Multiple SkleroseWeizenprotein kann MS-Symptome verstärken

Eine weizenhaltige Ernährung kann die Erkrankungssymptome bei MS verschlechtern. Verantwortlich dafür sind die im Weizen enthaltenen ATI-Proteine. 

Weizen: Ähren und Keime auf einem Holzlöffel
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Weizen ist Bestandteil westlicher Ernährungsformen. Der westliche Lebensstil wiederum zeigt eine Assoziation zum häufigeren Auftreten von MS.

Ein Forschungsteam der Universitätsmedizin Mainz hat herausgefunden, dass eine weizenhaltige Ernährung die Schwere einer Multiple Sklerose-Erkrankung (MS) fördern kann. Dies bewirkten die Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATI), natürliche Proteine im Weizen. Die ebenfalls im Weizen enthaltenen Glutenproteine beeinflussten die entzündlichen Reaktionen hingegen nicht.

Weizenproteine können Entzündungen fördern

Dass Weizenproteine Entzündungen hervorrufen können, ist bekannt. Beispiel dafür ist die Zöliakie, bei der das Gluten eine Entzündung im Dünndarm hervorruft, erklärt Prof. Detlef Schuppan von der Uni Mainz. Neu sei, dass andere Weizenproteine generell Entzündungen fördern.

Studien

Die Forscher*innen konnten nun im Tiermodell  und einer kleinen Pilotstudie nachweisen, dass ATI-Proteine im Weizen, die Schwere der MS-Symptome beeinflussen können.

Die initiale Untersuchung im Tiermodell ergab:

  • Bei einer Ernährung, die 25 Prozent Weizen enthält, verschlechterten sich die MS-Symptome stark im Vergleich zur gleichen, aber weizenfreie Ernährung.

Diese Ergebnisse ließen sich auch mit einer minimalen Menge der ATI-Proteine (0,15 % des Futtergewichts), nicht aber mit einer großen Menge an Glutenproteinen (5 % des Futtergewichts) reproduzieren.

Die Ergebnisse aus dem Tiermodell konnten das Forschungsteam dann auch in einer klinischen Pilotstudie bestätigen.

An dieser Studie nahmen 16 Patient*innen mit mittelgradig schwerer, gering aktiver MS teil. Eine Studiengruppe hielt sich 3 Monate lang an eine weizenreduzierte Diät. Die andere Gruppe führte ihre weizenhaltige Ernährung weiter. Nach den 3 Monaten wechselten die Gruppen für weitere 3 Monate zur jeweils anderen Diät. Es zeigte sich:

  • Die MS-Betroffenen berichteten während der weizenfreien Diät von signifikant weniger Schmerzen.
  • Ebenso konnten weniger entzündliche Immunzellen in ihrem Blut gemessen werden.

ATI-Proteine fördern bestehende Entzündungsprozesse

Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATI) sind natürliche Proteine, die in Getreiden wie Weizen, Gerste und Roggen vorkommen. Die ATI-Proteine werden kaum verdaut und verursachen leichte Entzündungsreaktionen im Darm. Dabei wirken sie nicht nur im Darm: Durch ATI aktivierte Entzündungszellen und Botenstoffe können aus dem Darm auch über den Blutkreislauf in andere Teile des Körpers transportiert werden.

Die Wissenschaftler*innen fanden heraus, dass die ATI-Proteine bestehende Entzündungsprozesse in Organen wie Leber oder Lunge fördern, auch im zentralen Nervensystem. Dadurch können die ATI-Proteine die Erkrankungssymptome bei einer MS verstärken.

Fazit

Schuppan fasst zusammen:

  • Eine weizenfreie Ernährung könne die Schwere einer MS sowie anderer entzündlicher Erkrankungen mildern.
  • Zudem belegen die Studien, wie wichtig die Ernährung und ihre Wechselwirkungen mit Darmmikrobiom und Darmimmunsystem für die Gesundheit sind.

Das Forschungsteam plant nun weitere Studien, die weizenfreie Ernährung in Verbindung mit medikamentösen Therapien verbinden.

Hintergrund: Multiple Sklerose

Multiple Sklerose ist eine Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems. Das Immunsystem attackiert in einer Überreaktion gesunde Nervenzellen, sodass diese fortlaufend absterben. Die häufigsten Frühsymptome sind vorübergehende Empfindungsstörungen, Sehstörungen und Muskellähmungen.

Von MS sind weltweit rund 2,8 Millionen Menschen betroffen, davon mehr als 250.000 in Deutschland. Die Prävalenz nimmt deutlich zu, vor allem bei jungen Erwachsenen und Frauen. Ausgelöst wird die Erkrankung durch eine Kombination verschiedener Faktoren. Neben genetischen Faktoren können auch Umweltfaktoren wie die Ernährung den Verlauf der chronisch-entzündlichen Erkrankung beeinflussen.

Quelle: Universitätsmedizin Mainz

Literatur

Zevallos VF, Yogev N, Hauptmann J et al. Dietary wheat amylase trypsin inhibitors exacerbate CNS inflammation in experimental multiple sclerosis. Gut 2023; doi.org/10.1136/gutjnl-2023-329562

Engel S, Klotz L, Wirth T et al. Attenuation of immune activation in patients with multiple sclerosis on a wheat-reduced diet: a pilot crossover trial. Ther Adv Neurol Disord 2023; doi.org/10.1177/17562864231170928