Gewürze als Medizin
Gewürze sind im Ayurveda mehr als nur Würzmittel zum Kochen. Die getrockneten Samen, Blätter und Früchte werden in der ayurvedischen Küche wie Medikamente verwendet – das ist Medizin, die schmeckt!
Jedes Gewürz wird in der traditionellen indischen Heilkunst bewusst ausgewählt, um eine gesundheitsfördernde Wirkung zu erreichen. Anders als in der westlichen Medizin, die zwischen Nahrungsmittel und Medikament unterscheidet, macht der Ayurveda keinen Unterschied zwischen Lebensmittel und Medikament. Jedes Nahrungsmittel und jedes Gewürz wird als Medizin verwendet.
Koriandersamen – Harmonie, nicht nur im Darm
Koriander (Coriandrum sativum) ist eines der ältesten Gewürze. Die seit 7 000 Jahren bekannte Gewürzpflanze ist einjährig und wächst auch in Mitteleuropa. Verwendet werden das Koriandergrün, das heißt die Stiele und Blätter, sowie die reifen braunen Samen.
Das grüne Kraut sieht der heimischen Petersilie sehr ähnlich und hat einen sehr typischen Geschmack, der etwas an Seife erinnert. An diesem Kraut scheiden sich die Geister: Die einen lieben es, die anderen wenden sich sofort ab.
In der ayurvedischen Gewürzküche verwenden wir vor allem die Koriandersamen, welche hier beschrieben werden. Im Handel gibt es europäische und indische Koriandersamen. Die europäischen Samen sind dunkler in der Farbe und größer als die indischen.
Ayurvedische Merkmale:
- Geschmack (Rasa): herb, bitter, süß, scharf
- Eigenschaft (Guna): leicht, feucht
- Potenz (Virya): leicht erhitzend
- Geschmack nach der Verdauung (Vipaka): süß
- Wirkung auf Doshas (Karma): Vata↓ Pitta↓ Kapha↓
Samen: grün bis braun
Die Samen der Korianderpflanze sind zunächst grün und werden bis zur vollkommenen Reife braun bis graubraun. Je nach Farbe wirken die Samen anders auf den Körper. Im grünen Zustand wirken sie kühlend. Je brauner sie werden, desto stärker erhitzend wirken sie. Im Handel befinden sich in der Regel nur die braunen Samen in getrocknetem Zustand, die sich optimal für die Küche eignen.
Im Handel:
- als ganze Samen, gemahlen oder als frisches Kraut
- meine Empfehlung: Ganze Samen kaufen und diese stets frisch mörsern
Koriander: der Verdauungsmanager
Koriandersamen sind Alleskönner in Sachen Verdauung. Ihr Einsatz ist vielfältig. Sie heben den Appetit, steigern Agni, das Verdauungsfeuer, entblähen und lindern Durchfall ebenso wie Völlegefühl. Aus diesem Grund empfiehlt die Kommission, eine unabhängige, wissenschaftliche Sachverständigenkommission für pflanzliche Arzneimittel, Koriander seit vielen Jahren als sicheres und effektives Arzneimittel bei Verdauungsbeschwerden.
Natürliches Recycling und Entgiftung
Neben dem verdauungsunterstützenden Effekt haben die Samen im Ayurveda zusätzlich eine Amapachana-Wirkung. Das heißt, die Samen verbrennen Stoffwechselrückstände (Ama), die im Körper nicht benötigt werden und langfristig zu Krankheiten führen können. Dieser reinigenden Wirkung wird im Ayurveda eine große Bedeutung beigemessen. Zudem sind die Samen harntreibend und können bei Harnwegsinfekten zu einer Linderung beitragen.
Gute Stimmung
Bereits in den alten ayurvedischen Schriften wurde Koriander eine stimmungsaufhellende Wirkung zugeschrieben. Nach aktuellen Studien können die Samen Angstzustände lindern. In Milch eingenommen, wirken sie als Hirntonikum und sorgen für eine bessere Konzentration.
Gewürzmedizin mit Koriander zum Selbermachen
Diese drei Gewürzmischungen mit Koriander lassen sich im Nu herstellen. Sie können für einige Tage im Voraus zubereitet werden und sind dann immer einsatzbereit. Vielleicht hast du die Zutaten in deinem Küchenschrank und möchtest gleich eine Mischung ausprobieren.
Arthrose-Mischung
Unterstützend bei Arthrose-Erkrankungen.
2 TL Koriandersamen
2 TL Kreuzkümmel
1 Msp. Muskat, gerieben
Kreuzkümmel und Koriandersamen fein mörsern. Mit dem Muskatpulver mischen. Von der Mischung ½–1 TL pro Mahlzeit zum Kochen verwenden.
Brain-Power-Mischung
Unterstützt Gehirnleistung und Konzentration
- 3 TL Fenchelsamen
- 2 TL Koriandersamen
- 1 TL Kreuzkümmel
- ½ TL Pippali, gemahlen
- ½ TL Ingwer, gemahlen
- ¼ TL Nelke, gemahlen
- ¼ TL Zimt, gemahlen
Fenchel- und Koriandersamen zusammen mit Kreuzkümmel fein mörsern. Mit den übrigen Zutaten mischen. Von der Mischung 1 TL am Tag zum Kochen verwenden.
Tambul (Gewürzkörner zum Kauen)
Unterstützt die Verdauung und sorgt für guten Atem.
2 TL Fenchelsamen
2 TL Koriandersamen
2 TL Sesam
1 Prise Kurkuma
Steinsalz
Fenchel- und Koriandersamen etwas anmörsern. Mit dem Sesam in einer Pfanne leicht anrösten. Zum Schluss Kurkuma und Salz dazugeben. ½ Teelöffel dieser Mischung vor dem Essen kauen.
Autorin
Maria Hufnagl ist Diplom-Öcotrophologin und Ayurveda-Ernährungstherapeutin mit eigener Praxis in Möglingen in der Nähe von Stuttgart. Gewürze und Kräuter sind ihre große Leidenschaft. In ihren Ernährungscoachings verbindet sie die westliche Ernährungslehre mit der traditionellen indischen Medizin. Sie erstellt individuelle Ernährungspläne mit angepassten Gewürzmischungen und zeigt in ihren ayurvedischen Koch-Workshops, wie Essen zur Medizin wird. Als Dozentin gibt sie ihr Wissen in Vorträgen, Online-Kursen und Ausbildungen weiter und bloggt Rezepte und Gesundheitstipps rund um die ayurvedische Ernährung unter www.ayurveda-ernaehrung.com und www.hufnagl.de.
