DemenzGedächtnistest per Smartphone für Alzheimer-Früherkennung

Mit speziellen Testaufgaben auf dem Smartphone lassen sich leichte kognitive Beeinträchtigungen mit hoher Genauigkeit erkennen. Das berichten Magdeburger Forschende in einer Studie.

Frau nutzt Smartphone
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Testungen per App ohne Aufsicht könnten helfen, klinisch relevante Gedächtnisstörungen im Frühstadium zu erkennen.

Störungen des Erinnerungsvermögens sind ein wesentliches Symptom bei Alzheimer. Gedächtnistests in der klinischen Praxis werden unter professioneller Aufsicht durchgeführt. Bislang sind Tests, wenn sie allein zu Hause durchgeführt werden, nicht aussagekräftig. Eine neue mobilen App hat in einer Studie bei der Früherkennung von Alzheimer Potenzial gezeigt.

Studie

An der Studie nahmen 199 Teilnehmer*innen über 60 Jahre aus Deutschland und den USA teil. Sie waren entweder in Deutschland oder den USA verortet und jeweils in eine von zwei Langzeituntersuchungen eingebunden, die sich beide mit Alzheimer befassen: der DELCODE-Studie des DZNE bzw. der WRAP-Studie der University of Wisconsin-Madison.

Die Studiengruppe spiegelte unterschiedliche kognitive Zustände wider, die in der Praxis vorkommen: Sie umfasste Personen,

  • die kognitiv gesund waren,
  • Menschen mit leichten kognitiven Beeinträchtigungen (MCI) sowie
  • andere mit subjektiv empfundenen, jedoch nicht messbaren Gedächtnisbeschwerden.

Grundlage für die Diagnose waren Untersuchungen nach einem etablierten Verfahren, das u.a. Gedächtnis- und Sprachaufgaben beinhaltet. Außerdem führten alle Probanden über einen Zeitraum von mindestens 6 Wochen mehrfache Gedächtnistests mit der neotiv-App durch. Dazu nutzten sie eigene Smartphones oder Tablets.

Die Probanden testeten sich selbstständig und dort, wo es ihnen gelegen kam. 

„Die Testung mit der neotiv-App ist interaktiv und umfasst drei Arten von Gedächtnis-Aufgaben. Damit werden jeweils unterschiedliche Bereiche des Gehirns angesprochen, die in verschiedenen Phasen einer Alzheimer-Erkrankung betroffen sein können“, erläutert Prof. Emrah Düzel von der Uni Magdeburg.

Im Wesentlichen geht es bei diesen Tests darum, sich Bilder zu merken oder Unterschiede zwischen Bildern zu erkennen, die von der App eingeblendet werden. Anhand eines eigens entwickelten Parameters konnte das deutsch-amerikanische Forschungsteam die Ergebnisse der App mit den Befunden der etablierten, klinischen Methode vergleichen.

Ergebnisse

Die Forschenden berichten, dass sich mit der App Gedächtnisbeschwerden aussagekräftig beurteilen lassen:

  • „Deuten die Ergebnisse des digitalen Tests darauf hin, dass eine für MCI typische Gedächtnisstörung vorliegt, ebnet dies den Weg für weitere klinische Untersuchungen.
  • Weisen die Testergebnisse darauf hin, dass die Gedächtnisleistung im altersspezifischen Normalbereich liegt, kann man vorerst Entwarnung geben.
  • Und für die Alzheimer-Forschung bietet sich hier ein digitales Instrument zur Beurteilung der kognitiven Fähigkeiten, das in klinischen Studien eingesetzt werden kann", so Düzel.

Fazit: Potenzial mobiler Diagnostik

Die Ergebnisse unterstreichen das Potenzial mobiler Apps für die Alzheimer-Forschung, klinische Studien und die medizinische Routineversorgung. Insbesondere die eigenständige Testdurchführung ermögliche, Gedächtnisprobleme im Frühstadium zu erkennen und Krankheitsverläufe genauer zu erfassen.

Die Studie verglich die Effektivität des Gedächtnistests per Smartphone mit einer etablierten neuropsychologischen Untersuchung in der Klinik. Beim Vergleich habe sich gezeigt, dass das Testverfahren via App mit klinischen Untersuchungen vergleichbar sei und MCI mit hoher Genauigkeit erkenne, so Dr. David Barron.

Die App

Die App wurde vom Magdeburger Start-up neotiv entwickelt, mit dem das DZNE seit mehreren Jahren kooperiert. Mit der App sind eigenständige Gedächtnistests ohne professionelle Betreuung möglich. Die Software läuft auf Smartphones und Tablets und ist wissenschaftlich validiert. Sie wird in der Alzheimer-Forschung verwendet und inzwischen auch als diagnostisches Hilfsmittel für Arztpraxen zur frühzeitigen Erkennung leichter kognitiver Beeinträchtigungen (MCI) angeboten.

Quelle: Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen