EierstockkrebsLicht am Ende des Tunnels?

In einer Studie mit Mäusen konnte Eierstockkrebs erfolgreich mit einem mRNA-Wirkstoff bekämpft werden. Die Studie der Uni Frankfurt macht Hoffnung auf bessere Therapiemöglichkeiten dieser aggressiven Krebsart.

Illustration: farbige DNA-Stränge
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Künstliche mRNA ließ im Zellversuch und bei Mäusen Eierstocktumoren und Metastasen fast vollständig verschwinden.

Eierstockkrebs ist oft sehr aggressiv und spricht schlecht auf die verfügbaren Therapien an. Eine aktuelle Studie der Uni Frankfurt macht Hoffnung, dass sich das mittelfristig ändern könnte.

Der mRNA-Wirkstoff bekämpfte erfolgreich sowohl Krebszellen und Tumoren in vitro wie auch Metastasen in Mäusen.

Die Forscher*innen verwendeten in der Studie eine sog. mRNA als Wirkstoff. Mit deren Hilfe stellten die Tumorzellen ein Protein wieder her, das unkontrollierte Vermehrung der Tumorzellen verhindert oder sie abtötet.

Genmutation hebelt Schutzmechanismus aus

96 Prozent aller Patientinnen mit Eierstockkrebs weisen einen charakteristischen Befund auf: Bei ihnen ist das Tumorsuppressor-Gen p53 mutiert und nicht funktionsfähig. Das Gen enthält die Bauanleitung für ein wichtiges Protein, das Schäden in der DNA von Zellen erkennt. Es verhindert dann, dass sich diese entarteten Zellen vermehren und aktiviert Reparatur-Mechanismen, die die DNA-Schäden beheben. Falls das nicht gelingt, wird die Zelle abgetötet. „p53 unterbindet so sehr effektiv die Entstehung von Tumoren“, erklärt Strebhardt. „Durch die Mutation wird dieser Schutzmechanismus ausgehebelt.“

Wenn eine Zelle ein bestimmtes Protein herstellen möchte, lässt sie zunächst eine Abschrift des Gens anfertigen, das die Bauanleitung für dieses Protein enthält. Solche Abschriften nennt man mRNAs.

mRNA-Behandlung lässt Organoid-Tumoren schrumpfen 

Bei Frauen mit Eierstockkrebs sind die p53-mRNAs ebenso fehlerhaft wie das Gen, von dem sie kopiert wurden. „Wir haben im Labor eine mRNA hergestellt, die den Bauplan für ein fehlerfreies p53-Protein enthielt“, sagt Dr. Monika Raab, die viele der zentralen Experimente in der Studie durchgeführt hat. „Diese haben wir in kleine Fettbläschen verpackt, sogenannte Liposomen, und dann zunächst in Kulturen verschiedener menschlicher Krebszelllinien getestet. Die Zellen nutzten daraufhin die künstliche mRNA, um funktionsfähiges p53-Protein herzustellen.“

Im nächsten Schritt züchteten die Wissenschaftler*innen aus Zellen von Patientinnen Eierstock-Tumoren, sog. Organoide. Die Zellen wurden vom Team um Prof. Sven Becker von der Frauenklinik des Uniklinikums für das Projekt zur Verfügung gestellt.

Nach Behandlung mit der künstlichen mRNA schrumpften die Organoid-Tumoren und begannen abzusterben.

Um zu überprüfen, ob die künstliche mRNA auch in Organismen wirksam ist und Metastasen im Bauchraum bekämpfen kann, implantierten die Forschenden menschliche Eierstock-Tumorzellen in die Eierstöcke von Mäusen. Sie spritzten den Tieren einige Zeit später die mRNA-Liposomen.

Das Ergebnis: „Auch in den behandelten Tieren produzierten die Zellen danach mithilfe der künstlichen mRNA große Mengen des funktionsfähigen p53-Proteins, und in der Folge verschwanden sowohl die Tumoren in den Eierstöcken als auch die Metastasen nahezu vollständig.“

Ausblick

Die Forschenden suchen nun nach Projektpartnern für den nächsten Schritt des translationalen Projekts: die Erprobung an Patientinnen mit Eierstockkrebs. Entscheidend sei nun, ob sich das Konzept in der klinischen Realität umsetzen lasse und erkrankten Frauen helfe, so Strebhardt. Die aktuellen Ergebnisse machen ihn sehr optimistisch, dass sich das Blatt bei der Behandlung von Eierstocktumoren schließlich doch wenden könnte.

„p53 ist kein normaler Wirkstoff, der sich gegen eine bestimmte Schwachstelle von Krebszellen richtet. Stattdessen reparieren wir einen natürlichen Mechanismus, mit dem der Körper die Krebsentstehung normalerweise sehr effektiv unterdrückt. Das ist eine ganz andere Qualität von Krebstherapie.“

Hintergrund: Eierstockkrebs

Jedes Jahr sterben mehrere tausend Frauen in Deutschland an Eierstockkrebs. Sehr oft wird die Erkrankung erst erkannt, wenn sie schon weit fortgeschritten ist und sich Metastasen gebildet haben. Nur 20 bis 30 Prozent aller Betroffenen in solchen späten Stadien überleben die folgenden 5 Jahre.

Quelle: Goethe-Universität Frankfurt am Main

Literatur

Raab M et al. Rescue of p53 functions by in vitro-transcribed mRNA impedes the growth of high-grade serous ovarian cancer. Cancer Commun (Lond) 2023; https://doi.org/10.1002/cac2.12511