Prostatakrebs-ScreeningTastuntersuchung für jüngere Männer ungeeignet

Zu geringe Empfindlichkeit und zu hohe Falsch-Positiv-Rate: Die rektale Tastuntersuchung ist nicht zur Früherkennung von Prostatakrebs bei Männern im Alter von 45 Jahren geeignet.

Tablet mit dem Text Prostata-Check auf dem Display
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  • Die rektale Tastuntersuchung ist nicht zur Früherkennung von Prostatakrebs bei Männern im Alter von 45 Jahren geeignet.
  • Der Grund dafür ist eine zu geringe Empfindlichkeit und eine zu hohe Falsch-Positiv-Rate.
  • Die Tastuntersuchung verbessert auch die Detektionsrate des PSA-Screenings nicht.

Das fanden Wissenschaftler*innen des Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) basierend auf Daten der PROBASE-Studie heraus.

PROBASE-Studie untersucht Wirksamkeit des PSA-Screenings

Zur Früherkennung von Prostatakrebs wird Männern empfohlen, ab einem Alter von 45 Jahren jährlich eine rektale Tastuntersuchung vornehmen zu lassen. Die Untersuchung ist seit 1971 Teil des Früherkennungsprogramms der gesetzlichen Krankenkassen.

Die diagnostische Aussagekraft der rektalen Tastuntersuchung gilt seit Langem als gering. Insbesondere für jüngere Männer lagen jedoch bislang keine Daten dazu vor. Nun hat die PROBASE-Studie diese Ergebnisse geliefert.

Die bevölkerungsbezogene, randomisierte Prostatakrebs-Screening-Studie untersucht die Wirksamkeit eines risikoangepassten PSA-Screenings, das entweder im Alter von 45 Jahren oder 50 Jahren beginnt. Die PROBASE-Studie wird in an den Universitätskliniken in Düsseldorf, Hannover, München (TU) und Heidelberg durchgeführt, durch das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) koordiniert und von der Deutschen Krebshilfe gefördert.

6.537 Teilnehmer im Kontrollarm von PROBASE, deren PSA-Werte zunächst nicht bestimmt wurden, hatten sich bei Studieneintritt im Alter von 45 Jahren einer rektalen Tastuntersuchung unterzogen. Dabei wurden 57 verdächtige Befunde ermittelt. Bei der Mehrzahl der betroffenen Männer konnten die verdächtigen Tastbefunde anschließend durch die Untersuchung einer Prostata-Gewebeprobe überprüft werden.

Dadurch hatte das Team um den Urologen Peter Albers die Möglichkeit, die Rate an falsch-positiven Ergebnissen der Tastuntersuchung zu errechnen.

Ergebnisse

Nur bei drei Teilnehmern (Detektionsrate 0,05%) fand sich tatsächlich ein Karzinom. Die übrigen Befunde erwiesen sich als falsch-positiv, was belastende und unnötige Biopsien nach sich zieht. Zum Vergleich: Bei einem PSA-Test liegt die Detektionsrate viermal höher.

Das Ergebnis konnte auch dadurch abgesichert werden, dass fast alle Teilnehmer dieses Studienarms inzwischen den ersten PSA-Wert erhielten, was 5 Jahre nach Studieneintritt vorgesehen war. Zudem gaben sie bis zum ersten PSA-Test jedes Jahr Auskunft zum eventuellen Auftreten von Prostatakarzinomen.

Die Aussagekraft der Tastuntersuchung konnte dann zusätzlich bei denjenigen Studienteilnehmern untersucht werden, deren Prostatakarzinome beim PSA-Test aufgefallen waren. 86 Prozent dieser Männer hatten einen unauffälligen Tastbefund, obwohl ihre Tumoren zum großen Teil in potenziell zugänglichen Regionen der Prostata lagen.

Fazit

„Die rektale Tastuntersuchung als Screening-Test zur Früherkennung von Prostatakrebs kann gleich in zweierlei Richtungen Schaden anrichten“, sagt Studienerstautorin Agne Krilaviciute vom DKFZ. „Aufgrund der geringen Sensitivität könnten sich Teilnehmer bei einem negativen Testergebnis in falscher Sicherheit wiegen. Und durch die hohe Falsch-Positiv-Rate werden viele Männer unnötig in Angst versetzt. Außerdem entstehen vermeidbare Kosten für die diagnostische Abklärung des Krebsverdachts.“

„Angesichts der geringen Akzeptanz der rektalen Tastuntersuchung würde ein Prostatakrebs-Screening auf der Basis eines PSA-Tests möglicherweise sogar die Teilnahmebereitschaft der Männer steigern“, so Peter Albers. „Der PSA-Test hat sich in großen randomisierten Studien als eindeutig überlegen erwiesen. Wir sollten mit großem Nachdruck eine risikoadaptierte, bevölkerungsweite Einführung vorbereiten, die bei abklärungsbedürftigen Befunden die Möglichkeit einer MRT-Untersuchung beinhaltet.“

Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum

Literatur

Krilaviciute A, Becker N, Lakes J et al. Digital rectal examination is not a useful screening test for prostate cancer. Europ J Urol Oncol 2023; https://doi.org/10.1016/j.euo.2023.09.008