Diabetes Typ 2Fertigsnacks ruinieren den Stoffwechsel

Nicht nur die hohe Energiedichte stellt ein Problem dar. Hochverarbeitete Lebensmittel verändern Mahlzeitenstrukturen und Nahrungspräferenzen.

5 Donuts hängen vor pinkfarbener Wand
K. Oborny/Thieme

Süß, fettig, fertig: Der regelmäßige Verzehr hochverarbeiteter Nahrungsmittel führt mittelfristig zu Stoffwechselstörungen.

Eine zu reichhaltige und wenig ausgewogene Ernährung gilt als einer der Hauptrisikofaktoren für die Entstehung des Typ-2-Diabetes. Bekannt ist auch, dass hochverarbeitete Lebensmittel wie Fertigprodukte problematisch für eine gesunde Ernährung sind und nur sehr zurückhaltend verzehrt werden sollten. Trotzdem erfreuen sie sich großer Beliebtheit.

Die Ökotrophologin und Ernährungsmedizinerin Prof. Anja Bosy-Westphal erklärt, warum nicht nur die hohe Energiedichte ein Problem darstellt.

Mahlzeitenrhythmus wird aufgehoben

Pizzas, Tütensuppen, Knabberkram, Softdrinks, Süßigkeiten – Supermärkte in westlichen Industrienationen sind angefüllt mit Fast Food und Convenience-Produkten. Sie sind lange haltbar, mit geringem Aufwand zubereitet oder sogar direkt aus der Packung zu genießen, schmecken gleichbleibend gut und werden zudem noch intensiv beworben. „Rund die Hälfte der Kalorien, die in Deutschland konsumiert werden, stammen mittlerweile aus hochverarbeiteten Lebensmitteln“, sagt Bosy-Westphal. Der weit verbreitete Verzehr dieser Produkte habe dazu beigetragen, traditionelle Ernährungsweisen und Mahlzeitenstrukturen aufzuheben, so werde heute oft sehr unregelmäßig und zum Teil bis in die späten Abendstunden hinein gegessen.

Präferenz für Süßes und Fettiges wird verfestigt

Vor allem die Zusammensetzung der schnellen Speisen bereitet dem Körper Probleme. „Viele hochverarbeitete Produkte enthalten sehr viel Zucker, Fett und Salz oder schnell verfügbare Kohlenhydrate“, so Bosy-Westphal. Diese sprächen das Belohnungssystem im Gehirn an und sorgten dafür, dass sich die Präferenz für süße und zugleich fetthaltige Nahrung immer weiter verfestige.

Hohe Energiedichte

Eine weitere ungünstige Eigenschaft der meisten hochverarbeiteten Nahrungsmittel ist deren hohe Energiedichte. Die entsprechenden Produkte stehen also nicht nur sehr rasch und ohne küchentechnischen Aufwand zur Verfügung. Konsumenten haben darüber hinaus auch mit wenigen Bissen bereits sehr viele Kalorien zu sich genommen.

Spätes Sättigungsgefühl

Oft haben die Produkte zudem eine Konsistenz, die nocht zum Kauen anrege. Dadurch würden sie automatisch schneller verzehrt, erläutert die Ernährungsmedizinerin. Bis sich das Sättigungsgefühl einstellen könne, sei das Kalorienkonto bereits deutlich überzogen.

Folgen und Lösungsansätze

Die Folgen der permanenten Verlockung sind deutlich zu erkennen: Über 50 Prozent der Erwachsenen in Deutschland haben Übergewicht, jede/r fünfte hat sogar Adipositas. Auch bei Kindern und Jugendlichen sind die entsprechenden Werte mit rund 10 bzw. 6 Prozent erschreckend hoch.

Die biologischen Zusammenhänge, die der Verbindung zwischen dem Trend zum schnellen Snacken und dem Massenphänomen Übergewicht zugrunde liegen, werden dagegen erst langsam verstanden.

„Der regelmäßige Verzehr hochverarbeiteter Nahrungsmittel führt mittelfristig zu Stoffwechselstörungen, etwa einer Unempfindlichkeit gegenüber den Hormonen Insulin und Leptin sowie zu chronischen Entzündungen“, fasst Bosy-Westphal den aktuellen Forschungsstand zusammen. Auch die biologische Kontrolle des Appetits werde beeinträchtigt.

Mit diesen Veränderungen sei der Pfad in Richtung eines Typ-2-Diabetes bereits eingeschlagen, und es falle vielen Betroffenen schwer, ihn aus eigener Kraft wieder zu verlassen.

Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) und die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) wünschen sich daher einen verstärkten gesellschaftlichen Diskurs zum Thema Ernährung. Ziel ist eine noch breitere Aufklärung. Weil das Wissen über eine gesunde Ernährung allein jedoch offensichtlich nicht ausreiche, müsse auch die Diskussion über eine verbesserte Verhältnisprävention neu geführt werden, so die Fachgesellschaften. Diese greift bei den Rahmenbedingungen an, die das Konsumentenverhalten beeinflussen – und wäre ein wichtiges Instrument, um etwa den Griff zu gesundem Essen zu erleichtern.

„Die Politik hat hier mehrere Hebel zur Verfügung, die sie bislang nur unzureichend nutzt“, betont Bosy-Westphal. Diese reichten von einer verbraucherfreundlichen Lebensmittel-Kennzeichnung über Werbebeschränkungen für ungesunde Produkte, gerade im Hinblick auf vulnerable Zielgruppen, bis hin zu einer höheren Besteuerung z.B. von zuckerhaltigen Softdrinks und einer steuerlichen Begünstigung von Obst und Gemüse.

Das Thema steht auf der Agenda der 17. Herbsttagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin.

Quelle: Deutsche Diabetes Gesellschaft