum Abnehmen

GLP1-Rezeptoragonisten sind schon lange bei Typ-2-Diabetes im Einsatz. Bei diesen blutzuckersenkenden Arzneistoffen ist der Gewichtsverlust ein erwünschter Nebeneffekt. Primär dienen sie aber der Optimierung der metabolischen Kontrolle. Der positive Effekt des Gewichtsverlusts kann in Anfangsstadien des Typ-2-Diabetes in manchen Fällen zur Remission führen. 

Die Verabreichung der GLP1-Rezeptoragonisten

  • dient der Unterstützung bei der Gewichtsabnahme,
  • Verbesserung der Blutglukosekotrolle und
  • soll die Entwicklung von Adipositas und Diabetes-assoziierten Komplikationen reduzieren.

Für wen kommt die Abnehmspritze infrage?

Diese Medikamente sollten in erster Linie für Menschen in Betracht gezogen werden, bei denen

  • andere Maßnahmen zur Gewichtsreduktion, wie Ernährungsumstellung und Bewegung, nicht ausreichend wirksam waren,
  • ein signifikantes Gesundheitsrisiko aufgrund der Fettleibigkeit besteht,
  • deren Blutglukose mit anderen Diabetesmedikamenten nicht gut eingestellt werden können und/oder
  • die ein hohes Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen haben.

Das könnten Menschen mit BMI über 30 kg/m2 sein oder mit BMI über 27 kg/m2 und Risikofaktoren wie Diabetes, Vorerkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall, oder hohe Dosen von Insulin benötigen, um ihre Blutglukose kontrollieren zu können.

Die Verwendung dieser Medikamente sollte immer mit umfassender ärztlicher Betreuung einhergehen. Sie sollte nicht als alleinige Lösung zur Gewichtsabnahme betrachtet werden, sondern als Teil eines Ansatzes der Ernährungsumstellung, Bewegung und Lebensstilveränderung.

Die Entscheidung zur Verabreichung dieser Medikamente zur Kontrolle von Komplikationen der Adipositas und des Diabetes sollten individuell erfolgen. Dabei sollten bestimmte Aspekte berücksichtigt werden wie Gesundheitszustand, kardiovaskuläre Risikofaktoren und ggf. schon stattgefundene Komplikationen wie Herzinfarkt oder Gefäßverschlüsse an den Beinen.

Nutzen-Risiko-Abwägung

Die Nutzen-Risiko-Abwägung einer Gewichtsabnahme muss individuell erfolgen. Auch wenn viele adipöse Menschen von einer Gewichtsreduktion profitieren, gibt es Risiken und Herausforderungen, die berücksichtigt werden müssen.

Gesundheitliche Vorteile seien sicherlich: Adipositas ist mit einer Vielzahl von Gesundheitsproblemen assoziiert wie Diabetes mellitus Typ 2, Herzerkrankungen, Bluthochdruck, Schlafapnoe, Gelenk- und Tumorerkrankungen. Die Gewichtsabnahme kann dazu beitragen, das Risiko für diese Erkrankungen zu reduzieren und die Gesundheit zu verbessern.

Es gibt verschiedenen Methoden zur Gewichtsabnahme wie Ernährungsumstellung, Bewegung, Verhaltenstherapie und medizinische Interventionen wie Medikamente oder chirurgische Eingriffe.

Die Wahl der Methode sollte individuell erfolgen unter Berücksichtigung der Gesundheitsziele. Eine nachhaltige Gewichtsabnahme erfordert die langfristige Umstellung des Lebensstils und kontinuierliche Unterstützung, sonst droht die rasche Wiederaufnahme des verlorenen Gewichtes mit Verschlechterung der körperlichen und psychischen Gesundheit.

Die Gewichtsabnahme sollte nicht nur auf die Reduktion des Körpergewichtes abzielen, sondern körperliches und psychisches Wohlbefinden steigern.

GLP1-Rezeptoragonisten können die Gewichtsabnahme unterstützen. Ohne langfristige Lebensumstellung ist jedoch das Halten des Gewichts nur durch lebenslange Fortführung der Einnahme gewährleistet.

Das bedeutet auch:

  • Die Verordnung der Abnehmspritze zielt nicht allein auf den Gewichtsverlust, sondern auf die Optimierung der metabolischen Kontrolle.
  • Als alleinige Maßnahme ist sie nicht geeignet, da das Medikament nur für den Zeitraum wirkt, in dem es eingesetzt wird. Nach Absetzen ist wieder mit Gewichtszunahme zu rechnen.
  • Es sind Nebenwirkungen dokumentiert wie: schwere Übelkeit, Erbrechen, Unvermögen Nahrung aufzunehmen, gastrointestinale Beschwerden, Schwindel, allgemeines Unwohlsein.

Quelle: Jahrespressekonferenz der Deutschen Diabetes Gesellschaft/22.2.2024/Ni