Binge-Eating-StörungNeurofeedback reduziert Essanfälle bei Binge-Eating-Störung

Pilotstudie zeigt positive Effekte der Steuerung des Gehirns mit nahrungsbezogenem Neurofeedback: Essanfälle bei Binge-Eating-Störung konnten reduziert werden.

Mann sitzt vor vollem Teller mit Fastfood
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Bei der Binge-Eating-Störung verlieren Menschen die Kontrolle darüber, was und wie viel sie essen.

Die Binge-Eating-Störung gehört zu den häufigen Essstörungen in Deutschland. Sie ist durch einen Kontrollverlust beim Essen charakterisiert. Eine aktuelle Pilotstudie der Uni Leipzig hat die möglichen Effekte von nahrungsbezogenem Neurofeedback untersucht - mit vielversprechenden Ergebnissen. 

Binge-Eating

Binge-Eating führt oft zu starkem Übergewicht und psychischem Leid. Betroffene haben Schwierigkeiten, ihre Essimpulse zu kontrollieren - ihre Selbstregulation ist beeinträchtigt, erklärt die Leipziger Verhaltensmedizinerin Prof. Anja Hilbert. Die Standardbehandlung für eine Binge-Eating-Störung ist die Psychotherapie. Die Psychologin Hilbert untersucht, ob man die Essstörung auch auf anderem Wege behandeln kann.

Nahrungsbezogenes Neurofeedback

Das Forschungsteam der Uni Leipzig verfolgt mit dem Neurofeedback einen neuen Therapieansatz. Dabei messen bildgebende Verfahren wie die funktionelle Nahinfrarotspektroskopie (fNIRS) oder die Elektroenzephalographie (EEG) die Hirnaktivität und machen sie auf einem Monitor für die Patient*innen sichtbar. Diese versuchen dann in Echtzeit, anhand dieses Feedbacks ihre Hirnaktivität in gewünschter Weise zu beeinflussen.

Funktionelle Nahinfrarotspektroskopie ist ein nicht invasives bildgebendes Verfahren, das erfasst, wenn Änderungen in der Hirnaktivität zu Veränderungen der optischen Eigenschaften von Hirngewebe führen.

Pilotstudie

In der aktuellen randomisiert-kontrollierten Pilotstudie erhielten 72 Patient*innen über einen Zeitraum von 2 Monaten 12 einstündige Sitzungen mit fNIRS- oder EEG-Neurofeedback oder sie befanden sich auf einer Warteliste für Neurofeedback.

Beim Neurofeedback wurden die Patient*innen angeleitet, ihre Hirnaktivität bei Bildern von individuell problematischen Nahrungsmitteln, wie z.B. Schokolade, zu regulieren. Das fNIRS-Neurofeedback zielte etwa darauf ab, die Hirnaktivität in individuell bestimmten Regionen des präfrontalen Kortex beim Anblick dieser Nahrungsmittel zu steigern, um ihnen besser widerstehen zu können.

Ergebnisse

Die Ergebnisse zeigen, dass fNIRS-Neurofeedback Essanfälle ebenso effektiv reduzieren konnte wie EEG-Neurofeedback, sogar tendenziell stärker als bei Patient*innen auf der Warteliste. Die Effekte waren auch 6 Monate nach Therapieende nachweisbar. Das deute auf eine verzögerte Wirkung nach dem Hirntraining hin, so die Forscher*innen.

Heißhunger, Ängste und der Body-Mass-Index der Teilnehmenden verbesserten sich nach den Neurofeedback-Therapien stärker als bei denjenigen auf der Warteliste.

"Aus klinischer Sicht sprechen die im Vergleich zur Psychotherapie geringer ausfallenden Effekte eher für einen begleitenden als alleinigen Einsatz von nahrungsspezifischem Neurofeedback in der Behandlung der Binge-Eating-Störung, z. B. während kognitiver Verhaltenstherapie", sagt Anja Hilbert. 

Das fNIRS-Neurofeedback als neuer Therapieansatz bei der Binge-Eating-Störung sei gut durchführbar und habe Potenzial für eine kombinierte Anwendung mit Psychotherapie, insbesondere für Patient*innen mit geringerem BMI und weniger ausgeprägten Essstörungssymptomen.

Zukünftige größer angelegte Studien müssten nun kurz- und langfristige Effekte sowie die Wirkmechanismen weiter untersuchen. Zudem sei noch offen, bei welcher Intensität das Neurofeedback seine optimale Wirkung entfaltet.

Quelle: Universitätsklinikum Leipzig