PräventionKrebsbluttests: Fachgesellschaften warnen vor falschen Erwartungen

Neue Bluttests zur Krebsfrüherkennung sind vielversprechend. Zum Nutzen fehlen aber bis dato belastbare Daten, ordnen Expert*innen ein.

Weiße Tastatur mit blauer Taste "Krebs-Früherkennung"
momius/stock.adobe.com

Ziel der Krebsfrüherkennung ist die Senkung von Krankheitsbelastung und Sterblichkeit.

Neue Bluttests zur Früherkennung von Krebs werden derzeit intensiv beworben. Zudem werden sie auch als zusätzliche Versicherungsleistung angeboten. Die Tests sind vielversprechend, allerdings fehlen bisher belastbare Daten über ihren tatsächlichen Nutzen.

Expert*innen aus wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften und der Krebs-Selbsthilfe warnen vor falschen Erwartungen. Sie plädieren dafür, die von den Krankenkassen finanzierten Früherkennungsmaßnahmen konsequenter zu nutzen.

Hoffnungsträger Bluttest zur Krebsfrüherkennung

Ein Hoffnungsträger für die genauere und einfachere Krebsfrüherkennung sind Bluttests. Als Tumormarker werden sie schon seit mehreren Jahrzehnten eingesetzt. Ihre Genauigkeit (Sensitivität und Spezifität) bisher begrenzt, sodass sie zwar zur Verlaufsbeobachtung bei bereits an Krebs erkrankten Patient*innen, aber nur sehr eingeschränkt zur Krebsfrüherkennung geeignet sind. 

Das könnte sich in Zukunft ändern. In großen, prospektiven Studien werden neue Marker und Methoden getestet. Zum jetzigen Zeitpunkt warnen Krebsspezialisten allerdings vor falschen Erwartungen, die durch die derzeit intensiv beworbenen Krebsbluttests geweckt werden könnten. Die Arbeitsgemeinschaft Prävention und Integrative Onkologie (PRIO) der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) hat die Daten dieser EDIM-Tests, die auch bereits von einigen Versicherungen angeboten werden, analysiert.

Die Jenaer Onkologin Prof. Jutta Hübner fasst zusammen: „Der EDIM-TKTL1- oder der EDIM-Apo10-Test sind keine Verfahren, die zur Früherkennung, Diagnose, Prognoseeinschätzung oder als Hinweis auf ein mögliches Therapieansprechen empfohlen werden können.“ [1]. 

Hedy Kerek-Bodden vom Haus der Krebsselbsthilfe ergänzt: „Die von den Krankenkassen finanzierte, qualitätsgesicherte Mammographie zur Früherkennung von Brustkrebs wird von weniger als 50 Prozent der eingeladenen Frauen genutzt. Hier müssen wir ansetzen und auf der Basis seriöser Studien und in enger Zusammenarbeit von Selbsthilfe sowie Expert*innen Überzeugungsarbeit leisten.“ [2].

Seriöse Studien wichtig

Wie wichtig seriöse Studien sind, unterstreicht Prof. Hermann Einsele von der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie. Die Krebsfrüherkennung ist demnach ein wissenschaftlich sehr dynamisches Forschungsfeld. In den letzten Jahren habe sich gezeigt, dass bei vielen älteren Menschen im Blut Hinweise auf Erkrankungen wie Chronische Lymphatische Leukämie oder Multiples Myelom gefunden werden, sich diese Krankheiten aber nie entwickeln. "Solche Testergebnisse können zu großen Ängsten und massiver Verunsicherung führen." Die Bewertung dieser Testergebnisse müsse ganzheitlich und individuell sein. 

Zum jetzigen Zeitpunkt warnen die Expert*innen nachdrücklich vor Angeboten, die vor allem auf einem Geschäft mit der Angst beruhen.

Hintergrund Krebsfrüherkennung

Früherkennung ist eine der wichtigsten Maßnahmen zur Beherrschung von Krebs. Ziel ist die Senkung von Krankheitsbelastung und Sterblichkeit durch die Entdeckung bösartiger Erkrankungen in einem frühen Stadium.

Risiken von Früherkennungsmaßnahmen liegen in den Belastungen

  • durch die Untersuchung selbst,
  • in der Überdiagnostik durch die Abklärung unklarer Befunde und
  • in der Übertherapie durch die Behandlung von Erkrankungen, die im Laufe des Lebens der Betroffenen keine Beschwerden verursacht und nicht zum Tod geführt hätten.

Derzeit gibt es in Deutschland nur wenige, von den Krankenkassen finanzierte Programme zur Krebsfrüherkennung. Sie betreffen Brust-, Darm-, Gebärmutterhals-, Haut- und Prostatakrebs. Darüber hinaus werden aktuell im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) ein neues Programm zur Früherkennung von Lungenkrebs mittels Niedrigdosis-Computertomographie und eine Ausweitung der Brustkrebs-Früherkennung vorbereitet.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie